IM GESPRÄCH: CHRISTIAN THIMANN

Athora will den Markt aufrollen

Lebensversicherer bietet mit Bestandsabwicklung und Rückversicherung zwei Run-off-Alternativen an

Athora will den Markt aufrollen

Abwicklungsplattformen in der Lebensversicherung sehen sich hierzulande mitunter erheblichem Misstrauen ausgesetzt. Athora, einst bekannt als Athene, will sich unter Leitung ihres neuen Chefs Christian Thimann daran versuchen, das Image zu verbessern – mit Überzeugungsarbeit und angepasstem Geschäftsmodell.Von Antje Kullrich, FrankfurtDie Verwaltung von Lebensversicherungsportfolien durch externe Abwicklungsspezialisten macht Schule. Viridium will die Generali Leben übernehmen, die Frankfurter Leben ist dabei, sich nach einem Vertragspaket der Basler und der Arag Leben auch zwei Pensionskassen in den Bestand zu holen. Der dritte relevante Anbieter am deutschen Markt Athora (ehemals Athene) ging bei den jüngsten Transaktionen leer aus. Der neue Chef Christian Thimann soll das nun ändern. Er hat sich dabei viel vorgenommen. ImageproblemDer früherer Berater von Mario Draghi, der zuletzt als Strategiechef bei der Axa in Paris wirkte, will nicht nur Geschäft an Land ziehen, sondern auch das Image der Abwickler für Lebensversicherungen in Deutschland drehen. Den gängigen Begriff Run-off-Plattform hört er gar nicht gerne. “Bestandsversicherer” findet er viel besser. Das Image der spezialisierten Abwickler ist schlecht, das weiß auch Thimann. Das Misstrauen bei Verbraucherschützern und in der Politik sitzt tief – weil die Run-off-Anbieter allesamt neu am Markt sind, internationale Finanzinvestoren hinter sich haben und in der Frage, wie sie auf lange Sicht ihre Kunden behandeln, keine Historie vorweisen können. Den Vorbehalten will Thimann einerseits mit Überzeugungsarbeit begegnen – er reist derzeit viel herum -, andererseits mit dem modifizierten Geschäftsmodell von Athora. Neben der klassischen Übernahme von Lebensversicherungsbeständen und deren Weiterführung bietet das Unternehmen auch Rückversicherungslösungen an. Die Idee: Ein Lebensversicherer gibt sein Marktrisiko, das in den Kapitalanlagen auf der Aktivseite steckt, sowie die versicherungstechnischen Risiken auf der Passivseite, sprich die Verpflichtungen aus den Versprechen an die Kunden, an Athora als Rückversicherer weiter und zahlt dafür eine Prämie. Der Lebensversicherer entledigt sich damit seiner relevantesten Risiken und setzt viel Kapital frei, das er nach den Regeln von Solvency II sonst vorhalten müsste. “Ökonomisch wirkt das ähnlich wie ein Verkauf, aber der Versicherer erhält seine Kundenbeziehung”, erläutert Thimann.Während die Abwicklungskonkurrenten mit ihren Kostenvorteilen durch moderne IT-Systeme und effiziente Bestandsverwaltung werben, sagt Thimann: “Unser Schwerpunkt liegt nicht allein in der Kostensenkung, sondern vor allem auf dem Anlage- und Risikomanagement.” Der Manager verweist darauf, mit Apollo einen Assetmanager im Rücken zu haben, der einen ganz anderen Zugang zu Unternehmensanleihen und -krediten habe als mittlere und kleinere deutsche Lebensversicherer. Athora könne damit ein besseres Rendite-Risiko-Profil darstellen. “Bereits 30 oder 50 Basispunkte mehr machen schon einen enormen Unterschied aus.” Die in London ansässige Apollo ist mit 6 % an der europaweit tätigen Athora Holding beteiligt, unter der Athora Deutschland hängt, und verwaltet weltweit ein Vermögen von rund 250 Mrd. Dollar. “Klein anfangen”Den Charme der Rückversicherungslösung sieht Thimann auch darin, dass es für den Lebensversicherer keine Alles-oder-nichts-Entscheidung ist: “Man kann klein anfangen.” Die Rückversicherungsquote könne Schritt für Schritt erhöht werden, wenn der Lebensversicherer gute Erfahrungen damit macht. Der Risikoträger für die Rückversicherung ist dabei in Irland oder Bermuda angesiedelt. 5 Mrd. Euro AnlagevolumenSeit Juni ist der 52-Jährige Chef von Athora Deutschland. Im April vergangenen Jahres bekam die heutige Athora für die europäischen Aktivitäten 2,2 Mrd. Euro Kapital bereitgestellt. Seitdem hat der Abwickler einen Bestand von Aegon Irland sowie Anfang dieses Jahres ein Portfolio der Generali Belgien übernommen. Athora Deutschland hat schon vor Jahren Delta Lloyd übernommen und verwaltet heute in Wiesbaden mit knapp 200 Beschäftigten ein Anlagevolumen rund 5 Mrd. Euro und hat 200 000 Kunden.Mit Geschäftsplänen hält Thimann hinterm Berg. Zu Renditezielen der Eigentümer oder angepeilten Volumina will er sich nicht äußern. “Wir sondieren den Markt und sind in Gesprächen mit Unternehmen.” Wann die erste Transaktion in Sachen Rückversicherungslösung gelingt oder weitere Bestände zu Athora wandern, dazu wagt er keine zeitliche Prognose. Mit den bereitstehenden Mitteln im Hintergrund ist er zuversichtlich, ein hohes zweistelliges Milliardenvolumen an Kapitalanlagen aufnehmen zu können.