Assetmanager gehen Blockchain behutsam an

Studie von Oliver Wyman und J.P. Morgan legt Anwendung im Datenhaushalt nahe - Häuser aus Bankenkontext machen den Anfang

Assetmanager gehen Blockchain behutsam an

Die Assetmanagement-Branche muss zunehmend ihre Geschäftsmodelle hinterfragen, womit grundsätzliche Fragen auf die Agenda rücken. Im Rahmen der Digitalisierung kann das ein Treiber für die Aufnahme von Blockchain-Projekten sein, so eine Studie von Oliver Wyman und J.P. Morgan.bg Frankfurt – Während Banken und Marktinfrastrukturbetreiber das Thema Blockchain inzwischen offensiv angehen, hat die Assetmanagement-Industrie bislang eine gewisse Zurückhaltung an den Tag gelegt. Dabei reift allerorten die Erkenntnis, dass diese Datenbank-Technologie prädestiniert sein könnte, einige der Probleme zu lösen, die auch das Gros der institutionellen Geldverwalter plagt. Und dass es sich lohnen kann, sich schon frühzeitig mit diesem entstehenden Technologie-Umfeld zu beschäftigen, das haben Oliver Wyman und J.P. Morgan nun in der gemeinsamen Studie “Unlocking Economic Advantage with Blockchain” dargelegt. Pilotprojekte ab 2017″Unser Petitum ist, dass es sinnvoll ist für Assetmanager, sich dem Thema heute schon aktiv zu widmen, weil es zur strategischen Positionierung und Differenzierung beiträgt”, sagt Matthias Hübner, Partner bei Oliver Wyman mit Zuständigkeit für Wealth & Assetmanagement. Er rechnet damit, dass die ersten Pilotprojekte schon in ein oder zwei Jahren mit dem erforderlichen Proof of Concept erfolgen werden, es bis zu einer flächendeckenden Durchdringung aber noch lange hin ist. Hübner vermutet, dass jene Häuser vorpreschen werden, die sich in einem Bankenkontext befinden. “Das schwappt dann von anderen Geschäftsfeldern rüber.” Zudem könne die Aufnahme von echten Blockchain-Projekten dazu beitragen, “das Haus als innovativ zu positionieren.” Hier bestehe Aufholbedarf, seien viele Assetmanager als Ganzes in der Kundenwahrnehmung doch austauschbar oder definierten sich über Flagship-Produkte. “Einigen Häusern würde hier etwas mehr Experimentierfreude durchaus guttun. Und wenn sowieso Digitalprojekte angeschoben werden, gibt es vielleicht auch eher Raum für einen Blockchain-Piloten.”Was sich als Treiber erweisen kann, ist der Umstand, dass derzeit die Geschäftsmodelle in den Gesellschaften hinterfragt werden müssen und somit grundsätzliche Fragen auf die Agenda rücken. Inmitten von Niedrigzinsumfeld und verschärfter Regulierung hat man zähneknirschend realisiert, dass die besten Zeiten vorbei sind und man sich “ein Stück weit neu erfinden muss”, sagt Hübner. Und da die Blockchain dazu beitragen kann, Effizienzgewinne beim Daten- und Prozessmanagement zu heben und “so auf der Kostenseite der GuV einzuzahlen”, besteht ein guter Ansatzpunkt.”Datenhaushalte sind seit geraumer Zeit eines der ungelösten Probleme der Branche. Das betrifft alle Arten von Daten, egal ob es sich um Marktdaten, Portfolio-Bestandsdaten oder Kundendaten handelt – es ist vieles stark fragmentiert in unterschiedlichen Silos und lässt sich nicht zusammenfügen.” Zwar habe es mal eine Diskussion gegeben, ob man Back- und Middle-Office-Funktionen wie solche der Fondsbuchhaltung bündeln sollte, aber das sei im Sande verlaufen. Asset-Pool vergrößernDabei will Hübner den Einsatz der Blockchain nicht als reines Kostenthema verstanden wissen. Denn über intelligentere Datennutzung könne sich ein besserer Hebel für das Servicing von Kunden