Restrukturierung

Ares, Arcmont und Ardian – Debt Funds flüchten ins Eigenkapital

Polo, Sausalitos und Emvia Living: Um ihr Fremdkapital zu retten, übernehmen die Debt Funds Ares, Arcmont und Ardian drei kriselnde Portfoliounternehmen.

Ares, Arcmont und Ardian – Debt Funds flüchten ins Eigenkapital

Kreditfonds flüchten ins Eigenkapital

Um ihr bestehendes Fremdkapital zu retten, übernehmen Ares, Arcmont und Ardian drei deutsche Krisenunternehmen

Polo, Sausalitos und Emvia Living: Drei Unternehmen im Besitz von Finanzinvestoren hat die Coronakrise mit ihren Folgen hart zugesetzt. Die bestehenden Private-Equity-Gesellschafter geben auf und übergeben an die finanzierenden Debt Funds.

Von Philipp Habdank, Frankfurt

Mit Ares, Arcmont und Ardian haben zuletzt gleich drei Debt Funds die Kontrolle über eines ihrer Portfoliounternehmen an sich gezogen. Wie aus entsprechenden Veröffentlichungen beim Bundeskartellamt hervorgeht, hat Ares die Übernahme der Polo Group angemeldet ein Händler für Motorradbekleidung und -zubehör. Arcmont (ehemals Bluebay) meldete den Kontrollwechsel bei der Systemgastronomiekette Sausalitos an und Ardian registrierte die Übernahme der Pflegeheimkette Emvia Living. Keiner der Debt Funds wollte dies auf Nachfrage kommentieren.

Die drei Debt Funds sind im Markt nicht unbedingt dafür bekannt, als aggressiver Turnaround-Investor aufzutreten. Vielmehr sind Ares, Arcmont und Ardian bestehende Kreditgeber, die nun einen letzten Versuch unternehmen dürften, ihr ausstehendes Fremdkapital zu retten. Polo, Sausalitos und Emvia Living müssen mit dem Rücken zur Wand stehen andernfalls fällt es schwer zu erklären, weshalb die in jedem Fall involvierten Private-Equity-Investoren dazu bereit sind, ihre Eigenkapitalinvestments an die Fremdkapitalgeber zu übergeben, anstatt einen „echten“ Käufer zu finden.

Ares übernimmt Polo Group von Equistone

Die Polo-Gruppe gehörte bislang Equistone. Der mittelständische Private-Equity-Investor hatte den Motorradzubehör-Händler im Februar 2015 von einem Investorenkonsortium um den Mehrheitseigner Paragon Partners und die Co-Investoren Tempus Capital und SM Investment Ltd. übernommen. Diese hatten Polo zuvor „nach einer schwierigen Phase und der Insolvenz des Unternehmens im Jahr 2011“ übernommen und restrukturiert, wie Equistone damals beim Einstieg mitteilte.

Eine Restrukturierung dürfte nun wieder bevorstehen. Polo bestätigte auf Nachfrage, dass „von Ares Management verwaltete Fonds […] eine Mehrheitsbeteiligung an der Polo Group erworben“ hätten. Polo konzentriere sich weiterhin darauf, das Geschäft wie gewohnt zu betreiben. „Mit der Unterstützung der Ares-Fonds werden wir unsere langfristige Strategie für die Polo Group weiter umsetzen“, so das Unternehmen weiter. Nach Informationen der Börsen-Zeitung hat Ares dem Unternehmen im Zuge der Übernahme frisches Kapital zugeführt. Ares wollte dies nicht kommentieren.

Wie aus dem Bericht für das Geschäftsjahr 2020/21 hervorgeht, setzte die Coronakrise Polo stark zu. Die Kundenzahlen waren rückläufig. Der Umsatz sank um gut 8% auf rund 118 Mill. Euro. Geplant war eigentlich ein Wachstum von 5 bis 10%. Der gegenüber dem Vorjahr ebenfalls reduzierte operative Cashflow sei neben der Ergebnisverschlechterung insbesondere auf den Anstieg der Warenbestände um 16,9 Mill. auf 53,6 Mill. Euro zurückzuführen, als Kunden während des Corona-Lockdowns keinen der insgesamt 90 Stores besuchen durften. Unterm Strich stand nach Steuern ein Verlust von 7,2 Mill. Euro.

Zwar flossen Polo Zuschüsse in Höhe von 3,4 Mill. Euro zu. Auch Equistone schoss vermutlich noch mal Kapital nach – im Bericht ist von einem im Oktober 2021 aufgenommenen Gesellschafterdarlehen über 5 Mill. Euro die Rede. Doch finanziell war Polo zu diesem Zeitpunkt wohl schon am Limit: Bei der Commerzbank Düsseldorf bestand ein Avalobligo in Höhe von 3,2 Mill. Euro. Die Ende August 2022 fällige Betriebsmittellinie über 21,5 Mill. Euro war zuvor schon verlängert worden und zu diesem Zeitpunkt bereits vollständig gezogen.

