Auch Internetmillionäre wollen anspruchsvolle Beratung
Fintech-Start-ups mögen für private Bankhäuser keine Bedrohung sein. Die Transformation ins digitale Zeitalter fordert aber auch Institute wie Warburg heraus: Jungunternehmer und Internetmillionäre wollen anspruchsvoll beraten werden.Von Carsten Steevens, HamburgSie sind jung, sie haben frische Ideen, sie ziehen erhebliches Investoreninteresse auf sich – und sie werden immer mehr zum Schrecken von Banken und Sparkassen: Fintechs scheuchen die Platzhirsche der deutschen Kreditwirtschaft auf. Für diese stellen sich angesichts der schnell wachsenden Konkurrenz durch Start-up-Unternehmen und große Internetkonzerne grundsätzliche Fragen: Stirbt die Filiale aus? Werden Kreditverträge in nicht mehr allzu ferner Zukunft vor allem über Smartphones abgeschlossen? Ersetzen Softwareprogramme den Berater?Doch nicht alle Institute, die im Geschäft mit Privatkunden unterwegs sind, sehen sich absehbar oder schon heute von den Fintechs und von Technologiegiganten wie Apple bedrängt – oder gar ihr Geschäftsmodell in Gefahr. Das Hamburger Privatbankhaus M.M. Warburg etwa zeigt sich relativ gelassen. “Da, wo Dienstleistungen komplex werden, wo es um die Verknüpfung verschiedener Anforderungen geht, werden auch in Zukunft Großrechner nicht ausreichen”, meint Nicholas Ziegert, Leiter Corporate Markets, Junge Unternehmer und Venture Capital.Die Warburg-Bankengruppe, deren Geschichte ins Jahr 1798 zurückreicht, ist mit der Mutterbank im Private Banking, Assetmanagement sowie im Investment Banking einschließlich Kreditgeschäft tätig und über Tochterbanken wie Marcard, Stein & Co, M.M. Warburg & CO Hypothekenbank sowie M.M. Warburg & CO Luxembourg mit spezialisierter Ausrichtung unter anderem als Family Office Bank, Immobilienfinanzierer und Administrator von Sondervermögen im deutschsprachigen Raum vertreten. Das Geschäftsmodell der Gruppe setzt auf “komplexe High-End-Beratung”. Und die werde sich im Zuge der Digitalisierung des Bankgeschäfts weiter verbessern, ist man in Hamburg überzeugt. Schlank aufgestelltFür die Beratung, wie sie die Warburg-Bankengruppe anbiete, ergebe sich aus dem Trend der Digitalisierung keine Bedrohung. “Für diejenigen, bei denen es in der Beratung vor allem um Produktverkauf geht, hat die Digitalisierung tiefgreifende Folgen”, beschreibt Ziegert den Unterschied des Privatbankhauses zu Retailbanken. Bei diesen dürften mittel- bis langfristig viele Arbeitsplätze wegfallen. Einen Personalabbau oder eine Reduzierung der Standorte werde es hingegen bei der Warburg-Bankengruppe im Zuge der Digitalisierung nicht geben, betont der Jurist, der seit 2004 für das Hamburger Institut arbeitet. “Wir sind keine Bank, die auf Mengengeschäft ausgerichtet ist und deshalb auf die Industrialisierung ihrer Geschäftsprozesse setzt oder setzen muss.” Für Retailbanken verbinde sich die Digitalisierung mit der Erwartung erheblicher Effizienzgewinne – zumindest dort, wo es um standardisierte, austauschbare Produkte und Dienstleistungen gehe. Mögliche Rationalisierungsgewinne in der Warburg-Bankengruppe, so Ziegert, hielten sich indes in Grenzen, weil die Gruppe bereits schlank aufgestellt sei. Die Warburg-Bankengruppe, die an 15 Standorten in Deutschland, der Schweiz und in Luxemburg vertreten ist, beschäftigte Ende des vergangenen Jahres 1 275 Mitarbeiter, die Bilanzsumme lag bei knapp 8 Mrd. Euro. Simple AlgorithmenDoch auch wenn man im Hamburger Privatbankhaus die Fintech-Start-ups nicht als Gefahr für das Geschäftsmodell ansieht, werden die technologischen Fortschritte im Markt doch genau beobachtet. Könnten Technologien eines Tages so ausgereift sein, dass durch