Anleger setzen vermehrt auf Unternehmensanleihen

Auf der Suche nach Rendite steigt das Interesse an Corporate-Bond-ETFs - Titel mit "BBB"-Rating aussichtsreich

Anleger setzen vermehrt auf Unternehmensanleihen

Nachdem Aktienprodukte lange das ETF-Geschäft dominierten, sind Renten-ETFs heute ein etablierter Portfolio-Baustein. 2019 flossen Bond-ETFs in Europa mit rund 55 Mrd. Euro sogar mehr Gelder zu als Aktien-ETFs, die ein Plus von 48 Mrd. Euro verbuchten. Angeführt wird die europäische Absatzstatistik bei Renten von ETFs auf Unternehmensanleihen, wobei europäische Exposures besonders gefragt waren. Hintergrund für die steigende Nachfrage war das gute Börsenumfeld für Unternehmensanleihen und das inzwischen sehr breite ETF-Angebot, mit dem sich Anleger bedarfsgerecht positionieren können. Dabei entdecken gerade kleinere und mittelgroße Investoren ETFs auf Unternehmensanleihen, mit denen sie auch komplexere Strategien einfach und günstig umsetzen können. Wirtschaft schwächt sich abDiverse Anzeichen sprechen dafür, dass Bond-ETFs auch 2020 interessant sein sollten. So erwarten die Amundi-Volkswirte in ihrem Hauptszenario, dass sich die Wirtschaft zwar abschwächt, die Gefahr einer Rezession jedoch in den Hintergrund rückt. Die weltweit lockere Zentralbankpolitik, die Teillösung im Handelsstreit zwischen den USA und China sowie die anstehende US-Wahl sind einige Argumente dafür. Allerdings ist damit zu rechnen, dass der Weg für Investoren nicht linear sein wird. Kurzfristig sind die Märkte aus Sicht der Amundi-Volkswirte zu optimistisch. Fallen die Fiskalausgaben nicht so hoch aus wie erhofft oder handeln die Notenbanken restriktiver als erwartet, kann dies zu einer höheren Schwankungsanfälligkeit führen. Allerdings sind über den kurzfristigen Trend hinaus weitere unorthodoxe Maßnahmen bei der Gefahr einer Rezession möglich. Parallel dazu zeichnet sich ab, dass sich die Struktur des Wachstums verändern wird. Anleger sollten sich zum Beispiel darauf konzentrieren, ihr Portfolio an den Trend einer rückläufigen Globalisierung anzupassen, und sich auf einen verlängerten Kreditzyklus mit höheren Liquiditätsrisiken einstellen. Renditechancen in EuropaIm Tauziehen zwischen schwächeren Makro- und guten Fundamentaldaten sollten vor allem europäische Unternehmensanleihen Renditechancen bieten. In einem Umfeld, in dem mehr als 70 % der europäischen Core-Staatsanleihen negativ rentieren, sollte die Suche nach Renditen zentral bleiben. Auch wenn die Spreads 2019 und Anfang 2020 zusammengelaufen sind, versprechen europäische Unternehmensanleihen eines der attraktivsten Segmente im Euro-Bond-Anlageuniversum zu bleiben. Das neue EZB-Anleihekaufprogramm mit einem stärkeren Fokus auf Unternehmensanleihen, solide Bilanzen sowie gute Umsatz- und Gewinnzahlen europäischer Unternehmen sollten weiteren Raum für sinkende Spreads und eine gute Wertentwicklung bieten.Für Anleger mit entsprechendem Risikoprofil können konkret europäische Unternehmensanleihen mit einem “BBB”-Rating, die niedrigste Stufe im Investment-Grade-Bereich, aussichtsreich sein. “BBB”-Anleihen werden bereits seit längerem aktiv gehandelt. Sie machen derzeit rund 60 % des Handelsvolumens aus und bieten eine bessere Liquidität als vergleichbare Anleihen mit einem besseren “AA”- oder “A”-Rating, die oft als Buy-and-hold-Investments gewählt werden. Mit einem ETF auf den Markit iBoxx EUR Liquid Corporates BBB Top 60 Index können Anleger beispielsweise ein über verschiedene Länder diversifiziertes Engagement in maximal 60 in Euro denominierte Unternehmensanleihen mit der höchsten Liquidität sowie mit einem “BBB”-Rating von Standard & Poor’s und Fitch sowie einem “Baa3”-Rating von Moody’s eingehen. Damit erhalten sie Zugang zum potenziell renditestärkeren Segment des Investment-Grade-Bereichs, das dennoch geringere Risiken als das High-Yield-Universum aufweist. Wer