6. FINANZPLATZTAG

Anlegern Wege aus dem Zinstief weisen

Mit Beratungsqualität Vertrauen gewinnen - Webinare ergänzen Angebot

Anlegern Wege aus dem Zinstief weisen

Von Björn Godenrath, FrankfurtSo richtig in Fahrt kam die Diskussion unter dem Motto “Der Retail-Kunde im Spannungsfeld zwischen Banken und Börsen” als sich die Stimmen aus dem Publikum einmischten. Die Kunden hätten nun einmal die Erfahrung gesammelt, dass die Banken es auch nicht besser wüssten, wurde Bezug nehmend auf die Telekom-Aktie bemerkt. Das charakterisiert eines der grundlegenden Probleme beim Ringen um die Beteiligung des Privatanlegers am Wertpapiergeschäft treffend. Die Finanzindustrie hat bei der Retail-Kundschaft im Verlauf von Rausch und Abstieg am Neuen Markt Reputation und damit Vertrauen verspielt. Seitdem ist zwar schon eine Dekade vergangen, an der Ausgangssituation einer geringen Risikoaffinität der Deutschen hat sich nichts geändert.Denn auch Erfahrungen der Neuzeit konnten nicht dazu beitragen, Vertrauen wieder aufzubauen. Aus dem Auditorium wurde bemängelt, der Chef einer deutschen Großbank habe öffentlich immer wieder versichert, sein Haus sei von gewissen Risiken nicht betroffen und habe dann den größten Quartalsverlust in der Geschichte dieses Instituts vermeldet, was die Aktie kräftig runterkrachen ließ. Wenn man selbst einer so guten Adresse nicht mehr vertrauen könne, wem denn dann noch, so die im Raume stehende Frage. Hohe HürdenDiese Erfahrungsberichte demonstrierten, vor welchen Hürden die Banken stehen, wollen sie die privaten Anleger wieder für die Börse begeistern. Auf dem Podium stellten sich der Herausforderung bei diesem Workshop Wolfgang Teunissen (HSBC Trinkaus) als Moderator, Jens Wöhler (S-Broker) sowie Josef Zellner (DAB Bank). Motto: Wie können wir die Flaute bekämpfen?Denn die Bestandaufnahme fiel mit Schlagzeilen wie “Aktien verlieren an Bedeutung” sowie den Transaktionszahlen der Online-Broker des abgelaufenen Geschäftsjahres (-20 % bis -25 %) erwartet ernüchternd aus. So ein bisschen Morgenluft wittern die Broker aber schon, macht sich doch bei immer mehr Privatanlegern die Erkenntnis breit, dass angesichts des niedrigen Zinsniveaus Alternativen gefragt sind.Und genau dort müssen die Kunden mit dem Schlüsselwort “Beratung” abgeholt werden. Die Sparkassen-Finanzgruppe hat 2013 zum Jahr der Wertpapierberatung ausgerufen. Der S-Broker will dabei seine Erfahrung mit den aktiven Tradern einbringen. Denn die sind mit der zentralen Frage des Aktiengeschäfts vertraut: Wie soll man mit Risiken umgehen? Von daher hat die S-Gruppe begonnen, Filialberater und Trader zusammenzubringen, denn: “Es ist gewinnbringend zu sehen, wie Trader täglich agieren”, so S-Broker-Vorstand Wöhler. Wer sich so tief mit dem Thema Wertpapiergeschäft befasst habe, der könne gut vermitteln, dass Verluste total normal seien. Damit illustrierte Wöhler zum einen mögliche edukative Maßnahmen und zum anderen die Verquickung von Online mit dem Filialgeschäft.Was die Online-Broker aus München und Wiesbaden bereits seit geraumer Zeit als Einstieg oder Fortbildung im Wertpapiergeschäft anbieten sind sogenannte Webinare, also Info-Veranstaltungen über das Internet. Da konnte Wöhler positives berichten: Bei circa 200 Webinaren pro Jahr hätte man im Schnitt 80 bis 100 Teilnehmer pro Veranstaltung. Sofern es sich um Kunden des S-Broker handele, habe man neben gesteigerten Trading-Aktivitäten auch Anlageerfolge direkt in den Depots festgestellt – das ist vielleicht das beste Argument für Aufklärung und Bildung rund um das Aktiengeschäft.Der neueste Clou kommt von der DAB Bank. Die hatte kürzlich als Pilot-Projekt ein Speed-Dating für Trader und Vermögensverwalter in Düsseldorf organisiert. Auf 75 private Anleger kamen 6 Berater, berichtet Zellner. Die Privatkunden hatten Interesse an einer Beratung gezeigt und so konnten beide Seiten auf die Schnelle einen persönlichen Eindruck voneinander gewinnen – nach fünf Minuten pro Runde ertönt die Klingel.Die Beispiele zeigen: In der Finanzindustrie werden die Hände nicht in den Schoß gelegt. Zudem können die im Online-Banking verfügbaren Instrumente und Erfahrungen auch die Beratung vor Ort befruchten. Die Großwetterlage zur Auffrischung der Aktienkultur bleibt aber schwierig, solange Bankenskandale die Schlagzeilen bestimmen.