Assetmanagement in Zeiten von Niedrigzins und Corona
Spätestens seit dem Februar 2020 ist nichts mehr, wie es war. Die Welt hat durch Corona ihr Gesicht verändert. Und das weit mehr, als es durch das Tragen von Schutzmasken oder das Abstandhalten im öffentlichen Raum deutlich wird. Politik, Wirtschaft, aber auch unser gesellschaftliches Miteinander präsentieren sich in einer Art und Weise, die noch vor wenigen Monaten undenkbar schien. Regierungen beschließen Hilfsprogramme historischen Ausmaßes, um die besonders betroffenen Branchen zu unterstützen, Unternehmen stellen binnen kürzester Zeit auf einen Geschäftsbetrieb im Homeoffice um, und Millionen Menschen begeben sich freiwillig in die heimische Isolation. Blick nach vorn richtenMit dem Auftreten der Viruspandemie ist einiges zusammengekommen. Die Märkte haben zu Beginn der Coronakrise stark korrigiert, und alle Wirtschaftsforscher erwarten einen deutlicheren Einbruch der globalen Wirtschaftsleistung als während der Finanzkrise 2008.Bei all diesen gewaltigen Schwierigkeiten und Herausforderungen dürfen wir uns jedoch den Blick nach vorn nicht verstellen lassen. Denn erfahrungsgemäß bieten sich gerade in Krisenzeiten auch Chancen, weil bestehende Veränderungsprozesse beschleunigt werden oder neue in Gang kommen. Beispiel Digitalisierung: Die Pandemie und ihre Umstände haben dazu geführt, dass digitale Angebote in den vergangenen Wochen an Akzeptanz gewonnen haben und zu den Marktgewinnern gehören. Thema NachhaltigkeitOder das große Thema Nachhaltigkeit: Auch hier ist damit zu rechnen, dass die staatlichen Impulse den Trend zur Transformation der Wirtschaft beschleunigen können. Experten fordern, dass Wiederaufbauprogramme eng mit dem Kampf gegen den Klimawandel verbunden werden, um der neben der aktuellen Krise zweiten großen Herausforderung für die Menschheit zu begegnen. Verknüpft mit den Forderungen nach mehr Nachhaltigkeit ist der steigende Anspruch an unternehmerische Verantwortung, der bereits vor der Krise neue Bedeutung erlangt hat und dies voraussichtlich weiter tun wird. Denn Unternehmen stehen heute viel stärker im Licht der Öffentlichkeit und kommen um ein sinnstiftendes Wertegerüst nicht mehr herum.Kurzum: Zeiten der Veränderung sind immer auch Zeiten des Aufbruchs. Neue unternehmerische Ideen werden geboren und damit der Grundstein für neue Arbeitsplätze gelegt. Für uns als genossenschaftliche Finanzgruppe ist das nichts Neues. Denn in unserer über 150-jährigen Geschichte haben genossenschaftliche Institutionen schon viel Wandel initiiert, gefördert und begleitet. Wirtschaft ist und war nie ein statisches Gebilde, sondern immer ein dynamischer Prozess mit Zyklen und Veränderungen. Ein Aspekt, von dem unsere Anleger und wir in unserer Rolle als Assetmanager übrigens profitieren. Denn unser Geschäftsmodell basiert auf wirtschaftlicher Aktivität und unternehmerischen Innovationen. Wer frühzeitig sein Handeln auf Neues einstellt und Chancen nicht nur sucht, sondern sie aktiv nutzt, kann den Wandel positiv gestalten. Hier sehen wir Union Investment gemeinsam mit unseren Partnerbanken gut aufgestellt. Wichtiger EtappensiegDenn eines ist auch klar: Die Herausforderungen für unsere Kunden sind durch die Coronakrise nicht anders geworden, höchstens noch drängender. Denn die Entscheidungen der Notenbanken zementieren den Null- und Niedrigzins auf unbestimmte Zeit. Deshalb wird das Thema Sparen und Anlegen auch weiter wichtig sein. Wir müssen daher das wertpapierbasierte Sparen und Anlegen noch tiefer in der breiten Bevölkerung verankern. Dabei konnten wir offenbar einen wichtigen Etappensieg auf dem Weg der Evolution des Sparens erzielen. Denn erstmals in einer Zeit deutlicher Kurskorrekturen an den Kapitalmärkten sind