Anleihe-ETFs: Mythen und Missverständnisse

Renten-ETFs werden zu Unrecht von einigen Anlegern skeptisch beäugt

Anleihe-ETFs: Mythen und Missverständnisse

Nachdem sich börsengehandelte Indexfonds (Exchange Traded Funds – ETFs) für Aktieninvestments längst etabliert haben, werden seit einigen Jahren auch ETFs immer beliebter, die in Staats- und Unternehmensanleihen investieren. Für sie sprechen prinzipiell die gleichen Vorteile, mit denen auch Aktien-ETFs überzeugen: einfache Struktur, Transparenz und geringe Kosten.Dennoch werden Renten-ETFs von einigen Anlegern weiterhin mit Skepsis betrachtet. Bedenken bestehen dabei hinsichtlich der Zusammensetzung von Rentenindizes, der Fähigkeit von ETFs zur genauen Abbildung solcher Indizes sowie der Liquidität in bestimmten Bereichen des Rentenmarktes.Solcher Argwohn gründet sich indes weitestgehend auf Mythen. Diese lassen sich jedoch entkräften, um aufzuzeigen, dass ETFs auch auf Rentenseite ihre bekannten Stärken ausspielen können.Mythos Nr. 1:SchuldenrisikoEin Kritikpunkt lautet, die Gewichtungsmethode von Rentenindizes führe dazu, dass Emittenten mit hoher Schuldenlast stark im Index vertreten seien. Zudem könnten sie ihr Indexgewicht durch die Ausgabe neuer Anleihen erhöhen.Tatsache ist, dass die Marktkapitalisierung der Anleihen eines Emittenten sowohl den Marktpreis als auch die Anzahl der emittierten Wertpapiere widerspiegelt. Staaten und Unternehmen bestimmen zwar, wie viele Anleihen sie emittieren, der Preis für diese Anleihen wird jedoch vom Markt bestimmt. Die USA und Japan sind die größten Emittenten von Staatsanleihen, profitieren jedoch auch von ihrem Status als sicherer Hafen und damit von sehr geringen Renditen.Mythos Nr. 2:Komplizierte IndexabbildungLaut einem oft gegen Anleihe-ETFs ins Feld geführten Argument reicht die Liquidität der entsprechend zugrunde liegenden Wertpapiere nicht aus, um einen Rentenindex in der gleichen Weise effizient abbilden zu können, wie dies bei der Replikation eines Aktienindex durch einen Aktien-ETF der Fall ist.Die Indexierung ist bei Anleihen sicherlich komplizierter als bei Aktien. Einige Anleihen werden nur wenig gehandelt, und manche Anleihen werden bei Emission vollständig von großen institutionellen Anlegern wie etwa Pensionsfonds aufgekauft. Die Manager von Anleihe-ETFs nutzen jedoch eine als Optimierung bekannte Technik. Dazu gehört die Ermittlung der wesentlichen Exposures einer Benchmark, beispielsweise der Duration, des Laufzeitbands, der Kreditqualität sowie der Emittenten und Sektoren.Ein ganzheitlicher Optimierungsansatz berücksichtigt zudem auch die Gewichtung in verschiedenen Bonitätsbewertungen und Laufzeitbändern innerhalb eines Sektors. Diese Komponenten werden anschließend in einem optimierten Portfolio so repliziert, dass sie genau der Gewichtung in der Benchmark entsprechen und das Portfolio in gleichem Maße auf äußere Einflussgrößen reagiert und sich ETF und Index parallel zueinander entwickeln. Dies gilt auch dann, wenn das optimierte Portfolio aus weniger Wertpapieren als die Benchmark besteht.Mythos Nr. 3:Begrenzte LiquiditätTatsächlich werden gerade einige Unternehmensanleihen mit langer Laufzeit an manchen Tagen gar nicht gehandelt. Dieses Problem lässt sich über die erwähnte Optimierung eines ETF-Portfolios lösen. Es spielt jedoch nur bei der Ausgabe neuer (Creation) oder Rücknahme ausgegebener (Redemption) Anteile überhaupt eine Rolle.Beim Handel mit Renten-ETFs besteht in etwa 80 % der Fälle gar keine Notwendigkeit, die zugrunde liegenden Anleihen zu kaufen oder zu verkaufen. Denn der Handel findet größtenteils zwischen ETF-Anlegern statt, so dass bestehende ETF-Anteile lediglich den Besitzer wechseln. Die Liquidität wird also in aller Regel durch die ETF-Investoren selbst bereitgestellt und wächst sogar regelmäßig in volatilen Marktphasen.Mythos Nr. 4:Aktive Verwaltung von VorteilDer letzte Mythos besagt, dass der Rentenmarkt weniger effizient ist als der Aktienmarkt, so dass aktive Manager mehr Möglichkeiten für die Erzielung einer Outperformance haben.Es stimmt sicherlich, dass es einigen wenigen aktiven Anleihemanagern gelungen ist, den Markt über lange Zeiträume hinweg nachhaltig zu übertreffen. Wie bei Aktien schneiden die meisten aktiven Anleihemanager aber langfristig schlechter ab als der Markt. Ein Grund dafür sind die höheren Gebühren: Da Anleihen historisch betrachtet geringere Renditen als Aktien erzielen, ist die Belastung der Wertentwicklung durch die Kosten zudem tendenziell höher.Bemerkenswert ist außerdem, dass aktive Manager ebenfalls großen Gebrauch von Anleihe-ETFs machen. Der Grund hierfür liegt im schnellen und effizienten Wechsel zwischen verschiedenen Exposures, der durch ETFs ermöglicht wird. Zudem vertrauen Manager darauf, mit ETFs genau die von ihnen benötigten Exposures abbilden zu können. Geringe KostenIn dem seit der globalen Finanzkrise anhaltenden Niedrigzinsumfeld sind die geringen Kosten von Anleihe-ETFs ein besonders überzeugendes Argument für den Einsatz dieser Anlageklasse.Darüber hinaus sind ETFs äußerst zweckmäßig, da Anleger und Berater damit Duration und Bonitätsrisiken ihrer Portfolios genau abstimmen können. Im Gegensatz zu Investmentfonds ist bei Anleihe-ETFs kein Mindestanlagebetrag erforderlich – Anleger können daher strategische Allokationen in eine Reihe von Indizes in jeder Größenordnung vornehmen und ihr Portfolio so einfach und kostengünstig diversifizieren.Wie für jedes Investment gilt dabei: Bei der Auswahl eines oder mehrerer Renten-ETFs müssen sich Anleger Klarheit über Chancen und Risiken des abgebildeten Marktsegments verschaffen. Die aufgeführten Mythen jedenfalls zählen in aller Regel nicht dazu. Chris Hofmann, Senior Sales Executive für Deutschland und Österreich bei Vanguard