GASTBEITRAG

Am Ziel: Zum Ende der staatlichen Garantien für Sparkassen und Landesbanken

Börsen-Zeitung, 24.12.2015 Nur wenigen dürfte bewusst sein, dass der 31. Dezember in diesem Jahr ein besonderes Datum ist. An diesem Tag endet die maximal mögliche Laufzeit der nach der sogenannten Monti-I-Verständigung zur Abschaffung von...

Am Ziel: Zum Ende der staatlichen Garantien für Sparkassen und Landesbanken

Nur wenigen dürfte bewusst sein, dass der 31. Dezember in diesem Jahr ein besonderes Datum ist. An diesem Tag endet die maximal mögliche Laufzeit der nach der sogenannten Monti-I-Verständigung zur Abschaffung von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung von Sparkassen und Landesbanken noch unter dem Schutz der Gewährträgerhaftung begebenen Emissionen. Damit werden die letzten aus den staatlichen Garantien resultierenden Verzerrungen im Wettbewerb zwischen öffentlich-rechtlichen Instituten und privaten Banken der Vergangenheit angehören. Nicht mehr tragbarDie insbesondere für Landesbanken und große Sparkassen aus Anstaltslast und Gewährträgerhaftung resultierenden Rating-Verbesserungen hatten im Dezember 1999 zu einer Beihilfebeschwerde der Europäischen Bankenvereinigung geführt. Die EU-Kommission hatte bereits 1995 in einem Non-Paper auf diese Wettbewerbsvorteile hingewiesen. Im Gegensatz zu den seinerzeit wegen der Einbringung von Wohnungsbaufördervermögen gegen verschiedene Landesbanken anhängigen Beihilfeverfahren trat die Bundesregierung diesmal frühzeitig in Gespräche mit der EU-Kommission ein. Der Politik war klar, dass die unbegrenzten Garantien für die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute nicht mehr haltbar waren. Am 18. Juli 2001 wurde dann die sogenannte Monti-I-Verständigung unterzeichnet. Mit ihr wurde die Gewährträgerhaftung abgeschafft und die Anstaltslast durch eine “normale wirtschaftliche Eigentümerbeziehung gemäß marktwirtschaftlichen Grundsätzen, so wie der zwischen einem privaten Anteilseigner und einem Unternehmen in einer Gesellschaftsform mit beschränkter Haftung” ersetzt. Auf Drängen der deutschen Seite wurde eine großzügige Übergangsregelung in die Verständigung aufgenommen. Sie sah vor, dass während einer vierjährigen Übergangszeit bis zum 18. Juli 2005 begründete Verbindlichkeiten weiter von der Gewährträgerhaftung gedeckt sind, solange ihre Laufzeit nicht über den 31. Dezember 2015 hinausgeht.Der Wegfall der Garantien stellte die Landesbanken vor die Notwendigkeit, ihre Geschäftsmodelle neu auszurichten. Dabei erwies sich die von der deutschen Seite durchgesetzte Übergangsregelung nicht für jede Landesbank als Segen. Die Furcht vor künftig ungünstigeren Refinanzierungsbedingungen verleitete zum “Vollsaugen” mit Refinanzierungsmitteln, oft weit über den aktuellen Bedarf hinaus. Mangelnde Geschäftsmöglichkeiten auf dem Heimatmarkt führten zu umfänglichen Engagements in Auslandsmärkten und eben auch in Subprime-Papieren. Die Folgen sind allseits bekannt: Einige Landesbanken mussten von ihren staatlichen Eigentümern mit Kapitalzufuhren in Höhe von insgesamt 18 Mrd. Euro gestützt werden. Andere erhielten umfangreiche Garantien ihrer Eigentümer und des Soffin.Die Stützungsmaßnahmen, die zum größten Teil ohne Rückgriff auf das Institutssicherungssystem erfolgten, stellten neue Beihilfen dar, die von der EU-Kommission nur unter strengen Auflagen genehmigt wurden. So kam es bei den betroffenen Landesbanken zu deutlichen Bilanzverkürzungen, dem Rückzug aus bestimmten Geschäftsfeldern oder aus Auslandsmärkten. Die WestLB musste schließlich sogar komplett abgewickelt werden. Die Zukunft der HSH Nordbank wird sich in den nächsten beiden Jahren entscheiden: Entweder gelingt die Privatisierung, oder es kommt auch zur Abwicklung. Ruf nach KonsolidierungHeute versuchen die meisten Landesbanken, sich als die Hausbanken des gehobenen Mittelstands zu positionieren. Ob dies angesichts der aktuellen Herausforderungen für die deutsche Kreditwirtschaft insgesamt in allen Fällen ein tragfähiges Geschäftsmodell sein kann, wird der Markt entscheiden müssen. Selbst aus den eigenen Reihen kommt indes immer wieder der Ruf nach einer weitergehenden Konsolidierung.Unbestritten ist dabei, dass die von den Landesbanken für die Sparkassen auch wahrgenommene Zentralbankfunktion nicht sieben Landesbanken erfordert. Überdies zeigt die “geräuschlose” Abwicklung der WestLB, dass eine weitere Konsolidierung nicht – wie oft behauptet wird – mit Friktionen auf dem Markt für Unternehmensfinanzierungen verbunden sein muss.Die Abschaffung des Systems von Anstaltslast und Gewährträgerhaftung war ein wichtiger Schritt zur Herstellung eines Level Playing Field auf dem deutschen Bankenmarkt. Knapp zehneinhalb Jahre nach Unterzeichnung der Monti-Verständigung steht der Übergang in eine Welt ohne Garantien für Sparkassen und Landesbanken nun vor dem Abschluss.Die Frage, ob auch die zum Teil schmerzhafte Konsolidierung im Bereich der Landesbanken ebenfalls abgeschlossen ist, muss dagegen offen bleiben. Noch immer scheinen an der einen oder anderen Stelle politische Überlegungen wirtschaftliche Notwendigkeiten zu überlagern. Daneben zeigen die aktuellen Diskussionen über das Ausschüttungsverhalten von Sparkassen sowie entsprechende Untersuchungen einzelner Landesrechnungshöfe, dass es auch auf der Ebene der Sparkassen noch immer Schwierigkeiten gibt, die in der Verständigung geforderte marktwirtschaftliche Eigentümerbeziehung in allen Aspekten zu leben.—-Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB)