Assekuranz im Fusionsfieber

Die größten US-Krankenversicherer verhandeln milliardenschwere Deals

Assekuranz im Fusionsfieber

In der US-Krankenversicherungsbranche ebbt die Konsolidierungswelle nicht ab. Die fünf größten Anbieter sind derzeit allesamt als Käufer oder Übernahmeziel im M & A-Markt unterwegs. Selbst bei erfolgreicher Einigung droht ein Stopp durch die Wettbewerbshüter.scd New York – Die Fusionswelle im US-amerikanischen Krankenversicherungsmarkt bringt die lange erwarteten Zusammenschlüsse der größten Branchenvertreter näher. Anthem, nach Marktkapitalisierung die Nummer 2, bestätigte am Montag ihre 47,5 Mrd. Dollar schwere Offerte für Cigna, die Nummer 4. Das Kaufangebot über 184 Dollar je Anteilschein in bar und Aktien war am Wochenende öffentlich gemacht worden, um den Druck auf das ablehnende Cigna-Management zu erhöhen. Bereits am Sonntag wies Cigna die Offerte ebenfalls öffentlich als “unzureichend und nicht im besten Interesse der Cigna-Aktionäre” zurück. Letztere will Anthem nun direkt überzeugen.Derweil wird parallel die nächste multimilliardenschwere Übernahme verhandelt. Aetna, die Nummer 3 nach Börsenwert, soll Humana, der Nummer 5, ein Übernahmegebot vorgeschlagen haben. Humana wird an der Börse derzeit mit rund 30 Mrd. Dollar bewertet. Mit dem Akquisitionsvorstoß dürfte Aetna auch versuchen, sich den kaufhungrigen Marktführer United Health Group vom Hals zu halten. Diese hatte unlängst versucht, Aetna von einer Fusion zu überzeugen, nachdem sie im März bereits die kleinere Catamaran für fast 13 Mrd. Dollar übernommen hatte (vgl. BZ vom 31. März). Humana hatte sich vor wenigen Wochen mit Unterstützung von Goldman Sachs derweil selbst ins Schaufenster gestellt. Damals hieß es, Aetna und Cigna könnten interessiert sein. Nachdem Aetna nun offenbar Interesse bekundet hat, könnte auch Cigna, die den unerbetenen Übernahmevorstoß von Anthem abwehren will, bald ihren Hut in den Ring werfen, spekulieren US-Branchenkenner. Streit um CEO-PostenHauptstreitpunkt zwischen Anthem und Cigna ist derweil nicht der Preis, sondern die künftige Führungsstruktur im fusionierten Unternehmen, teilt Anthem mit. Cigna-CEO David Cordani bestehe darauf, auch im kombinierten Unternehmen an der Spitze zu stehen – wenn nicht sofort, dann nach einer vereinbarten Übergangsfrist. Anthem, die nach eigenen Angaben bereits seit August 2014 mit Cigna verhandelt, will dies aber nicht garantieren und stattdessen den eigenen Chief Executive Joseph Swedish an der Spitze belassen. Er solle auch die Integration allein leiten. Cigna bezeichnete diesen Vorschlag in der öffentlich gemachten Ablehnung als “irritierend” und “riskant”. Ziel müsse vielmehr eine Zusammenarbeit bei der Integration sein.Dass die Fusionsbestrebungen der großen Branchenvertreter zuletzt so stark zugenommen haben, führen Branchenexperten auf mehrere Faktoren zurück. Erstens dürfte die zusätzliche Größe den Unternehmen helfen, mit den gestiegenen Kosten der neuen Gesundheitsvorsorgegesetzgebung zurechtzukommen. Zweitens versuchen alle Versicherer, pünktlich zum Start des Übergangs der Babyboomer-Generation ins Rentenalter eine höhere Präsenz im Markt für die private Abrechnung staatlich gestützter Gesundheitsvorsorgeprogramme wie “Medicare Advantage” zu erhalten. Das Geschäft gilt als besonders wachstumsstark und potenziell lukrativ. Neben United Health ist hier vor allem Humana stark aufgestellt. Aetna, Anthem und Cigna hinken etwas hinterher. Weniger WettbewerbEin dritter Grund für den Fusionsreigen sollen die Wettbewerbshüter sein, die wohl nur noch eine oder zwei größere Übernahmen genehmigen, ehe der Markt als zu konzentriert gelte. Doch schon die jetzt vorgeschlagenen Übernahmen könnten zumindest regional auf kräftigen Widerstand der Wettbewerbshüter treffen. Laut “Wall Street Journal” würde eine Kombination von Aetna und Humana für 180 US-Bezirke – vor allem im Mittleren Westen und Süden der USA – bedeuten, dass dort jeweils mindestens 75 % aller Medicare-Advantage-Versicherten beim dortigen Marktführer Aetna-Humana ihre Leistungen beziehen. Zudem würde in mehreren Staaten ein Wettbewerber von den Krankenversicherungsbörsen verschwinden. Für die Versicherten könne es dann schnell teurer werden, fürchten Experten.—– Wertberichtigt Seite 8