American Express drängt in deutschen Massenmarkt
Im Gespräch: Fabiana Mingrone
American Express drängt in deutschen Massenmarkt
Kostenfreie Kreditkarte über Payback – Arbeiten am Händlernetz – Prüfung von Einstieg in Ratenzahlung
Von Annette Becker, Frankfurt
American Express rangiert unter den Kreditkartenanbietern in Deutschland seit Jahr und Tag auf Platz 3, allerdings weit abgeschlagen hinter den Platzhirschen Visa und Mastercard. Das will Fabiana Mingrone, die seit zwei Jahren das Deutschlandgeschäft leitet, mit der Diversifikation des Geschäftsmodells ändern, wie sie im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erläutert.
„Bezahlen Sie einfach mit Ihrem guten Namen.“ Die Generation Ü50 weiß sofort, um wessen Werbeslogan es sich handelt. Doch der Kreditkartenanbieter American Express (Amex), der in den 1970er und 1980er Jahren mit Exklusivität und Upper-Class-Image den deutschen Markt erobern wollte, hat sich hierzulande inzwischen eines Besseren besonnen.
Der Schwenk kam mit der Akquisition des Bonusprogramms Payback, das vor 13 Jahren erworben wurde, wie Deutschland-Chefin Fabiana Mingrone im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erzählt. Seit 2015 gibt es eine kostenfreie Payback-Kreditkarte, die von Amex herausgegeben wird. „Kostenfreies Produkt und American Express ist ein Wortpaar, das in Deutschland früher nicht zusammengepasst hat“, räumt die italienischstämmige Managerin freimütig ein. Doch seit Payback zum Konzern gehört, übt sich Amex hierzulande im Spagat.
Relevant für Handelsketten
„Wir haben jetzt Masse und Premium und das passt wunderbar zusammen, denn auch die Premiumkunden wollen mit der Karte beim Discounter einkaufen“, erläutert Mingrone. „Gesammelt werden die Punkte beim Einsatz der Karte bei allen Amex-Händlern, auch außerhalb der Payback-Partner“, so Mingrone über die kostenfreie Payback-Kreditkarte.
Da Payback hierzulande mittlerweile 31 Millionen Teilnehmer im Bonusprogramm zählt, bringt Amex nun auch im Gespräch mit Händlern das erforderliche Verhandlungsgewicht auf die Waage. „Seitdem wir eng mit Payback zusammenarbeiten und die gebührenfreie Karte herausgeben, haben wir Händler wie Aldi, Lidl oder Obi angeschlossen“, zählt Mingrone auf und freut sich über das auf Händlerseite erwachte Interesse: „Ich weiß nicht, ob Aldi vor zehn Jahren so dringend mit uns hätte sprechen wollen.“
Fabiana Mingrone, AmexIch weiß nicht, ob Aldi vor zehn Jahren so dringend mit uns hätte sprechen wollen.
Dass die Erschließung des Massenmarktes zulasten des Premiumsegments gehen könnte, ist für die Managerin kein Thema: „Wir können Premium, da macht uns keiner etwas vor“, betont Mingrone und erklärt, dass American Express lange Zeit vor allem als Karte für Travel und Entertainment vermarktet wurde. Entsprechend wurden Akzeptanzstellen vor allem dort gesucht, wo die Karte für Reisen eingesetzt wird, allen voran am Flughafen. Das hat sich nun geändert.
Weit abgeschlagen auf Platz 3
Mit harten Zahlen zum Deutschlandgeschäft geht die Managerin gleichwohl äußerst sparsam um. Nur so viel: „Im Jahr 2022 haben wir 28.000 Akzeptenzstellen dazugewonnen.“ Die Zahl ist allerdings wenig aussagekräftig, wird doch jede einzelne Filiale als Akzeptanzstelle gezählt. Der Anschluss einer Handelskette kann demnach die Zahl der Akzeptanzstellen um ein Vielfaches erhöhen.
Nach Daten der Arbeitsgemeinschaft Verbrauchs- und Medienanalyse (VuMa) liefern sich die Platzhirsche Visa und Mastercard mit Anteilen jenseits der 40%-Schwelle ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Amex behauptet sich demnach zwar schon seit Jahren auf Platz 3, rangiert jedoch mit einem Marktanteil von 6,6% (2020) unter ferner liefen. Allerdings hat Amex den Marktanteil im Vergleich zu 2011 um fast 19% gesteigert, derweil Mastercard im gleichen Zeitraum mehr als ein Fünftel einbüßte. Mit über 26% gelang Visa jedoch der größte Zuwachs.
