Auch in Afrika sind UN-Nachhaltigkeitsziele ein Thema

Finanzierung dezentraler Energieversorgungskonzepte in den Staaten südlich der Sahara ist ein wichtiger Beitrag zu deren Umsetzung

Auch in Afrika sind UN-Nachhaltigkeitsziele ein Thema

Die Umsetzung der UN-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (UN Sustainable Development Goals, SDG) hat sich in Deutschland und anderen europäischen Staaten zu einem wesentlichen Baustein politischer und wirtschaftlicher Konzepte entwickelt. Nicht zuletzt die guten Ergebnisse der Grünen in Meinungsumfragen und Wahlen zeigen, dass Nachhaltigkeitsthemen einen festen Platz in der politischen Debatte haben. Im Kern geht es dabei immer wieder um die Frage, wie Wirtschaft und privater Konsum sich ändern müssen, um vorhandene Ressourcen nachhaltiger zu nutzen und den Zugang zu diesen gerechter zu gestalten. Eine andere PerspektiveAuch in den Staaten Afrikas sind die UN-Nachhaltigkeitsziele ein Thema. Hier ist die Perspektive allerdings eine andere. Denn während in den meisten westlichen Ländern über Wohlstandsverzicht gestritten wird, stehen viele afrikanische Staaten, vor allem südlich der Sahara, dabei noch am Anfang der wirtschaftlichen Expansion oder sogar ihrer Entwicklung. Die nationalen Ziele bestehen hier häufig immer noch im Aufbau einer Grundversorgung, etwa bei der Stromversorgung.Weltweit haben 1,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu Elektrizität, davon allein 620 Millionen in den Ländern des südlichen und zentralen Afrika. Wo es eine netzgebundene Stromversorgung gibt, ist sie oftmals durch Stromausfälle geprägt. Einer Studie der Weltbank und des Forschungsinstituts Bloomberg New Energy Finance (BNEF) zufolge fällt beispielsweise in Nigeria mehr als 30-mal im Monat der Strom aus, die Ausfälle können dabei weit über zehn Stunden dauern.Die Konsequenzen der mangelhaften Versorgung sind vielschichtig. Häufig müssen Holz und Diesel als Energiequellen, etwa für das Kochen und die Beleuchtung, den fehlenden Strom ersetzen. Das erhöht zwangsläufig die Explosions- und Brandgefahr in Dörfern und Städten und führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Menschen durch Lärm und Abgase der Generatoren. Hinzu kommt der Anstieg der CO2-Emissionen. Gleichzeitig leidet die Gesundheitsversorgung. Nach einer Studie der Weltgesundheitsorganisation hat rund ein Viertel der Kliniken in elf afrikanischen Staaten keinerlei Anbindung an irgendeine Energieversorgung. Ohne Elektrizität aber lassen sich Operationssäle in Krankenhäusern nicht beleuchten und Medikamente nicht kühlen – in den von Epidemien und Tropenkrankheiten geplagten ländlichen Regionen Afrikas ein weiteres Risiko für die Menschen.Das Fehlen von Elektrizität stellt ein wesentliches Hemmnis für die Entwicklung einer modernen Wirtschaft dar. Einem Bericht des “Economist” zufolge schätzt die Weltbank, dass die Staaten südlich der Sahara ein um 2 Prozentpunkte höheres Wachstum verzeichnen könnten, wenn sie über eine stabile und zuverlässige Stromversorgung verfügen würden. Die Internationale Energieagentur (International Energy Agency, IEA) beziffert den Umsatzausfall von Unternehmen in afrikanischen Staaten durch Stromausfälle im Durchschnitt auf fast 5 % pro Jahr. Rund 53 % der Firmen unterhalten deshalb eigene Dieselgeneratoren – auch hier mit den entsprechenden negativen Auswirkungen auf Menschen und CO2-Emissionen.Seit mehreren Jahrzehnten priorisieren die Regierungen der Länder südlich der Sahara den Ausbau ihrer Stromnetze. Das Erreichte bleibt jedoch hinter dem zurück, was die Gesellschaften allein aufgrund ihres Wachstums benötigen. Nach Schätzungen der UN könnte sich die Bevölkerung Afrikas bis 2050 von derzeit knapp 1,3 Milliarden Menschen auf rund 2,5 Milliarden nahezu verdoppeln. Der Energiebedarf nimmt damit in den nächsten Jahren weiter zu.Die Hoffnung, das afrikanische Elektrizitätsproblem auch unter Berücksichtigung der SDG in den Griff zu bekommen, ruht heute zunehmend auf regenerativen Energien. Sie eignen sich aus Sicht von Entwicklungsexperten vor allem aus zwei Gründen. Zum einen nutzen sie die vor Ort vorhandenen Ressourcen und sind nicht auf Zulieferung von preisvolatilen Energieträgern und Brennstoffen angewiesen, was aufgrund der