Anlageberatung

Ampel sucht noch den Konsens

Die Finanzbranche bangt um ihr Modell der Provisionsberatung und fürchtet Beschlüsse der künftigen Ampelkoalition.

Ampel sucht noch den Konsens

Von Angela Wefers, Berlin

Die angehende Ampel aus SPD, Grünen und FDP steckt noch mitten in den Koalitionsverhandlungen, da fürchtet die Finanzbranche schon das Aus für ihr Provisionsgeschäft. Solchem Ansinnen wollen die finanzwirtschaftlichen Verbände frühzeitig entgegenwirken – und haben dafür einen sachkundigen Mitstreiter gefunden. Eine frisch präsentierte Studie der Beratungsgellschaft KPMG kommt zu dem Ergebnis, dass die Provisionsberatung allen Teilen der Bevölkerung einen professionellen Vermögensaufbau und die Teilhabe am Kapitalmarkt zusichert. Ein Wechsel ausschließlich zur Honorarberatung würde hingegen breite Bevölkerungskreise gravierend benachteiligen, stellt KPMG fest. „Vor allem Verbraucher mit geringen und mittleren Anlagebeträgen würden durch die Honorarberatung von der Beratung abgeschnitten, da sie zu teuer wäre.“ Auftraggeber der Studie sind die Deutsche Kreditwirtschaft (DK), der Fondsverband BVI und der Derivateverband DDV.

BVI-Hauptgeschäftsführer Thomas Richter hält fest, dass Anleger schon heute zwischen Provisions- und Honorarberatung frei wählen können. Für die Vermittlung von Finanzdienstleistungen über die Honorarberatung machen sich Verbraucherschützer schon lang stark. Auch die Grünen neigen dem zu. Dass die neue Ampelkoalition einen Weg ausschließlich in die Honorarberatung anstrebt, ist aber unwahrscheinlich. Ein in Berlin kursierendes rot-grün-gelbes Papier der Arbeitsgruppe Finanzmarkt aus den Koalitionsverhandlungen mit Zwischenstand vom 9.November greift das Thema auf. Die Grünen wollen danach eine provisionsbasierte Beratung schrittweise vollständig durch eine Honorarberatung ersetzen und dafür eine Honorarordnung etablieren. Wunsch der FDP ist es, für erfahrene Anleger die gesetzlichen Mindeststandards in der Anlageberatung zu senken. Beides sind Einzelmeinungen, über die noch beraten wird. Konsens besteht nur darüber, dass die Kompetenz der Finanzaufsicht BaFin bei der Prüfung von Vermögensanlageprospekten gestärkt wird.

Strittig ist in der Ampel darüber hinaus, wie die Aufsicht über die Finanzvermittler künftig aussehen soll. Derzeit liegt sie bei den Gewerbeämtern oder den IHKs. Der Versuch aus der vergangenen Wahlperiode, die knapp 40000 Finanzanlagenvermittler unter BaFin-Aufsicht zu stellen, war am Widerstand der Union gegen die SPD gescheitert. Die Grünen wollten dieses Vorhaben nun neu verankern und scheinen auch auf die Einbeziehung der ungleich größeren Zahl von Versicherungsvermittlern gedrungen zu haben. Beides scheint vom Tisch. Die FDP will den Status quo der Aufsicht durch die Länder als „bewährt“ festschreiben lassen. Aber auch dies ist nur ein Wunsch. Es gilt: Beschlossen ist erst, wenn alles beschlossen ist.