Ant Financial sondiert IPO-Chancen in China
In China kommen neue Spekulationen auf, dass der mit dem E-Commerce-Riesen Alibaba eng verknüpfte Finanzdienstleister Ant Financial sich aktiver auf ein Initial Public Offering (IPO) an einer Börse im großchinesischen Raum vorbereitet. Allerdings gibt es noch einige Imponderabilien und regulatorische Hindernisse, die einen raschen Börsengang verhindern dürften.Von Norbert Hellmann, SchanghaiGegenwärtig soll es Anzeichen dafür geben, dass Ant Financial seine bislang sehr vage gehaltenen Pläne für einen etwaigen Börsengang konkretisiert. Seitens der Nachrichtenagentur Bloomberg beruft man sich auf mit der Angelegenheit vertraute Kreise, denen zufolge Ant Financial bereits in diesem Jahr erste Schritte unternehmen wird, um das Prozedere für ein IPO an der führenden chinesischen Börse in Schanghai in Gang zu setzen. Gleichzeitig heißt es, dass Ant Financial die Möglichkeiten für ein duales Listing an der Hongkonger Börse – zu der internationale Investoren wesentlich freieren Zugang haben – prüft.Die vom Alibaba-Gründer und gegenwärtigen Chairman Jack Ma kontrollierte Ant Financial weckt enormes Interesse im Finanzmarkt. Man traut ihr das Potenzial für einen der größten Börsengänge auf chinesischem Boden zu, nachdem Alibaba im September 2014 mit ihrem IPO an der New York Stock Exchange (Nyse) den bislang weltgrößten Börsengang hingelegt hatte. Ma äußerte schon mehrfach Zweifel über die Richtigkeit der Entscheidung für ein IPO in New York und verwies dabei auf den enormen Druck seitens Investoren und Öffentlichkeit, dem Alibaba und das Managementteam in den USA ausgesetzt seien. Ma hatte denn auch wissen lassen, dass er für seinen zweiten großen Streich, nämlich ein IPO der Ant Financial, in jedem Fall einen chinesischen Börsenplatz wählen würde. Dort hätte Ant Financial das Zeug, als das größte IPO seit dem Börsengang des staatlichen Kreditriesen Agricultural Bank of China im Jahr 2010 in Schanghai aufzuschlagen. Branchenkenner schreiben der Ant Financial bereits gegenwärtig einen Wert von etwa 60 Mrd. Dollar zu. Neue FinanzierungsrundeDerzeit befindet sich Ant Financial dem Vernehmen nach inmitten einer neuen Finanzierungsrunde zur Aufnahme frischen Kapitals, mit der mindestens 3,5 Mrd. Dollar eingesammelt werden sollen. Damit gilt es, die kräftigen Expansionschancen von Ant Financial zu unterfüttern, die vor allem im Zusammenhang mit dem auf sämtlichen E-Commerce-Plattformen der Alibaba-Gruppe verwendeten Zahlungssystem Alipay stehen.Alipay lässt sich zumindest in seiner Grundstruktur mit dem mittlerweile vom amerikanischen Onlinehändler Ebay losgelösten Zahlungssystem Paypal vergleichen. Alipay hat sich über die Verwendung von Alibaba-Transaktionen hinaus zu einem extrem populären Medium für bargeldlose Zahlungen mittels Smartphone an chinesischen Ladenkassen und im Gaststättenbetrieb durchgesetzt. Die in China als Zhifubao bekannte elektronische Brieftasche und die Vormachtstellung von Alibaba im heimischen E-Commerce-Geschäft bedingen denn auch, dass Alipay mit großem Abstand zu Tenpay (das Zahlungssystem des Internetriesen und Alibaba-Erzrivalen Tencent) den Markt für mobiles Bezahlen im Reich der Mitte dominiert (siehe Grafik).Die guten Perspektiven für Alipay und sonstige Expansionschancen via Beteiligungen, die Ant Financial oft im Verbund mit Alibaba angeht, erfordern in jedem Fall reichlich Finanzierungsmittel, für die externe Investoren mobilisiert werden. Dabei hat Ant Financial freilich wenig Mühe, Geldgeber zu finden. Zuletzt hieß es in chinesischen Marktkreisen, dass bei der derzeit laufenden Kapitalaufnahme auch das chinesische Staatsfondsvehikel China Investment Corporation (CIC) und die Nummer 2 unter den staatlichen chinesischen Großbanken, China Construction Bank (CCB), mit von der Partie sein sollen.Ein Engagement bei Ant Financial gilt mit Blick auf einen späteren Börsengang als äußerst lukrative Versilberungschance für institutionelle Investoren. Allerdings gibt es bei einem IPO auf dem chinesischen Festland wie auch an der Hongkonger Börse noch einige Hürden zu überwinden, so dass sich ein Timing für ein IPO von Ant Financial nur sehr schwer abschätzen lässt. Warten auf IPO-ReformIn China wartet man noch auf die tatsächliche Umsetzung einer Reform des IPO-Regimes. Sie soll den Emittenten die an westlichen Börsen üblichen Freiheiten beim Timing und vor allem der Konditionengestaltung eines Börsengangs erlauben. Gegenwärtig nämlich werden diese Modalitäten noch von Chinas Wertpapieraufsicht diktiert, zudem gibt es einen riesigen Überhang an Kandidaten, sprich eine lange Warteliste.In Hongkong wiederum erlauben die Regularien gegenwärtig nicht, dass die Gründermannschaft eines Unternehmens nach dem IPO über bestimmte Aktienklassen die volle Kontrolle über den Board auch dann beibehält, wenn keine Kapitalmehrheit mehr vorliegt. Dies führte dazu, dass Jack Ma beziehungsweise Alibaba auf Hongkong als Wunschplatz für ein IPO verzichtete und an die Nyse ging, wo solche Corporate-Governance-Modelle gestattet sind.