Asienbank AIIB schärft ihr Profil

Förderinstitut in Peking will eigene Akzente setzen - Bislang viele Kofinanzierungen mit Weltbank und ADB

Asienbank AIIB schärft ihr Profil

Von Norbert Hellmann, SchanghaiBei der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) zeichnen sich im zweiten Jahr ihres Bestehens erste Konturen eines stärker eigenständigen Auftritts als multilaterale Entwicklungsbank für den asiatischen Raum ab. Die von China angestoßene und in Peking ansässige AIIB hat in ihren Anfängen die Strategie verfolgt, mit der Weltbank und der Asian Development Bank (ADB) – mit bereits etablierten Förderinstitutionen also – Kofinanzierungen auf den Weg zu bringen. Wie der AIIB-Präsident Jin Liqun nun aber auf der zweiten Jahrestagung des Instituts in der südkoreanischen Stadt Jeju betonte, sollen mit einer gut gefüllte Projektpipeline mit einem Volumen von rund 7 Mrd. Dollar künftig stärker eigene Akzente gesetzt werden. Vorsichtige PositionierungVon den bislang 16 Projekten mit einem Volumen von 2 Mrd. Dollar, die das Förderinstitut seit ihrem Start zum Jahresbeginn 2016 genehmigt hat, sind drei Viertel als Gemeinschaftsinitiativen mit der ADB, Weltbank und auch der gemeinhin als Osteuropabank bekannten European Bank for Reconstruction and Development (EBRD) veranlasst worden. Mit dieser vorsichtigen Positionierung hat sich Peking vor allem bemüht gezeigt, die Befürchtung zu entkräften, dass die AIIB eine chinesische Konkurrenzveranstaltung zu anderen Entwicklungsbanken sein könnte. Auch will die Bank Bedenken zerstreuen, dass das Institut vor allem der geopolitischen Einflusssicherung Chinas dient.Die Planungen haben 2015 für Kontroversen gesorgt, und es hatte sich zuvor als diplomatischer Kraftakt erwiesen, die führenden europäischen Staaten als Gründungsmitglieder für die AIIB zu gewinnen. Für China war die Gründung der Bank, ähnlich wie auch die Aufnahme des Yuan in den Kreis der Reservewährungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), ein wichtiger Schritt, um die eigene Rolle als internationale Akteur zu stärken.Während die USA und Japan dem Unterfangen zwar ferngeblieben sind, haben es Washington und Tokio mittlerweile aufgegeben, offen gegen die AIIB zu opponieren. Deren Mitgliederkreis ist zuletzt auf bereits 80 Länder angeschwollen, von denen 57, darunter auch Deutschland, Frankreich und Großbritannien, Gründungsmitglieder waren. Gleichzeitig haben die von den USA dominierte Weltbank und die traditionell unter japanischer Führung stehende ADB nach anfänglicher Distanz Bereitschaft gezeigt, mit der AIIB aktiv zusammenzuarbeiten.Ungeachtet der politischen Querelen werden die Fördermittel der AIIB aber gebraucht: Unabhängige Studien beziffern den Investitionsbedarf für den asiatischen Raum auf gewaltige 26 Bill. Dollar bis 2030. Dünne PersonaldeckeAllerdings steht die AIIB auch aus einem anderen Grund unter internationaler Beobachtung: Die Frage lautet, ob ein chinesisch geführtes Institut in der Lage ist, die von den anderen Entwicklungsbanken gesetzten Standards und Best Practices hinsichtlich Corporate Governance, Kreditvergabekriterien, Umweltverträglichkeitsprüfungen und vielem anderen mehr zu erfüllen, bürokratische Exzesse aber zu vermeiden.AIIB-Chef Jin hat sich jedenfalls von Anfang an einem Lean Management verschrieben, das die AIIB zumindest von der Personaldecke her äußerst schlank erscheinen lässt. Gegenwärtig kommt die Förderbank mit einem Stab von 100 Mitarbeitern aus, während bei der ADB rund 2 000 und bei der Weltbank sogar über 10 000 Beschäftigte in Diensten stehen. Grüne FinanzierungenDa die Stärken und auch Interessen Chinas vor allem im Ausbau von Energie-, Transport- und Handelslogistikinfrastruktur liegen, wird es der AIIB nicht leichtfallen, ihr Bekenntnis zu grünen Finanzierungen durchzusetzen.Im bisherigen Portefeuille dominieren Projekte für Erdgas, Stromerzeugung, Hafenanlagen und Eisenbahnanbindungen. Jin schließt zwar nicht aus, dass die AIIB auch bei fossilen Energiequellen und im Kohlebereich aktiv werden könnte. Zugleich betont der Bankpräsident aber, dass bei künftigen Projekten vor allem erneuerbare Energiequellen wie Wasser- und Solarkraft mit im Vordergrund stehen sollen. Gleichzeitig werde die AIIB keine Kompromisse bei der Einhaltung von Umweltstandards sowie der Abschätzung von Umweltfolgen eingehen. Die Bank werde dabei auch strikt auf die Wahrung ihrer Reputation achten.Als kleiner Schritt hin zu einem eigenständigeren Auftritt gilt ein kürzlich arrangiertes erstes Beteiligungsengagement: ein Investment über 150 Mill. Dollar in den India Infrastructure Investment Fund. Das Fördervehikel hat sich bei indischen Unternehmen in den Bereichen Energie, Versorgungswesen, Transport und Telekommunikation engagiert. Bis zum Jahresende sollen die Projektzusagen der AIIB auf 4 Mrd. Dollar anwachsen, was immerhin eine gute Verdoppelung darstellen würde. Im Vergleich mit der ADB allerdings, die in diesem Jahr auf ein Zusagevolumen von knapp 20 Mrd. Dollar kommen dürfte, bleibt die AIIB vorerst eine überschaubare Bank.