Mit der kreditgebenden Bank – im Geschäftsbericht steht, dass alle für fremde Verbindlichkeiten bestellten Sicherheiten nachrangig gegenüber den vorrangigen Ansprüchen der OLB sind – wurde Ende April 2022 bis auf Weiteres ein Stillhalteabkommen vereinbart. Die Bank sicherte zudem zu, die Linie um sechs bis neun Monate zu verlängern, sofern dies zur Fortführung der Geschäfte erforderlich werden sollte. „Auf Ebene der Gesellschafterin erfolgte mit Schreiben vom 13. April 2022 eine inhaltlich gleichlautende Erklärung für die dort bestehenden Anleiheverbindlichkeiten in Höhe von 61,3 Mill. Euro mit einer vertraglichen Fälligkeit zum Ende November 2022“, heißt es im Bericht. Dabei handelt es sich nach Informationen der Börsen-Zeitung um die bestehende Finanzierung von Ares.

Im Geschäftsbericht 2020/21 wies Polo darauf hin, dass die weitere Finanzierung der gesamten Gruppe derzeit ausschließlich durch die bei Konzerngesellschaften vorhandenen liquiden Mittel erfolge. Der Kassenbestand und das Guthaben bei Kreditinstituten betrugen zum Stichtag rund 8,7 Mill. Euro. Die Finanz- und Ertragslage beschrieb Polo als angespannt und erklärte, dass die Gesellschaft in ihrem Fortbestand gefährdet sei, sofern sich die Finanz- und Ertragslage wider Erwarten nicht verbessere.

Arcmont übernimmt Sausalitos von Ergon Capital

Ebenfalls durch Corona in Schieflage geraten ist Sausalitos. Die deutsche Cocktailbar-Kette wird gerade von dem Debt Fund Arcmont übernommen. Das Bundeskartellamt erteilte der angekündigten Übernahme vor wenigen Tagen die Freigabe. Mit Apheon (vormals Ergon Capital) hat auch hier ein Private-Equity-Investor aufgegeben. Ergon hatte Sausalitos im Mai 2014 von dem schwedischen Finanzinvestor EQT sowie Sausalitos-Gründer Thomas Hirschberger gekauft. Der Kaufpreis soll Medienberichten zufolge damals bei rund 45 Mill. Euro gelegen haben.

Die Akquisitionsfinanzierung in Höhe von 27,5 Mill. Euro hatte Kartesia bereitgestellt, wie aus einer früheren Mitteilung des Debt Funds hervorgeht. 2019 erfolgte eine umfassende Refinanzierung und Kartesia wurde zu par abgelöst – durch Arcmont, wie aus dem Midcap Monitor der Investmentbank-Boutique Houlihan Lokey hervorgeht. Keine der beteiligten Parteien war für eine Stellungnahme zu erreichen.

Sausalitos verfolgte eine ambitionierte Wachstumsstrategie und betreibt nach eigener Aussage deutschlandweit 46 Standorte. Bei Apheons Einstieg waren es 27 Restaurants. Dem Geschäftsbericht 2020 zufolge erfolgen rund 65% der Umsätze mit Getränken, 34% mit Speisen, der Rest mit Sonstigem. Corona setzte den ambitionierten Wachstumsfantasien jedoch ein jähes Ende. Laut Geschäftsbericht verfehlte das Unternehmen nicht nur seine Umsatzwachstumsziele, der Umsatz hatte sich 2020 von rund 44,2 auf rund 25,7 Mill. Euro fast halbiert. Das Ebitda verringerte sich auf −2,9 Mill. Euro. Unterm Strich stand nach Steuern ein Verlust von rund 7,2 Mill. Euro.

Sausalitos wies im Geschäftsbericht 2020 darauf hin, dass es der Gesellschaft zum damaligen Zeitpunkt nicht möglich gewesen sei, den Liquiditätsbedarf vollumfänglich aus bestehenden liquiden Mitteln und festen Kreditzusagen über die Muttergesellschaft zu decken. Der Fortbestand des Unternehmens hänge daher insbesondere von der Steigerung der Umsatzerlöse auf ein Niveau, welches vor der Pandemie erreicht wurde, bzw. der weiteren finanziellen Unterstützung durch die Muttergesellschaft sowie deren Gesellschafter ab.

Ardian übernimmt Emvia Living von Chequers Capital

Der dritte Debt Fund im Bunde, der zuletzt um seinen Einsatz bangen musste, ist Ardian. Der Kreditarm des französischen Finanzinvestors hatte 2017 ein Investment des Private-Equity-Investors Chequers Capital in die Pflegeheimkette Emvia Living finanziert. Dazu hatte Chequers 46 Altenheime aus den Hamburger MK-Kliniken (ehemals Marseille-Kliniken) herausgeschält und dafür laut Medienberichten 300 Mill. Euro bezahlt.

In der Coronakrise sank die durchschnittliche Auslastung auf 85,3%, wie aus dem Bericht für das Geschäftsjahr 2020/21 hervorgeht. Um ein Pflegeheim profitabel betreiben zu können, bedarf es allerdings Auslastungsquoten von 95%. Doch steigende Personal- und Betriebskosten machen dies für Betreiber immer schwieriger. Das Umfeld für die Sorgenkinder von Ares, Arcmont und Ardian bleibt damit herausfordernd. Die Debt Funds haben sich über die Notübernahmen zunächst Zeit gekauft. Nun müssen sie zeigen, dass sie Restrukturierung können.