unzulänglichen öffentlichen Infrastruktur vieler afrikanischer Staaten ein wichtiges Argument ist. Zum anderen verhindert ihre Nutzung von vornherein einen Anstieg der CO2-Emissionen und bietet die Chance, die Länder auf einen CO2-neutralen Wachstumspfad zu bringen. Im Fokus steht dabei vor allem der Einsatz von Fotovoltaik. Verglichen mit anderen regenerativen Energiequellen wie Wind- oder Wasserkraft ist sie technisch einfacher und standortunabhängig. Sie eignet sich deshalb zur Nutzung in Insellösungen wie Einzelhäusern und ländlichen Gebieten.Um die Finanzierung entsprechender Projekte zu ermöglichen, nutzen Entwicklungsinstitutionen zunehmend Public-Private-Partnership-Lösungen. So hat beispielsweise der Green Climate Fund der UN gemeinsam mit der DWS als Investment Manager das Konzept “Universal Green Energy Access Program” für die Länder südlich der Sahara entwickelt. Dahinter steht ein Fonds, mit dessen Hilfe Gelder gezielt in sogenannte “Green Energy”-Projekte in Afrika fließen sollen. Diese Form der Zusammenarbeit hat für beide Seiten Vorteile. Zum einen bietet die DWS institutionellen Investoren an, in den Fonds zu investieren und damit Zugang zu Wachstumsmärkten zu bekommen. Das Kapital des Green Climate Fund dient dabei als Schutz vor Kapitalverlusten. Zum anderen nutzt die DWS lokale Expertise durch Partner in den Zielländern vor Ort – lokale Banken und Firmen im Bereich der erneuerbaren Energien -, um zielorientiert und nachhaltig zu investieren.Bei den finanzierten Unternehmen wird hinsichtlich der Größenordnung der jeweiligen Fotovoltaik-Projekte unterschieden. Zur ersten Kategorie gehören Unternehmen, die autonome Heimsysteme zur Stromerzeugung zur Verfügung stellen. Die Systeme bestehen meist aus einem Solarmodul, einer Batterie und einer Steuerungseinheit sowie entsprechendem Zubehör wie LED-Leuchten oder Ladegeräten für Mobiltelefone. Die Leistung liegt bei bis zu 300 Wp. Zielgruppen solcher Heimsysteme sind primär Haushalte, die nicht ans Stromnetz angeschlossen sind, oder Kleinstunternehmen in abgeschiedenen ländlichen Regionen.Die nächste Kategorie bilden Unternehmen, die Inselnetze aufbauen oder betreuen. Häufig werden solche Kleinstnetzwerke um einen Ankernutzer, beispielsweise einen lokalen Mobilfunkmast, herum aufgebaut. Auch sie operieren unabhängig vom öffentlichen Stromnetz, können aber mit Leistungen von 3 kWp bis zu 15 MW deutlich stärker sein als die Heimsysteme. Sie sind für den Einsatz in dichter besiedelten ländlichen Gebieten geeignet. Kleine unabhängige Stromerzeuger und Unternehmen, die ihren eigenen Strom auf nachhaltige Weise erzeugen, bilden die dritte und größte Kategorie. Durch den Einsatz von Fotovoltaik können hier Dieselgeneratoren (teil-)ersetzt und “grüner” Strom direkt genutzt beziehungsweise ins öffentliche Stromnetz eingespeist werden. Gemeinsamkeit der ProjekteAlle Projekte haben, unabhängig von ihrer Größe, gemeinsam, dass sie dabei helfen, die Zahl der Haushalte und Unternehmen mit Zugang zu emissionsarmem Strom zu erhöhen und so den CO2-Ausstoß zu reduzieren oder ganz zu vermeiden. Alle Projekte sind auf den Privatsektor ausgerichtet und unterscheiden sich von den staatlichen Großprojekten.Die Finanzierung dezentraler Energieversorgungskonzepte in den Staaten südlich der Sahara wirkt dabei nicht nur über die Primäreffekte in Form einer sicheren Energieversorgung und der CO2-Reduzierung. Mittel- bis langfristig ist eine zuverlässige und saubere Stromversorgung der Schlüssel zu einem besseren Bildungsangebot und zu mehr Wirtschaftswachstum. Gerade in ländlichen Gebieten sind es häufig die Frauen, die davon profitieren. So fördern die Projekte Geschlechtergleichheit und helfen dabei, Armut abzubauen und die Situation der Menschen insgesamt zu verbessern.Die Unterstützung von erneuerbaren Energien in Afrika ist deshalb ein wichtiger Beitrag zur Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele. Aktuell fließen jährlich weltweit rund 500 Mill. Dollar in deren Finanzierung. Nach Einschätzung der UN wären aber rund 1 bis 1,2 Bill. Dollar pro Jahr nötig, um die Ziele bis 2030 zu erreichen. Michael Hoelter, Portfoliomanager von Sustainable Investments bei der DWS und Susanne Kern, Portfoliomanager von Sustainable Investments bei der DWS