NOTIERT IN FRANKFURT

Als es noch Zinsen gab und Vorstände für lau arbeiteten

Eigentlich könnte der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen (SGVHT) sein 125-jähriges Bestehen dreimal feiern. Die in Frankfurt und Erfurt ansässige Organisation der 49 Sparkassen und ihrer kommunalen Träger aus beiden Bundesländern hat...

Als es noch Zinsen gab und Vorstände für lau arbeiteten

Eigentlich könnte der Sparkassen- und Giroverband Hessen-Thüringen (SGVHT) sein 125-jähriges Bestehen dreimal feiern. Die in Frankfurt und Erfurt ansässige Organisation der 49 Sparkassen und ihrer kommunalen Träger aus beiden Bundesländern hat nämlich drei Vorläufer, die 1892 in Halle (Saale), ein Jahr später in Fulda und 1895 in Frankfurt gegründet wurden. Man hat sich aber entschieden, es bei einer Festveranstaltung bewenden zu lassen. Begangen wird das Jubiläum am Donnerstag mit dem “Neunten Sparkassentag Hessen-Thüringen” in Fulda. Das deutsche Sparkassenwesen ist 240 Jahre alt. Die Anfänge machen Historiker meist an der Gründung der Hamburger “Ersparungsklasse” durch die von philanthropisch orientierten Bürgern getragene Patriotische Gesellschaft anno 1778 fest. Das Geschäftsmodell dieser freien Sparkasse bestand darin, Armut zu bekämpfen und die eigenverantwortliche Vorsorge der Bevölkerung zu fördern. 1801 wurde in Göttingen die erste kommunale Sparkasse ins Leben gerufen. Und weil hier schon in vier Jahren auch ein großes Jubiläum ansteht, sei es an dieser Stelle erwähnt: Die Frankfurter Sparkasse, wiederum eine freie, entstand 1822. Johann Wolfgang von Goethe und Justus von Liebig gehörten zu den Gründern. Null- oder gar Negativzinsen gab es nicht, Einlagen wurden – was waren das für Zeiten! – mit 3,33 % verzinst. Die Direktoren bekamen nicht nur keine Boni, sondern führten das Institut überhaupt für lau, wie in der 1995 vom Institut für bankhistorische Forschung herausgegebenen “Geschichte des Hessischen Sparkassen- und Giroverbandes” nachzulesen ist.Wesentlich jünger sind die Sparkassenverbände, deren Aufgaben zuvor unter anderem die Städtetage wahrgenommen hatten. Die erste Gründung im Rheinland und in Westfalen datiert von 1881. Die Hessen starteten spät, sieht man mal von kleinteilig aufgestellten Vereinen wie einem oberhessischen Verband (1886) ab. Am 22. März 1893 – insoweit wird das Jubiläum auf den Tag genau nach 125 Jahren gefeiert – fand in Fulda die konstituierende Sitzung des Sparkassenverbandes für den Regierungsbezirk Kassel statt, der später zum “Sparkassenverband für die Provinz Hessen-Nassau und das Fürstenthum Waldeck” erweitert wurde. 1895 wurde in Frankfurt der Hessische Sparkassenverband mit Sitz in Darmstadt gegründet. Wie viele Unternehmen, Banken, Sparkassen und andere Verbände ist auch der SGVHT in seiner heutigen Struktur ein Ergebnis von Fusionen, nicht zuletzt im Zuge politischer Umbrüche. Nach dem Zweiten Weltkrieg – die Verbandsgebäude waren stark zerstört – schlossen sich 1946 der Darmstädter und der Kasseler Verband zu einem “großhessischen” Verband mit Sitz in Frankfurt (fast wäre es Wiesbaden geworden) zusammen. Und bald nach der deutschen Wiedervereinigung gewann Hessen die thüringischen Sparkassen für die Bildung einer länderübergreifenden öffentlich-rechtlichen Finanzgruppe mit dem gemeinsamen Verband und einem zweiten Sitz in Erfurt. Der dazu vereinbarte Staatsvertrag trat Mitte 1992 in Kraft.