ergeben. “Da geht es um Reporting und Zusatzleistungen, die man als Assetmanager bepreisen kann. Das wird sicher auf der institutionellen Seite starten. Wie weit man das auf der Retail-Seite zugänglich machen kann, ist offen.” Diese Erweiterung des Produkt- und Lösungsangebotes kann zum Beispiel durch die Einbeziehung illiquider Assetklassen geschehen. “Aktien und Bonds sind kein Problem, aber im Niedrigzinsumfeld steigt der Appetit auf alternative Assets. Und mit der Blockchain könnten solche Tranchen besser handelbar gemacht werden. Das vergrößert den Asset-Pool.”Bei Mehrwertdiensten geht es dann um individualisiertes Echtzeit-Reporting von Performance und Risiken, was “selbst im institutionellen Geschäft nicht auf der Höhe der Zeit” sei, sagt Hübner. “Derzeit ist das in manchen Firmen noch eher die alte Excel-Welt mit Datenabgleich einmal am Tag.” In Zukunft müssten Kundenbedürfnisse aber passgenauer bedient werden – und dazu bedarf es eines ganzheitlichen Blickes auf Kunden-Assets. Dafür seien dann auch nichtliquide Assets für die Portfolio-Konstruktion stärker in die Bewertung mit einzubeziehen, als das historisch der Fall ist. In der RenditewüsteBislang habe die Branche illiquide Assets vernachlässigt, sind diese doch schwerer zugänglich. Außerdem war ein Investment für manche Anlegergruppen aus regulatorischen Gründen erschwert. Aber die Zeiten, in denen es Investoren reichte, sich auf Pfandbriefe und Staatsanleihen für die Deckung der Passivseite zu beschränken, sind vorbei. Denn angesichts der Renditewüste stehen auch Assetmanager jetzt vor der Frage, wie sie die Reallokation ihrer Kunden unterstützen können. Über Immobilien hinaus hätten einige Profianleger historisch noch nicht viel gemacht, würden sich jetzt aber mit entstehendem Angebot auch weiteren alternativen Assets zuwenden, sagt Hübner. Das könnten dann Papiere auf der Kreditseite sein, seien es Unternehmens- oder Projektfinanzierungen, etwa im Infrastrukturbereich. Eine echte InnovationDass die Blockchain als Datenbank-Technologie rund um den Transfer und das Speichern von digitalen Assets taugt, davon geben sich J.P. Morgan und Oliver Wyman in der Studie überzeugt. Das Interesse und die daraus abgeleiteten Investments in die Erprobung von Anwendungen hätten eine kritische Masse erreicht, heißt es da. Inzwischen sei ein Konsens hergestellt, dass Blockchain eine echte Innovation darstelle, die sich mit ihren Konsensus-Algorithmen in rasanter Geschwindigkeit weiterentwickeln werde. Größte Herausforderungen sind robuste Sicherheits-Audits, die Skalierbarkeit der Technologie sowie Fragen der digitalen Besitzrechte und ihrer Durchsetzbarkeit. Wenn Herdentrieb einsetztDie Adaption der Blockchain in der Assetmanagement-Industrie dürfte der Studie zufolge in vier sich überlappenden Wellen erfolgen. Der Punkt, dass Blockchain-Systeme alte IT-Marktinfrastruktur ablösen, wird der Studie zufolge erst für 2020 erwartet. Das Abschalten von Altsystemen ist aus Sicht des COO und des IT-Verantwortlichen jedoch eine ganz entscheidende Frage, denn damit sind signifikante Einsparungen verbunden.Trotzdem ist es ratsam, sich schon jetzt mit der Technologie zu beschäftigen. Denn als Nachzügler würde man später “nur Lösungen von der Stange erhalten, die der Wettbewerb auch schon hat”, befürchtet Hübner. Und so würden Chancen vergeben. “Keiner will der Erste sein – aber wenn die anderen etwas mit einem kompetitiven Vorteil haben, dann setzt der Herdentrieb ein.”