sich mit Blick auf eine mögliche Zinswende vorsichtiger positionieren möchte, kann alternativ Corporate-Bond-Indizes mit kürzeren Durationen wählen. Infrage kommt hierfür der Bloomberg Barclays Euro Corporate BBB 1-5 Year Index, der weniger zinssensitiv ist. Im aktuellen Kapitalmarktumfeld zählt auch bei den Kosten jeder Basispunkt. ETF-Anbieter sind daher gefordert, bedarfsgerechte und vor allem günstige Produkte zu entwickeln. Schub kommt zusätzlich von der europäischen Finanzregulation Mifid II, die einen stärkeren Fokus auf Transparenz und Kosteneffizienz legt. Speziell für kostensensible Anleger und für Finanzintermediäre, die nach günstigen und transparenten ETF-Bausteinen suchen, hat Amundi 2019 die Prime-ETF-Produktlinie an den Markt gebracht. Mit laufenden Kosten von 0,05 % p.a. ist dies die europaweit günstigste ETF-Palette für Standardinvestments. Auch hier gibt es einen ETF auf Euro-Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Rating. Mit diesem können sich Anleger extrem günstig und breit diversifiziert in 2 500 Euro-Unternehmensanleihen engagieren. Alle Prime-ETFs sind physisch replizierend und bilden die Indizes von Solactive, einem etablierten und äußerst kompetitiv arbeitenden deutschen Indexanbieter, ab. Die Indexmethodik ist stark an die der etablierten Bondindizes angelehnt, weshalb das Anlageuniversum sowie wichtige Kennzahlen wie die Rendite, die Duration und die Ratings annähernd identisch sind.Einer der wichtigsten Trends unter professionellen Anlegern ist die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien. Argumente dafür gibt es viele: die Berücksichtigung eigener Wertvorstellungen, die Nutzung von Anlagechancen, die zum Beispiel mit der Energiewende einhergehen, oder die Überzeugung, dass die Aktien nachhaltig gemanagter Unternehmen ein besseres Risiko-Rendite-Profil aufweisen. Immer mehr an Bedeutung gewinnen zudem strengere rechtliche Rahmenbedingungen. So wächst der Druck auf professionelle Investoren, sich mit den Auswirkungen ihrer Anlageentscheidungen zu beschäftigen. Häufig geht es dabei um Offenlegungspflichten von Pensionseinrichtungen. Große Tragweite sollte außerdem von den vier Nachhaltigkeitsverordnungen der Europäischen Union ausgehen, die der Finanzwirtschaft eine tragende Rolle bei der Transformation zu einer CO2-freien Wirtschaft zuweisen. ESG gewinnt an BedeutungGefragt sind folglich heute auch Bond-ETFs, die ESG-Kriterien umsetzen. Amundi hat unter anderem einen ETF auf den Bloomberg Barclays MSCI Euro Corporate SRI Index aufgelegt. Diese Benchmark verbindet das Unternehmensanleiheindex-Know-how von Bloomberg und Barclays mit dem ESG-Research von MSCI. Auf diese Weise kann man verantwortlich in Unternehmensanleihen mit einem Investment-Grade-Rating aus Europa investieren. Dabei enthalten die ESG-Bondindizes keine Emittenten mit kontroversen Aktivitäten, wie Hersteller konventioneller Waffen, Glücksspielbetreiber sowie Firmen aus den Bereichen Gentechnik, Kernkraft, Tabak, Alkohol, Kraftwerkskohle und Pornografie.Mit einem ETF auf den Bloomberg Barclays MSCI Euro Corporate ESG BB+ Sustainability SRI 0-3 Year Index können Anleger darüber hinaus in Unternehmensanleihen aus Europa mit kürzeren Laufzeiten und einem Investment-Grade-Rating investieren. Ausgeschlossen werden auch hier die oben genannten kontroversen Aktivitäten. Ergänzend müssen alle Emittenten ein MSCI-ESG-Rating von mindestens “BB” aufweisen.Interessant ist dieser Ansatz vor allem für Investoren mit höheren ESG-Standards, die eine mögliche Zinswende im Auge behalten möchten und eine Alternative zu Geldmarktfonds suchen. Trotz der Ausschlüsse ist der Tracking Error gegenüber den Referenzbenchmarks niedrig. Der Wechsel zu den ESG-ETFs beeinflusst also kaum die relevanten Eckdaten. Hermann Pfeifer, Head of Amundi ETF, Indexing & Smart Beta, Deutschland, Österreich und Osteuropa