Assekuranz forciert Mikroversicherung

Accenture erwartet hohes Wachstum in Schwellenländern - Allianz sieht sich weltweit in Führungsrolle

Assekuranz forciert Mikroversicherung

Große Versicherer aus Industrieländern haben das Geschäft mit Mikroversicherungen aus sozialer Verantwortung begonnen. Mit Policen für die ärmere Bevölkerung in Schwellenländern lässt sich aber auch Geld verdienen. Dafür sind aber ganz neue Ansätze in Produktentwicklung, Verwaltung und Vertrieb notwendig.tl Frankfurt – Mikroversicherungen, also Policen mit niedrigen Prämien für die ärmeren Bevölkerungsschichten der Schwellenländer, sind ein hoch interessantes Betätigungsfeld für Versicherer in den Industriestaaten. Dafür nennt Thomas D. Meyer von der Unternehmensberatung Accenture im Gespräch mit der Börsen-Zeitung zwei Gründe. Zum einen können Absicherungen gegen Ernteausfälle, den Verlust von Kühen oder auch eine Sterbegeldversicherung in Kooperation mit Nichtregierungsorganisationen (NGOs) angeboten werden. Auslöser sind hier oftmals die Grundsätze verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns (Corporate Social Responsibility), denen sich heute praktisch alle großen Unternehmen verschrieben haben.Doch entwickeln die großen Versicherer aus diesen sozial motivierten Projekten auch handfeste, wirtschaftlich tragfähige Kundenbeziehungen. “Während die Märkte in den entwickelten Ländern meist gesättigt sind, lassen sich in den Schwellenländern sowohl in der Komposit- als auch in der Lebensversicherung noch erhebliche Wachstumspotenziale heben”, sagt Meyer. Dabei gehe es um 2 bis 2,3 Milliarden mögliche Konsumenten und ein Prämienvolumen von 30 Mrd. bis 50 Mrd. Dollar jährlich. Die Allianz spricht mit Bezug auf Swiss Re sogar von 4 Milliarden potenziellen Kunden, aber nur 40 Mrd. Dollar Prämieneinnahmen. Von diesem Potenzial wurden 2009 aber erst 135 Millionen Personen mit Policen versorgt, heißt es bei Allianz und Accenture übereinstimmend.Die großen Rückversicherer Munich Re und Swiss Re, aber auch Erstversicherer wie Allianz und Zurich sind schon seit Jahren auf diesem Geschäftsfeld aktiv. Die Allianz versicherte nach eigenen Angaben 2011 in elf Ländern wie Indien, Indonesien, Kamerun, Senegal und Kolumbien 4 Millionen Kunden und hat dabei einen Umsatz von 57 Mill. Euro gemacht. Sie sieht sich damit in der Mikroversicherung weltweit in einer führenden Rolle.Die Allianz betont, dass es in erster Linie um das Sammeln von Erfahrungen gehe. In Mali, Burkina Faso und dem Senegal wurde 2011 ein Pilotprojekt für eine wetterindexierte Versicherung gestartet, die Mais und Baumwolle gegen Dürre versichert. Davon sind bisher 16 000 Policen verkauft worden.Außerdem sollen Risiken aus Ernteverlusten durch Naturkatastrophen an den Versicherungsmarkt transferiert werden. Schließlich wird bei der Allianz diskutiert, ob Bauern mit Hilfe von Mikro-Futures ihre Risiken absichern könnten.Letztendlich will aber auch der deutsche Branchenführer mit Mikroversicherungen Geld verdienen. “Aufgrund winziger Gewinnspannen pro Police sind Mikroversicherungen nur profitabel, wenn eine große Zahl standardisierter Produkte mithilfe standardisierter Prozesse verkauft werden kann”, heißt es auf der Allianz-Homepage.Für Accenture-Manager Meyer ist klar, dass an Kooperationen kein Weg vorbeiführt. Dazu gehören neben NGOs – die Allianz kooperiert etwa mit der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GIZ – staatliche Einrichtungen, aber auch Telekommunikationsunternehmen, Getränkeverteiler oder Düngemittelhersteller. Als Beispiel nennt Meyer den Düngemittelhersteller Syngenta, der in vielen Schwellenländern über einen eigenen Vertrieb verfügt. Die Stiftung Syngenta Foundation bietet in Kooperation mit der französischen UAP in Kenia Ernteausfallpolicen nach dem Prinzip “pay as you plant” an. Bei Zahlungsvorgängen bieten sich Mobilfunktechnologien an. Erste Versuche damit macht die Allianz in Afrika. Nicht zuletzt kann aber auch das heimatliche Geschäft profitieren, indem neue Denkansätze und Technologien, die für Mikroversicherungsangebote entwickelt wurden, in den etablierten Märkten angewendet werden. Bei der Allianz betont ein Sprecher die Kundennähe, die durch die gemeinsame Entwicklung von Mikroversicherungsprodukten entstanden sei. Sie sei größer als in den etablierten Märkten. Meyer nennt Policen für Rockkonzerte oder riskante Skipisten, die sich kurzfristig für wenig Geld per Handy abschließen ließen.