Commerzbank

Altersteilzeit statt Transfer­­gesellschaft

Bei dem Abbau von rund 7000 Stellen bei der Commerzbank plädieren die Arbeitnehmervertreter für Altersteilzeit. Das komme das Institut zwar teurer, sei aber leichter umzusetzen.

Altersteilzeit statt Transfer­­gesellschaft

Von Anna Sleegers, Frankfurt

Die Verhandlungen der Commerzbank über die Modalitäten des geplanten Abbaus von rund 7 500 Stellen gestalten sich unter Pandemiebedingungen mühsam. Teilnehmer der Gespräche von Personalabteilung und Vertretern der Arbeitnehmergremien berichten von ermüdenden Videokonferenzen, in denen man sich in Details verliert, und Textvorschlägen, die mit Änderungen versehen hin und her geschickt werden. Dabei steht das Institut unter großem Zeitdruck. Bei der Vorstellung der neuen Strategie hat Vorstandschef Manfred Knof vor vier Wochen angekündigt, dass bis zur Hauptversammlung am 5. Mai eine Rahmenvereinbarung stehen soll.

Ein Sprecher der Commerzbank wollte sich nicht zu den laufenden Verhandlungen äußern. Wie zu er­fahren war, prüft das Institut derzeit die Gründung einer Qualifizierungs- und Transfergesellschaft für Arbeitnehmer, deren Stelle durch die ge­plante Restrukturierung entfällt. Ziel dieses Instruments ist es, durch ge­zielte Fortbildungsprogramme die Chancen der Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern, zum Teil werden diese von der Arbeitsagentur bezuschusst. Im Idealfall gelingt es dabei, Qualifikationen zu vermitteln, die in anderen Teilen des Unternehmens benötigt werden.

Finden die Beschäftigten auch nach der Qualifizierungsphase keinen neuen Job, werden sie noch ein Jahr in der Transfergesellschaft weiterbeschäftigt, bevor sie entweder in einen neuen Job oder in die Arbeitslosigkeit wechseln. Die zeitliche Be­fristung der Weiterbeschäftigung ist für viele Arbeitgeber für die Wahl dieses Instruments ausschlaggebend, da sie befürchten, dass Be­schäftigte, deren Stellen entfallen, schlechte Stimmung verbreiten und erforderliche Transformationsprozesse behindern.

Hohes Durchschnittsalter

Bei der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hält man das Instrument für die Umsetzung des Stellenabbaus bei der Commerzbank für schlecht geeignet. „Wenn jede dritte Stelle entfällt, ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich für die vom Stellenabbau Betroffenen eine neue Aufgabe in einem anderen Bereich findet“, sagt Gewerkschaftssekretär Stefan Wittmann. Angesichts des hohen Durchschnittsalters der Belegschaft, des branchenweiten Konsolidierungstrends und der konjunkturellen Belastung durch die Coronakrise dürfte es für sie aber auch bei anderen Unternehmen schwierig werden, einen neuen Job zu finden.

Vor diesem Hintergrund plädiert Verdi dafür, auch den anstehenden Stellenabbau vor allem über ein Altersteilzeitprogramm umzusetzen. Statt der acht Jahre, die das Institut bei den letzten beiden Programmen gewählt hatte, soll es nach den Vorstellungen Wittmanns am besten mit einer Laufzeit von zehn Jahren ausgestattet sein, damit alle geburtenstarken Jahrgänge eingeschlossen sind.

Damit wären auch Beschäftigte der Geburtsjahrgänge 1969 und 1970 zur Teilnahme berechtigt, sofern die Commerzbank dem zu­stimmt. Denn um zu verhindern, dass zu viele oder aus Sicht des Arbeitgebers die falschen Mitarbeiter das Unternehmen frühzeitig verlassen, stehen Altersteilzeitmodelle grundsätzlich unter dem Vorbehalt der doppelten Freiwilligkeit.

Das von Verdi propagierte Blockmodell teilt sich in eine aktive und eine passive Phase von jeweils fünf Jahren auf. In der ersten Phase arbeiten die Teilnehmer in Vollzeit, erhalten aber nur 50% ihres Gehalts, die vom Arbeitgeber durch die ihm rechtlich zustehenden 20% sowie einen freiwillig gewährten Zuschlag von 10% und eine „Sprinterprämie“ aufgestockt werden, die auch bei den vorherigen beiden Programmen zum Tragen kam. Durch die lange Laufzeit und die Prämie reduzieren sich die Abschläge bei der gesetzlichen Rente erheblich.

Ein Nachteil der langen Laufzeit wäre, dass der Stellenabbau nicht wie von der Commerzbank angekündigt bis 2024 vollständig umgesetzt wäre, da sich die aktive Phase der Teilnehmer über fünf Jahre ziehen würde. Wittmann lässt dieses Argument jedoch nicht gelten: „Was die Investoren interessiert, ist doch, wann die Commerzbank von den Kosten herunterkommt.“ Da die er­forderlichen Rückstellungen gebildet werden können, sobald die Teilnehmer feststehen, hätten Bank und Investoren Planungssicherheit.

Von Vorteil sei es, dass die Arbeitnehmer, die das Programm annehmen, weder Groll noch Zukunftssorgen hegen müssen. Wittmann: „Die Commerzbank wird sie in der bevorstehenden Transformationsphase gut gebrauchen können, um den Nachwuchs zu schulen und stabile Prozesse sicherzustellen.“

Leitartikel Seite 6