PERSONEN

Ana Botín krempelt Santander um

Von Thilo Schäfer, Madrid Börsen-Zeitung, 26.11.2014 Nicht einmal drei Monate nachdem sie den Vorsitz von ihrem plötzlich verstorbenen Vater Emilio übernahm, hat Ana Botín unerwartet einen umfangreichen Umbau der Führungsgremien von Spaniens...

Ana Botín krempelt Santander um

Von Thilo Schäfer, MadridNicht einmal drei Monate nachdem sie den Vorsitz von ihrem plötzlich verstorbenen Vater Emilio übernahm, hat Ana Botín unerwartet einen umfangreichen Umbau der Führungsgremien von Spaniens größter Bank vollzogen. Der Aufsichtsrat von Santander, bei dem eigentlich nur die Stelle des verschiedenen Chairman neu besetzt werden musste, beschloss am Dienstag gleich mehrere personelle Veränderungen. Die größte Überraschung ist der Austausch des CEO. Der bisherige Finanzvorstand José Antonio Alvarez löst Javier Marín ab, der die Bank zum Ende des Jahres wahrscheinlich verlassen wird.Nur wenige Tage nach dem Tod durch Herzinfarkt von Emilio Botín im September hatte Ana Botín auf einer außerordentlichen Aktionärshauptversammlung Marín noch ihr volles Vertrauen ausgesprochen. “Wir arbeiten schon seit Jahren zusammen und werden das auch weiterhin tun”, hatte die neue Vorsitzende der nach Marktwert größten Bank Europas erklärt. Als im April 2013 Alfredo Sáenz, die langjährige Nummer 2 von Santander, aufgrund einer endgültigen Verurteilung wegen Unregelmäßigkeiten während seiner Zeit bei Banesto zurücktrat, entschied sich Emilio Botín für den heute 46-jährigen Marín als neuen CEO.Die Entscheidung soll der Patriarch der Bankerfamilie, der damals schon 78 Jahre alt war, mit Hinblick auf eine zukünftige Stabsübergabe an seine älteste Tochter getroffen haben. Branchenkreise gingen davon aus, dass sich die beiden gut verstanden. Das Verhältnis habe sich seit dem Wechsel von Ana Botín von der britischen Tochterbank an die Spitze des Geldhauses jedoch abgekühlt, heißt es. Wie einige spanische Medien gestern berichteten, hatte es offenbar zuletzt Differenzen über mögliche Zukäufe in Europa und eine eventuelle Kapitalerhöhung gegeben. Die Trennung ist demnach in beiderseitigem Einverständnis beschlossen worden. Santander hat bei dem Bilanztest der Europäischen Zentralbank zwar gut abgeschnitten. Doch die Kapitaldecke ist deutlich dünner als die vieler Konkurrenten, etwa des heimischen Rivalen BBVA. In einer Mitteilung dankte Botín dem scheidenden CEO für die “großartige Arbeit” während seiner 23 Jahre bei Santander. Ein perfekter KennerMit José Antonio Alvarez übernimmt nun ein Schwergewicht die Geschäfte, das nach zehn Jahren als CFO ein perfekter Kenner der Bank ist. Nach einem MBA an der Universität von Chicago arbeitete der heute 54-jährige Spanier in mehreren Stationen in der Finanzbranche, bevor er 1995 zur damals noch staatlichen Argentaria wechselte, die nach der Restprivatisierung mit BBV zur heutigen BBVA fusionierte. Alfredo Sáenz konnte ihn 2002 abwerben, und nur zwei Jahre später wurde Alvarez Finanzvorstand von Santander. Analysten und Anleger schätzen die Kompetenz des bisherigen CFO, der bislang auch für die Investor Relations zuständig war. Im Umgang mit den Medien auf den vierteljährlichen Bilanzpressekonferenzen wirkte Alvarez ebenfalls recht solide. Neuer Finanzvorstand wird José García Cantera, der Ana Botíns rechte Hand während ihrer Zeit als Vorsitzende von Banesto war, der Tochterbank, die unlängst von Santander absorbiert wurde.Im Aufsichtsrat fiel das Stühlerücken größer aus als erwartet. Der Brite Bruce Carnegie-Brown wurde zum stellvertretenden Vorsitzenden bestellt und ist als “Lead Independent Director” für die Koordination mit den anderen unabhängigen Mitgliedern zuständig. Zwei davon, Fernando de Asúa und der ehemalige spanische Außenminister Abel Matutes, langjährige Gefolgsleute von Emilio Botín, treten zurück und werden durch Sol Daurella und Carlos Fernández ersetzt. Es ist jedoch kein vollständiger Bruch mit der Ära Emilio Botín, der 28 Jahre an der Spitze der Bank stand, die er von seinem Vater übernommen hatte. Mit Rodrigo Echenique wurde einer der ältesten Aufsichtsräte der Bank, der vor Jahren selbst einmal CEO war, zum zweiten Stellvertreter befördert.Bei den Investoren kamen die Änderungen gut an, und die Aktie der Bank legte zu. In kurzer Zeit hat die 54-jährige Vorsitzende dem Kreditinstitut ihren Stempel aufgedrückt, nachdem sie bei der Übernahme der Geschäfte im September noch ausdrücklich die Kontinuität des Kurses ihres Vaters beschworen hatte. Einige Investoren sahen damals den Stabswechsel innerhalb der Bankerfamilie, die gemeinsam nicht einmal 2 % des Kapitals besitzt, mit wenig Wohlwollen. Mit dem Umbau reagierte Botín nun auf die Kritik an der vermeintlich mangelnden Unabhängigkeit des Aufsichtsrates.