Kampfkonditionen
Um die Akzeptanz im Handel zu erhöhen, hat Amex hierzulande inzwischen die Konditionen an den Wettbewerb angepasst. „Wir haben die Hürde deutlich niedriger gesetzt. Bei unseren kleinen Händlern beginnt die Gebühr ab 1,5%, das ist branchen- und umsatzabhängig. Damit sind wir auf einem ganz kompetitiven Preisniveau“, sagt Mingrone.
Zudem kommt Amex den kleinen Händlern mit dem Versprechen entgegen, innerhalb von drei Tagen die Rechnung zu begleichen. Ziel sei es, lokale Händler wie beispielsweise den Bäcker um die Ecke anzuschließen. „Ich lebe in Bad Soden, und dort akzeptieren fast alle Händler inzwischen die Karte von American Express. Das liegt nicht nur daran, dass ich dort lebe“, betont Mingrone.
Plastikgeld auf dem Vormarsch
Deutschland ist seit jeher ein schwieriger Markt, wenn es um Payment-Neuerungen geht. Denn der Deutsche hängt nach wie vor stark am Bargeld. Mit der Pandemie haben sich die Gewichte allerdings verschoben. Nach Zahlen des Handelsinstituts EHI hat sich der Anteil der Barzahlungen im stationären Einzelhandel inzwischen auf 37,5% (2022) reduziert, der Anteil der Kartenzahlung hat fast 60% erreicht. Den davon auf Kreditkartenzahlungen entfallenden Anteil schätzt Mingrone auf 8% bis 10%.
Fabiana Mingrone, AmexIn Deutschland geben wir ausschließlich Charge Cards heraus.
Doch nicht nur im stationären Handel wächst der Kreditkartenanbieter, der im Gegensatz zu den Wettbewerbern selbst als Kartenemittent in Erscheinung tritt. Visa und Mastercard vergeben Lizenzen an Banken, die als Kartenemittent fungieren. Auch im Online-Handel spielt Amex nach eigenen Angaben ganz vorne mit. Als einer der ersten Kartenanbieter habe American Express Apple Pay eingeführt und sei in der Android Wallet vertreten, so dass auch Google Pay funktioniere, erläutert die Managerin, die seit 25 Jahren für den Kreditkartenanbieter arbeitet.
Diversifikation
Die Bundesbank differenziert in ihrer Statistik nach echten und unechten Kreditkarten, also nach Karten mit und ohne Kreditfunktion. „In Deutschland geben wir ausschließlich Charge Cards heraus, das heißt der volle Betrag wird zum Monatsende ausgeglichen. Im Gegenzug hat die Karte kein vorgegebenes Ausgabelimit. Die Karte kann im Rahmen der eigenen finanziellen Möglichkeiten eingesetzt werden“, erläutert Mingrone.
Gleichwohl gibt es dank einer Partnerschaft mit der Solarisbank auch für deutsche Amex-Kunden die Option der Ratenzahlung. Die Solarisbank begleicht in diesen Fällen den ausstehenden Betrag gegenüber dem Kreditkartenanbieter und vereinbart mit dem ursprünglichen Amex-Kunden einen Ratenkredit. In Zeiten steigender Zinsen ein einträgliches Geschäft, das auch Amex in Deutschland zum Nachdenken gebracht hat, zumal Mingrone das Geschäft breiter aufstellen will.
Verlängertes Zahlungsziel
Dass der Ratenkredit grundsätzlich attraktiver wird, liegt auch daran, dass sich die Deutschen zunehmend vom Dispositionskredit, also dem teuren Überziehen des Girokontos, verabschieden. Zugleich steigt die Nachfrage nach Konsumentenkrediten – Stichwort: Buy now, pay later. Wenn sich das Geschäft relevant aufstellen lasse, werde American Express es sicher tun, ist Mingrone überzeugt und verweist darauf, dass der Kreditkartenanbieter im Heimatmarkt ja auch Karten mit Kreditfunktion emittiert.
Ein weiterer Baustein zur Geschäftsdiversifikation ist die Small Business Card, die sich an selbständige Unternehmer mit wenigen Beschäftigten richtet. „Wir bieten den Small-Business-Card-Inhabern Vorteile wie ein verlängertes Zahlungsziel, den Einsatz von Bonuspunkten für Geschäftsausgaben und administrative Unterstützung“, sagt Mingrone. Anders als beim Ratenkredit ist der Startschuss für die Small Business Card schon gefallen.