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Apple blockiert Schnittstelle für Mobile Payment

Von Karin Böhmert, Frankfurt Börsen-Zeitung, 18.12.2018 Mobiles Bezahlen gewinnt in Deutschland an Fahrt - zumindest was die Anwendungsmöglichkeiten betrifft. In kürzester Zeit hat die deutsche Kreditwirtschaft vier Möglichkeiten im Markt...

Apple blockiert Schnittstelle für Mobile Payment

Von Karin Böhmert, FrankfurtMobiles Bezahlen gewinnt in Deutschland an Fahrt – zumindest was die Anwendungsmöglichkeiten betrifft. In kürzester Zeit hat die deutsche Kreditwirtschaft vier Möglichkeiten im Markt eingeführt, mit denen mobil per Smartphone bezahlt werden kann. Das ist grandios, galt doch Deutschland diesbezüglich lange als rückständig.Im Juni ist Google Pay gestartet worden. Ende Juli haben bereits die Sparkassen mit “Mobiles Bezahlen” losgelegt, und die Volksbanken und Raiffeisenbanken folgten wenig später mit ihrer VR-Banking-App. Seit vergangener Woche ist auch Apple Pay in Deutschland am Start. Grundlage ist immer eine Zahlungskarte, die im Handy hinterlegt wird, sei es eine Mastercard, Visa, American Express oder Girocard. Doch nicht alle von Banken oder Finanzdienstleistern ausgegebenen Karten funktionieren mit jedem Zahlverfahren, und nicht jede Bank macht bei jedem Bezahlverfahren mit (siehe Tabelle). Genau in dieser unübersichtlichen Gemengelage liegt die Krux.Einzig Kunden der Sparkassen sowie Volksbanken und Raiffeisenbanken, die in Deutschland über die meisten Kunden verfügen, können ihre Girocard zum mobilen kontaktlosen Bezahlen per Smartphone nutzen. Die Girocard ist mit 100 Millionen ausgegebenen Karten immerhin die am meisten verbreitete Zahlungskarte in Deutschland.Der Zugang zum Smartphone der von diesen beiden Bankengruppen entwickelten Mobile-Payment-Lösung sowie von Google Pay selbst erfolgt über das Betriebssystem Android der Google-Mutter Alphabet. Mehr als 80 % der Handys in Deutschland sind mit diesem Betriebssystem ausgestattet. Diese Schnittstelle für die kontaktlose Kommunikation des Smartphones (NFC) mit dem Bezahlterminal ist offen, und Google verlangt auch keine Provisionen dafür.Anders sieht das bei Apple Pay aus. Der Tech-Gigant aus den USA gibt die Schnittstelle zu den iPhones nicht generell frei, weil er Provisionen dafür verlangen will. Und die sind saftig, glaubt man den im Markt kursierenden Zahlen, die nicht bestätigt werden. Hartnäckig hält sich seit dem Sommer die Rede, dass Apple von den an Apple Pay teilnehmenden Finanzinstituten, die die Karten ausgeben, mit denen bezahlt wird, bis zu 0,15 % vom Umsatz jeder einzelnen Bezahltransaktion verlangt. Die Spanne dürfte laut “Lebensmittel-Zeitung” von einem Drittel der Interchange Fee im stationären Handel bis zur Hälfte bei E-Commerce-Transaktionen reichen. Die Interchange Fee, die der Händler an die kartenausgebende Bank zahlt, wurde in Europa durch EU-Regulierung auf 0,3 % bei Transaktionen mit Kreditkarten und auf 0,2 % mit Debitkarten begrenzt. Zum Vergleich: In den USA beträgt sie im Durchschnitt 2 %.Nutzen die iPhone-Besitzer in Deutschland kräftig Apple Pay, dann kommen für den US-Konzern fette Beträge zusammen. Wofür eigentlich? Kontoführung, Zahlungsabwicklung, das ganze Prozedere hinter einer Kartentransaktion bis hin zu den Kosten zur Betrugsprävention übernehmen andere. Krasser WiderspruchDas Vorgehen von Apple Pay steht im krassen Widerspruch zum Bestreben der EU, wettbewerbsschädigende Geschäftsregeln und -praktiken im Zahlungsverkehr zu unterbinden. Die Sparkassen haben denn auch zu Recht moniert, dass Apple seine NFC-Schnittstelle nicht für andere Anbieter öffnet und die weit verbreitete Girocard bisher nicht als Zahlungsmittel integriert hat. Apple solle “den Industriestandard NFC an seinen Endgeräten zu angemessenen Konditionen nicht nur für die eigene Lösung, sondern auch für Dritte öffnen”, fordern die Sparkassen (vgl. BZ vom 12. Dezember).Diese Forderung klingt mehr als vernünftig, betrachtet man die Vorschrift in der Zahlungsdiensterichtlinie PSD2, dass Banken in der EU ihre Schnittstelle zum Kundenkonto öffnen müssen, ohne dafür irgendeine Gegenleistung zu erhalten. Warum soll das nicht auch für Apple Pay gelten? Das haben sich offenbar schon Verbraucherschützer in der Schweiz gefragt, wie dem “BargeldlosBlog” zu entnehmen ist. Da Apple die NFC-Schnittstelle nicht für verschiedene Schweizer Mobile-Payment-Lösungen öffnet, halten die Verbraucherschützer “ein derartiges Verhalten” für monopolistisch. Es verstoße “offensichtlich gegen das Kartellrecht”, monieren sie. Eine Wettbewerbsklage ist eingereicht.Von der Aufmerksamkeit, die Apple Pay auslöst, könnte mobiles Bezahlen in Deutschland profitieren. Gemessen am Hype jedoch, den der US-Konzern mit seinen Produkten auslöst, sind Smartphones mit dem iOS-Betriebssystem in Deutschland nur wenig verbreitet. Hätte Apple die Schnittstelle längst geöffnet, wäre dies vermutlich dem Absatz von iPhones im Weihnachtsgeschäft zugutegekommen. Diese Chance hat Apple verpasst.