Vergütung

Assetmanager legen bei Neueinstellungen drauf

Im Assetmanagement läuft der Stellenmarkt heiß: Bei Headhuntern wird die Entwicklung als „teils schon nicht mehr gesund“ bezeichnet, Destatis misst einen deutlichen Anstieg der Vergütung.

Assetmanager legen bei Neueinstellungen drauf

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Dass im Assetmanagement hoher Margendruck herrscht und gerade mittelgroße, wenig spezialisierte Anbieter es zunehmend schwer haben, im Wettbewerb zu bestehen, darüber herrscht Konsens im Markt. Und auch wenn dieser Befund auf lange Sicht zutrifft – diametral entgegen steht dem, was derzeit bei Headhuntern zu hören ist: Intensive Personalakquise statt Stellenabbau lautet demnach die Devise in der Branche. „Es ist unglaublich“, berichtet Klaus Robert Biermann, Gründer des auf Assetmanagement und Private Banking spezialisierten Headhunters Biermann Neff, der Börsen-Zeitung. Man habe es derzeit mit einem Arbeitnehmermarkt zu tun: Kandidaten hätten regelmäßig die Wahl zwischen potenziellen Arbeitgebern und könnten entsprechende Aufschläge in der Vergütung durchsetzen. Diese seien inzwischen regelmäßig Bedingung für einen Wechsel. Seine Erklärung für diese Entwicklung: Die geldpolitisch induzierte Liquiditätsflut schlage sich nicht nur an den Märkten, sondern eben auch in den Produkten nieder. Assetmanager vertrieben höhere Stückzahlen, zudem verlagere sich der Vertriebsmix weg von margenschwächeren Fixed-Income- sowie passiven Anlagen hin zu lukrativeren Produkten mit Dividendentiteln und Beteiligungskapital. Aus diesen Beobachtungen geht hervor, wie die Geldpolitik die Rahmenbedingungen einer Branche bestimmen, die angesichts eines langfristigen Booms passiver Anlagen und in Erwartung einer Konsolidierung die Flagge bereits auf halbmast gehängt hatte. So hatte im vergangenen Jahr etwa Allianz Global Investors (AGI) mit einem massiven Stellenabbau von sich Reden gemacht.

Biermann schätzt, dass sich die Vergütungen allein in den zurückliegenden 24 Monaten um 15 bis 20% erhöht haben, und zwar vor allem im Vertrieb bei Institutionellen und im Wholesale-Sektor, aber auch auf Ebene des Portfoliomanagements, etwa in den Segmenten Multi-Asset. Zugleich habe die Pandemie die Macht von Landesgesellschaften gestärkt. Denn in einer solchen Krise brauche man Leute vor Ort, die schnell reagieren könnten. Sein Eindruck deckt sich mit Daten von Destatis, denen zufolge die Vergütung etwa im Fondsmanagement seit vorvergangenem Jahr erkennbar angezogen hat (siehe Grafik). In der obersten von vier Leistungsgruppen waren im ersten Quartal demnach für Vollzeitbeschäftigte monatlich ohne Sonderzahlungen brutto 7686 Euro drin, 12% mehr als 2019 – allerdings weist Destatis darauf hin, dass die Zahlenwerte in diesem Subsegment des Arbeitsmarkts „statistisch relativ unsicher“ seien.

Mitarbeiter werden „gedreht“

Biermann jedenfalls hält den momentanen Aufschwung für „teils schon nicht mehr gesund“. Teilweise würden Mitarbeiter, nachdem sie gekündigt hätten, um zu wechseln, „gedreht“, indem der bisherige Arbeitgeber finanziell nachbessere: „Das haben wir seit vielen Jahren nicht mehr erlebt.“ Reizvoller sei aus Sicht eines Headhunters dagegen ein Markt mit weniger Kandidaten und Mandaten, die Überzeugungsarbeit erforderten.

„Von der Pandemie hat die Branche zum Glück nicht viel gemerkt“, konstatiert der Headhunter, der mit acht Mitarbeitern und Büros in Frankfurt und Zürich „Executive Search & Talent Selection“ betreibt. So hätten sich Assetmanager in der Coronakrise recht reibungslos auf einen digitalen Betrieb verlegen können, auch weil Kunden dazu bereit gewesen seien, dies zu akzeptieren. Entsprechend habe es Zeit und Aufwand gespart, wenn etwa Anlageausschüsse nur mehr digital getagt hätten.

Einen regelrechten „War on Talents“ macht Biermann derzeit im Werben um höherrangige Mitarbeiter aus, die Erfahrung im Sektor ESG mitbringen: „Die Gehälter im ESG-Seg­ment sind sehr stark gestiegen.“ Assetmanager, die darauf bestünden, einen hohen Anteil der Vergütung variabel zu zahlen, drohten ins Hintertreffen zu geraten.

Die Perspektiven des Arbeitsmarktes auf mittlere bis langfristige Sicht beurteilt gleichwohl auch er skeptisch: „Noch baut manche ausländische Gesellschaft ihre Kapazitäten hierzulande aus“, sagt er. „Der Margendruck aber wird irgendwann kommen. Es ist überfällig, dass wir einen Abschwung im Markt sehen.“