Wegen drohenden Prozesses

Aon und Willis Towers Watson beerdigen Fusion

Die Versicherungsmakler Aon und Willis Tower Watson ziehen die Notbremse und stoppen die geplante Fusion – damit soll auch ein langwieriger Rechtsstreit vermieden werden.

Aon und Willis Towers Watson beerdigen Fusion

bet London

Statt einen langwierigen Rechtsstreit in Amerika zu riskieren, ziehen die Versicherungsmakler Aon und Willis Towers Watson die Notbremse. Der im März 2020 vereinbarte Zusammenschluss wird abgesagt, teilte Aon am Montag überraschend mit. Man sei in den USA in eine Sackgasse geraten, ließ sich Aon-Chef Greg Case zitieren. Das amerikanische Justizministerium hatte einen Prozess gegen die geplante Fusion angestrengt, der erst im November begonnen hätte. Ursprünglich sollte die Transaktion bereits im ersten Halbjahr 2021 abgeschlossen werden.

Wettbewerb bedroht

Durch einen Aktientausch im Volumen von fast 30 Mrd. Dollar wäre durch den Zusammenschluss von Aon und Willis Towers Watson der weltweit größte Versicherungsmakler entstanden, noch vor Marsh & McLennan Cos. Das US-Justizministerium sah darin eine Bedrohung des Wettbewerbs und fürchtete die Entstehung von zwei dominierenden Anbietern in der Branche, was Preise steigen ließe, Innovationen schwäche und amerikanische Unternehmen schädige.

Mit dieser Begründung zog die Regierung im vergangenen Monat gegen die Fusion vor Gericht, doch befanden sich die Unternehmen auf keinem schlechten Weg: Ein Richter engte den Streitfall in der vergangenen Woche ein, nachdem sich die Makler zu einem Verkauf von Unternehmensteilen entschlossen hatten. Doch wie Aon-Chef Case nun erklärte, sei eine beschleunigte Lösung nicht möglich gewesen.

Case begründete den Rückzug laut der Agentur Reuters in einem Video an die Mitarbeiter mit dem drohenden Zeitverlust: Der Rechtsstreit würde weit ins Jahr 2022 reichen, obwohl man um einen zügigen Prozess gebeten habe und obwohl das Justizministerium eine bemerkenswert abweichende Haltung im Vergleich mit anderen Regulierern einnehme. Im besten Fall verstehe das Ministerium den Versicherungsmarkt grundlegend falsch, im schlechtesten Fall sei man Opfer von schlechtem Timing und „Faktoren außerhalb unserer Kontrolle“ geworden, so Case. Sein Vertrag wurde am Montag um drei Jahre bis 2026 verlängert, wie Aon zeitgleich mitteilte.

Im Schlüsselmarkt EU war es beiden Maklern gelungen, im Juli die Zustimmung der Kommission einzuholen. Allerdings mussten sich die Firmen auch hier verpflichten, Unternehmensteile im Wert von 3,6 Mrd. Dollar abzustoßen. Unter anderem sollte das globale Rückversicherungsgeschäft von Willis Towers Watson nicht in die Fusion eingehen. Analysten warfen daraufhin die Frage auf, ab welchem Ausmaß von Verkäufen sich der Zusammenschluss nicht mehr lohnen werde. Aon hatte sich von dem Zusammenschluss bereits vom ersten Jahr an einen positiven Beitrag auf den bereinigten Gewinn pro Aktie versprochen.

Anleger reagierten gespalten auf die Nachricht: Aons in New York notierte Aktien kletterten bis zum Montagnachmittag um fast 8%, jene von Willis Towers Watson fielen in ähnlichem Maße zurück. Unter Versicherungsmaklern kam es zuletzt zu einer Reihe von Zusammenschlüssen, um die Produktpaletten zu erweitern und gleichzeitig den Aufwand für die Klienten zu reduzieren. Aon hatte bereits 2019 eine Fusion mit Willis Towers Watson ausgelotet. Auch damals wurde vor regulatorischen Hürden gewarnt. Nun ist es die fusionskritische Administration von US-Präsident Joe Biden, welche die Gelegenheit für ihre erste Klage gegen einen großen Zusammenschluss nutzte.

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