FINANZBRANCHE TRIFFT SICH ZUR "CITY WEEK"

Angst vor der "Amazonisierung"

Technologischer Wandel nagt am Geschäftsmodell

Angst vor der "Amazonisierung"

Von Andreas Hippin, LondonBanken haben großen Nachholbedarf in Sachen IT, nicht nur wenn es um den Schutz vor Attacken aus dem Cyberspace geht. “Ich frage mich immer mehr, ob die traditionellen Banken im Privatkundengeschäft überleben können”, sagte John Schlesinger, Chief Enterprise Architect des Softwareherstellers Temenos, auf der Londoner Fachkonferenz “City Week”. Ihnen drohe die “Amazonisierung”, der Verlust der Kunden an Wettbewerber, die das Internet zu nutzen wissen – so wie dem Buchhandel durch Amazon. “Und ich kann keine Hinweise dafür erkennen, dass sie sich zur Wehr setzen, mit der Ausnahme von BBVA vielleicht”, sagte Schlesinger. Selbst die in Großbritannien übliche Bezeichnung High Street Banking werde künftig keine Rolle mehr spielen.Auch die Berater von Accenture sehen das Geschäftsmodell gefährdet. Zudem ächzten die Banken unter der Last ihrer überalterten IT-Infrastruktur. “Heuzutage haben viele Banken eine spaghettiähnliche Architektur aus alten und neuen IT-Systemen”, sagte Richard Lumb, Group CEO Financial Services bei der Beratungsgesellschaft, dieser Zeitung. “Die müssen sie nun für das digitale Zeitalter vereinfachen und umbauen.” Um neue mobile und Online-Kanäle zu unterstützen, bräuchten sie eine moderne Front-Office-Plattform, die von der Banking-Plattform im Back Office getrennt ist. Der Informationsaustausch müsse über eine gemeinsame Middleware stattfinden. Zudem müssten die Systeme im Back Office vereinfacht werden. “Das ist eine enorme Re-Engineering-Aufgabe”, sagte Lund. “Einige Banken haben mehr als 150 Zahlungssysteme im Einsatz, die rationalisiert werden müssen.”Die sogenannten Legacy-Systeme seien “der Elefant im Raum”, konstatiert Eric van der Kleij, der Chef von Level 39, einem Inkubator für Technologieunternehmen im Finanzviertel Canary Wharf.Bei Sicherheitsfragen gehe es dagegen nicht allein um Technologie, waren sich die Teilnehmer eines Panels zum Thema Cybersecurity einig. Man müsse die Natur der Bedrohung verstehen und begreifen, welche Informationen Assets darstellten, sagte Jonathan Evans, ein ehemaliger Generaldirektor des Geheimdienstes MI5, der mittlerweile als Non-Executive Director der Großbank HSBC fungiert. Francis Maude aus der Staatskanzlei warnte, es dürfe “keinen Moment der Selbstgefälligkeit” geben.