insbesondere die Privatanleger nicht scharenweise und in Panik aus ihren Wertpapieren geflüchtet.Ganz im Gegenteil, sie haben ruhig und besonnen gehandelt und das Prinzip der Langfristigkeit ihrer Anlagen nicht nur verstanden, sondern auch gelebt. Besonders erfreulich ist dabei, dass Union Investment während der ersten Krisenwochen sogar mehr neu abgeschlossene Sparverträge als Kündigungen verbuchen konnte. So stieg die Gesamtzahl der klassischen Sparpläne vom Jahresbeginn bis Ende April insgesamt um weitere 156 000 an. Zugleich gehört Union Investment zu den ganz wenigen Gesellschaften, die bislang in diesem Jahr über einen positiven Nettoabsatz berichten können. Gerade Privatanleger haben sich in dieser Phase als stabiles Rückgrat erwiesen. Diese neue Standhaftigkeit und Offenheit der Sparer stimmt uns auch mit Blick nach vorn positiv.Dennoch dürfen wir in unserem Bestreben, das Wertpapiersparen in weiten Teilen der Bevölkerung zu verankern, nicht nachlassen. Es ist zwar damit zu rechnen, dass die Sparquote nicht sinkt, möglicherweise sogar steigt. Das ist grundsätzlich positiv, denn die Menschen übernehmen so Verantwortung für sich selbst. Allerdings ist nach den Erfahrungen der vergangenen Krisen davon auszugehen, dass viele zunächst mit der Absicht sparen, einfache Rücklagen zu bilden. Der Gefahr begegnenDie langfristige Vermögensbildung kann dabei durchaus Gefahr laufen, an Bedeutung zu verlieren. Für den Sparer wäre das ein Rückschritt. Denn wer sich allein mit dem Zurücklegen eines Notgroschens zufriedengibt, zahlt am Ende drauf, da die Inflation seine Rücklagen entwertet. In Zeiten niedriger Zinsen steht fest: Vermögenserhalt geht in Zukunft nur noch über echte Vermögensbildung. Und das bedeutet, Sparer müssen auf Fondslösungen mit Wertpapieren setzen. Hier gilt es, individuelle Lösungen zu finden, die Privatanlegern Sicherheit geben, aber auch die Chance auf eine Rendite oberhalb der Inflationsrate. Mit zinsbasierten Anlagen allein wird das auf absehbare Zeit nicht möglich sein.Entscheidenden Anteil an diesem Unterfangen haben die Bankberater der genossenschaftlichen Finanzgruppe, die ihren Kunden in diesen unruhigen Zeiten zur Seite stehen. So sind sie wichtige Sparringspartner, die vor übereilten Entscheidungen schützen können. Egal ob per Video, Telefon, Chat oder doch von Angesicht zu Angesicht: Beratung ist ein nicht zu unterschätzender Baustein des Erfolgs des genossenschaftlichen Fondsgeschäfts. Die dezentrale Aufstellung und der persönliche Kontakt mit Experten vor Ort sind der Schlüssel für den Erfolg der genossenschaftlichen Finanzgruppe. Privatanleger wünschen sich einen Partner an ihrer Seite, dem sie vertrauen können, der ihnen gerade in Krisenzeiten Rede und Antwort steht. Die Beraterinnen und Berater der genossenschaftlichen Finanzgruppe haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie dazu in der Lage sind. Wenn es gelingt, diese Bemühungen weiter voranzutreiben, wird dies für unsere Partnerbanken in einem herausfordernden Umfeld ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des eigenen Geschäfts bleiben und damit auch zur Stärkung der eigenen Rolle als nutzenstiftender regionaler Partner für Mitglieder und Kunden beitragen.Das alles zeigt: Ganz gleich, wie sehr so vieles auf der Welt gerade durcheinandergeraten ist, die Dinge werden sich neu sortieren. Für uns als genossenschaftliche Finanzgruppe ist dies eine große Herausforderung, aber auch eine enorme Chance. Denn mit unseren Antworten beim Sparen und Anlegen bieten wir nicht nur nutzenstiftende, sondern auch zukunftsorientierte Lösungen, die uns allen dabei helfen können, die Evolution des Sparens auf die nächste Stufe zu heben. Hans Joachim Reinke, Vorstandsvorsitzender von Union Investment