Software das Beratungsniveau einer auf Vermögende spezialisierten Privatbank erreicht wird? “Bisher ist das nicht erkennbar”, sagt Ziegert. Man müsse sich aber darauf einstellen, dass die Beratungsangebote der Fintechs auf Dauer komplexer werden. “Wir achten auf Start-ups, die Vermögensberatung und Vermögensverwaltung im Internet anbieten – gerade im angelsächsischen Bereich.” Beeindruckend seien die Angebote bislang nicht. Sie basierten noch auf simplen Algorithmen, auf simpler Steuerung nach Risikoneigung. Die Übernahme eines Fintech-Start-up durch die Warburg-Bankengruppe sei nicht zu erwarten, so Ziegert. “Wir gehen unseren eigenen Weg.”Gleichwohl ist man sich auch bei Warburg der großen Herausforderung der gesamten Bankenbranche durch die Digitalisierung bewusst. Die Transformation ins digitale Zeitalter sei Chefsache. Nach dem im vorigen Sommer vollzogenen Generationswechsel steht Joachim Olearius als Sprecher der Partner und damit als Nachfolger seines an die Aufsichtsratsspitze gewechselten Vaters Christian Olearius in leitender Position bei dem Bankhaus. Unter der Führung des 44-Jährigen geht es für die Bankengruppe darum, attraktiv zu sein auch für Jungunternehmer und Internetmillionäre. “Die sind meistens viel unterwegs und wollen an jedem Standort gut informiert sein und Finanztransaktionen auslösen können”, umschreibt Ziegert die Anforderung. “Wir werden deshalb zeitnah neue Angebote für diese Kundengruppe bereithalten.”Einer Studie der Beratungsgesellschaft Consileon zufolge besteht für die in der Beratung Vermögender tätigen Banken Handlungsbedarf. Eine Befragung von vermögenden Anlegern unter 30 Jahren habe ergeben, dass in den meisten wohlhabenden Familien zwar Beziehungen zu Wealth-Management-Anbietern bestünden, der jungen Generation jedoch oft ein Motiv fehle, sich dieser Anbieter zu bedienen. “Mangels eines Betreuungsmodells für die Reichen von morgen finden die Anbieter keinen Zugang zu ihnen und verlieren dadurch gegenüber den omnipräsenten Retailbanken und Fintechs an Boden”, schreiben die Berater. Die jungen Reichen hätten aber durchaus den Wunsch, ebenso persönlich betreut zu werden wie die Generation vor ihnen, nur eben über Kanäle wie E-Mail und Websites. Wer hier zu den ersten Wealth-Management-Anbietern mit überzeugenden Angeboten gehöre, könne sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.Warburg-Banker Ziegert zeigt sich überzeugt, dass der Bankengruppe die richtige Kommunikation mit der jüngeren Generation gelingen wird. “Wenn unsere Angebote auch in der neuen digitalen Welt so interessant sind, dass Kunden bereit sind, dafür zu bezahlen, werden wir in unserer Nische erfolgreich bleiben. Davon gehen wir fest aus.” Durch die Bindung der jungen Generation an die Gruppe werde nicht zuletzt die Ertragsbasis gestärkt. Verglichen mit der unmittelbaren Konkurrenz sieht sich die Warburg-Bankengruppe mit ihrer Ausrichtung auf das digitale Zeitalter vorn dabei. “Wir investieren erheblich – angemessen für unsere Größe – in die Evolution unseres Geschäftsmodells”, sagt Ziegert. Das größte Risiko sei es, die Chancen der Digitalisierung – bessere Angebote und Zugangswege für Kunden – ungenutzt zu lassen. Keine EintrittsschwelleAuch in Zukunft soll es keine Eintrittsschwelle für Privatkunden bei Warburg geben. “Wir geben als Bedingung kein verfügbares Mindestvermögen vor”, unterstreicht Ziegert. Mit der “Persönlichkeit der unabhängigen Privatbank” will Warburg auch im digitalen Zeitalter für eine breite Klientel mit hohem Beratungsanspruch offen stehen.—-Zuletzt erschienen: – Die Kreditakte wird elektronisch (3. September)- “Wir drücken keine Produkte durch” (1. September)