Anshu Jain sorgt sich um Banken-Ökosystem

Regionale Institute würden regulatorisch bevorzugt - Commerzbank-Chef Blessing bezieht Prügel für seinen Euroland-Bond-Vorstoß

Anshu Jain sorgt sich um Banken-Ökosystem

Deutsche-Bank-Co-Chef Anshu Jain warnt vor “bankähnlichen Risiken im Schattenbanksektor” und bemängelt eine regulatorische Bevorzugung von regionalen Banken in Europa. EurolandBonds lehnt er ab – im Gegensatz zu Commerzbank-Chef Martin Blessing, der für seinen Vorschlag zu gemeinsamen Staatsanleihen von der Bundesregierung abgewatscht wird.bg Frankfurt – Anshu Jain und Martin Blessing haben sich auf der “Handelsblatt”-Tagung “Banken im Umbruch” unfreiwillig einen thematischen Schlagabtausch geliefert. Während sich der Commerzbank-Chef in einem Gastbeitrag grundsätzlich für die Einführung von Euroland-Bonds aussprach und diese Position auch auf dem Podium verteidigte, sprach sich der Co-Chef der Deutschen Bank deutlich gegen eine solche Vergemeinschaftung von Staatsschulden aus. Ihm gefalle die Disziplinierung bei der Schuldenaufnahme für jedes einzelne Land besser, erklärte Jain auf Nachfrage. “Ich mag das aktuelle System – es hat die richtigen Checks and Balances. Und ich würde nicht viel weiter gehen.” Auch wenn es schon eine gewisse Vergemeinschaftung (“implicit socialisation”) durch das OMT-Programm der Europäischen Zentralbank (EZB) gebe, hätten die Märkte hoch verschuldete Staaten mit hohen Anleihezinsen doch zum Sparen gezwungen, zieht Jain ein zufriedenes Fazit des Euro-Rettungsregimes. Kreditvergabe der SchlüsselAllerdings müsse die Politik weitere Strukturreformen zügig angehen, um Europa wieder auf Wachstumskurs zu bringen, könne das sozialwirtschaftliche Modell der Nachkriegszeit doch nur durch Wachstum finanziert werden. Der Schlüssel dafür liege in der komplementären Wirkung von Strukturreformen und Kreditvergabe. Während in Europa 70 % der Unternehmensfinanzierung über den Bankkredit erfolge und nur 11 % über den Kapitalmarkt, geschehe sie in den USA, wo die Verbriefungsmärkte stärker entwickelt sind, zu 70 % über den Kapitalmarkt.Da zudem mit der derzeit implementierten Regulatorik “die Diversität der europäischen Banken und Finanzarchitektur” eingeschränkt werde, laufe man Gefahr, “dass die Wettbewerbsschere zwischen Europa und den anderen Regionen der Welt immer weiter auseinandergeht.” Mit Blick auf die sich herauskristallisierenden Geschäftsmodelle ist für Jain ein “diversifiziertes Banken-Ökosystem die Voraussetzung dafür, die mannigfachen Anforderungen der Wirtschaft zu erfüllen”. Auch in Europa müsse wie in den USA der derzeit stattfindende Paradigmenwechsel hin zu differenzierten Geschäftsmodellen – Jain unterscheidet vier Modelle – regulatorisch zugelassen werden.Süffisant verweist Jain auf “bankähnliche Risiken” im Schattenbankensektor, der mit 70 Bill. Dollar zweieinhalbmal so viele Vermögenswerte kontrolliere wie die globalen Banken. Für die Überwachung der Schattenbanken sei ein klarer regulatorischer Rahmen notwendig, so dass aus Sicht des traditionellen Sektors vergleichbare Risiken gleich behandelt würden, mahnt er ein Level Playing Field an.Dieses vermisst er auch im Quervergleich von regionalen Banken gegenüber global tätigen Universalbanken, würden Erstere doch regulatorisch bevorzugt. Komme es zu einer Einschränkung der Bankenvielfalt, würde dies wiederum ein breiteres Kreditangebot verhindern – und der Spielraum der EZB sei weitgehend ausgeschöpft.Anshu Jains Ablehnung von Euroland-Bonds wird derweil von der Bundesregierung geteilt. Blessings Vorschlag, den ESM zur Schuldenagentur umzufunktionieren und bis zu 25 % des BIP eines Landes über gemeinschaftlich abgesicherte Schuldtitel zu finanzieren, wurde in Berlin inhaltlich, aber auch in der Form abgelehnt. So etwas stehe “weit und breit nicht auf der Agenda” und würde die Anreize für Strukturreformen nur verringern, sagte Finanz-Staatssekretär Steffen Kampeter. Der ESM mit seinen strikten Auflagen für Hilfen sowie klaren Haftungsregeln sei ja als Alternative zur Idee der Vergemeinschaftung von Schulden aufgelegt worden. Kampeter legte Blessing nahe, sich auf seine Funktion als Vorstandsvorsitzender der Commerzbank zu konzentrieren. Der Bund ist noch mit 17 % an dem Institut beteiligt.Reuters berichtet, in der Koalition heiße es, dass mit Blessing ein Gespräch geführt werden müsse. Der Vertrag des Commerzbank-Chefs läuft noch bis Herbst 2016. Bis dahin will die Bank ihre Profitabilität erheblich gesteigert haben.