Assetmanagement

"Anlageallokation durcheinandergewirbelt"

Assetmanager sehen in den Marktverwerfungen der letzten Jahre Chancen. Im institutionellen Geschäft geht es oft um das Management im Bereich Pensionen, berichtet Harald Klug von Blackrock.

"Anlageallokation durcheinandergewirbelt"

Im Gespräch: Harald Klug

"Das Zeitfenster könnte sich wieder schließen"

Blackrock-Chef für das institutionelle Geschäft berichtet über hohe Nachfrage nach Private Assets – Pensionseinrichtungen als Kunden im Visier

Von Wolf Brandes, Frankfurt

Die vergangenen zwei Jahre haben Assetmanager stark herausgefordert. Dramatische Verwerfungen bei Anleihen und Aktien 2022, geopolitische Krisen und durchweg massiv höhere Zinsen 2023. Dennoch ist der Marktführer hierzulande im institutionellen Geschäft sehr stark gewachsen, berichtet Harald Klug.

Der Leiter des institutionellen Geschäfts für deutsche und österreichische Kunden bei Blackrock Harald Klug sieht die Assetmanager durch die Märkte herausgefordert. Themen wie Private Assets seien viel wichtiger als früher. Klug stellt aber fest, dass viele Investoren bei sehr kleinen Anbietern zurückhaltend seien und Blackrock als internationales Haus mit einem Track Record von über 20 Jahren Vorteile habe. Für Kunden in Deutschland und Österreich verwaltet die Gesellschaft insgesamt rund 200 Mrd. Euro. „Unsere institutionellen Kunden sind hier ein wichtiger Teil unseres Geschäftes“, sagt Klug, konkrete Zahlen nennt das Haus nicht.

Privatmärkte immer wichtiger

Immer wichtiger wird in der Branche der Bereich Privatmärkte, der bei Blackrock in den Portfolios ungefähr 10 bis 15% ausmacht. „Privatmarkt-Anlagen sind für uns ein wichtiger Wachstumstreiber.“

Damit kann man weiteres Risiko aufbauen, ohne die Risikoquote zu belasten.

Harald Klug, Blackrock

Bei der Allokation können einige institutionelle Investoren spezifische regulatorische Vorschriften nutzen. Versorgungswerke in Nordrhein-Westfalen zum Beispiel profitieren von einer Infrastrukturquote von 5% in NRW – zusätzlich zu der allgemeinen Risikoquote von 35%. „Damit kann man weiteres Risiko aufbauen, ohne die Risikoquote zu belasten.“

Die Marktentwicklungen führen allerdings auch zu Problemen. Es gebe Investoren, die sehr stark in Privatmarkt-Anlagen investiert waren und zudem viele offene Kapitalzusagen haben. „Durch den ‚Denominatoreffekt‘ aufgrund von Marktverschiebungen einzelner Assetklassen führt das dazu, dass die Kunden dadurch höhere Quoten haben als ursprünglich geplant“, berichtet Klug. Diese Investoren seien verständlicherweise vorsichtiger geworden, während andere Privatmarkt-Anlagen weiter aufbauen würden.

Zinskurve entscheidend

„Kunden, die stärker in Privatmärkten investiert waren, konnten die Schwankungen an den Märkten einfacher ausgleichen. Das hat zu einer weiteren Akzeptanz dieser Anlageklasse geführt.“ Die aktuelle Frage sei, wie sich die Leitzinsen und vor allem das lange Ende der Zinskurve weiterentwickeln werden.

„Der Zinsanstieg hat die Anlageallokation für nahezu alle Marktteilnehmer ordentlich durcheinandergewirbelt“, sagt Klug, der mehrere Jahre auch bei Pimco gearbeitet hat. Das treffe besonders für die CTAs zu, die typischerweise nach IFRS bilanzieren. Mit einem Contractual Trust Arrangement (CTA) werden Pensionsverpflichtungen aus der Bilanz eines Corporates ausgelagert.

Rekordhohe Ausfinanzierung

CTAs habe der Zinsanstieg neue Möglichkeiten für Liability-Driven Investments (LDIs) ermöglicht. Mit diesen Strategien will man beispielsweise den Ausfinanzierungsgrad von Verpflichtungen steuern. Die Marktentwicklungen haben zu deutlichen Veränderungen geführt. Aus Sicht der IFRS-Marktbewertung sind die Verbindlichkeiten in den letzten 24 Monaten um 20 bis 30% gefallen.

Da die Verbindlichkeiten stärker gesunken sind als das Anlagevermögen, erreicht man nach Angaben von Willis Towers Watson jetzt im Bereich der Dax-Corporates einen Ausfinanzierungsgrad von durchschnittlich 83%. „In der Vergangenheit hatte sich die Industrie an Werte von 60% bis 70% gewöhnt und erreicht nun einen neuen Spitzenwert.“

Ein Assetmanager wie Blackrock kommt ins Spiel, wenn es um die Frage geht, wie Investoren und Corporates mit den veränderten Rahmenbedingungen in der Bilanz umgehen und wie man die jetzige Ausfinanzierung sichern kann – gerade vor dem Hintergrund aktuell diskutierter möglicher Zinssenkungen in den nächsten zwölf Monaten. „Eine starke Unterdeckung zu vermeiden, kann für das Unternehmen und auch die Pensionäre ein großer Vorteil sein. Der Ausfinanzierungsgrad war in der Vergangenheit zum Teil sehr volatil, und diese Volatilität gilt es zu reduzieren“, sagt Klug.

Lange Duration

Beim LDI-Konzept gehe es unter anderem darum, über eine Absicherung die Bilanzvolatilität der abgezinsten Verbindlichkeiten zu reduzieren. „Die Zinssensibilität der Verbindlichkeiten ist unternehmensspezifisch, allerdings sieht man häufig eine Duration zwischen 15 und 20 Jahren, und die Diskontkurve orientiert sich an einer Bonität von AA“, berichtet der Anlageprofi.

„Während man in den vergangenen Jahren bei negativen Zinsen keine LDI brauchte, weil man niedrige Zinsen nicht absichern wollte, sieht die Situation jetzt völlig anders aus“, sagt Klug. Das biete Möglichkeiten zur Anpassung der Strategie und der Allokation.

Zeitfenster schließt sich

Nach Einschätzung von Klug rechnen viele Kunden im kommenden Jahr mit mehr Volatilität. „Allerdings reagieren institutionelle Investoren weniger taktisch, sondern passen nur bei Bedarf ihre langfristige Asset Allocation an.“ Für 2024 gelte sicher, dass viele Marktteilnehmer die Situation der hohen Ausfinanzierung und das gestiegene Zinsniveau nutzen werden, um systematisch LDI zu betreiben.

Und weil sich das Umfeld maßgeblich verändert hat, seien bei einer grundsätzlichen Anpassung der Anlageallokation viele Stellschrauben zu berücksichtigen. Zu lange sollten Investoren nicht warten. Klug: „Das Zeitfenster für attraktive Konditionen zur Absicherung von Verbindlichkeiten könnte sich vor allem in Richtung zweitem Halbjahr 2024 wieder schließen.“

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