Am Ende der Kompromisse
Der Wirtschaftsausschuss des EU-Parlaments hat einen kuriosen Abstimmungsmarathon hinter sich. Selten zuvor waren die Mehrheiten so hauchdünn, kam dabei ein solcher Flickenteppich heraus – wie jetzt beim Votum über den Gesetzesvorschlag über die Abtrennung risikoträchtiger Handelsaktivitäten vom Einlagengeschäft.Man kann sagen: Eigentlich gut, dass die Abgeordneten letztlich beschlossen haben, das Trennbankengesetz erst einmal erneut zu beraten. Denn wären die Parlamentarier auf Basis dieses Stückwerks in die Schlussverhandlungen mit den ebenfalls arg zerstrittenen nationalen Regierungen gezogen, wäre das Risiko groß gewesen, dass am Ende Murks rausgekommen wäre.Man kann es freilich auch anders sehen: Eigentlich überhaupt nicht gut, dass es ausgerechnet in einer Kernfrage, nämlich dem Umgang mit großen Instituten der EU, nicht gelingt, sich auf eine gemeinsame Linie zu verständigen – weder im Rat noch im Parlament. Die Sorge drängt sich auf, dass die Bereitschaft zum Kompromiss aufgebraucht ist, da die Krise der Banken nicht mehr so akut ist. Das gefährdet letztlich die Bankenunion als Ganzes. Denn wie sollen ein fairer Wettbewerb und eine gemeinsame Aufsicht funktionieren, wenn es keine einheitliche Antwort auf die grundlegende Frage gibt: Ab wann ist die Größe einer Bank ein Risiko?Verfolgt man die Debatte im Rat, gewinnt man den Eindruck, die Antwort laute: Angemessen sind genau die Schwellenwerte, bei denen die jeweils heimischen Institute von Zwangsmaßnahmen wie Separierung oder Kapitalaufstockung verschont bleiben. Das kann gewiss nicht die richtige Antwort sein.Im Parlament wiederum pochen die einen auf quasiautomatische Maßnahmen, die anderen auf weite Spielräume der Aufseher. Der Königsweg dürfte in der Mitte liegen. Schließlich kann man der einheitlichen Aufsicht zutrauen, dass sie sich wagt, Werkzeuge einzusetzen – zumindest solange sie nicht beliebig viele Optionen hat.Die Akteure von Rat und Parlament sind deshalb in der Pflicht, sich ernsthafter als bisher um Kompromisse zu bemühen, statt sich hinter allgemeinen Überzeugungen zu verschanzen oder sich nur von nationalen Erwägungen leiten zu lassen. Erstaunlich effektiv haben es Regierungen und Parteien in den vorigen Jahren geschafft, sich auf Vorgaben zu einigen, um Lehren aus der Krise zu ziehen. Es wäre bedauerlich, wenn es nun nicht mehr gelänge, sich jetzt – in der Phase der Vervollständigung der Bankenunion – auf gemeinsame Spielregeln zu verständigen.