"Auf Ankeraktionäre ist kein Verlass mehr"

Berater: Globaler M & A-Markt strebt auf einen neuen Rekord zu - Große Transaktionen und feindliche Übernahmen nehmen zu

"Auf Ankeraktionäre ist kein Verlass mehr"

2015 sieht nach einem sehr guten M & A-Jahr aus, so die Einschätzung von M & A-Experten auf einem Roundtable in Frankfurt. Infolge zahlreicher Megatransaktionen und starker Industriekonsolidierungen steuert der Markt demnach auf einen Rekord zu.kb Frankfurt – Der weltweite Markt für Unternehmensübernahmen und Fusionen steuert 2015 auf einen neuen Rekord zu. Darüber waren sich am Mittwoch die M & A-Experten Christian Kames, Christoph Seibt und Jan Krause auf dem M & A-Roundtable von Citi, Freshfields Bruckhaus Deringer und McKinsey einig. Global dürfte ein Volumen von 4,5 Bill. Dollar erreicht werden, prognostizierte Krause, Partner von McKinsey. Ausschlaggebend für den aktuellen Trend sei eine Vielzahl von Megadeals, also Transaktionen im Volumen von jeweils mehr als 10 Mrd. Dollar, auf die Stand Oktober 2015 bereits gut ein Drittel aller Transaktionen entfalle. Dabei ragten Industriekonsolidierungen heraus, etwa in den Branchen Öl und Gas, Brauereien oder Pharma.Während das M & A-Volumen in den USA im bisherigen Jahresverlauf bis Oktober laut Citi-Daten um 51 % angezogen hat, hinkt der europäische Markt mit einem Anstieg um lediglich 21 % hinterher (siehe Grafik). Dabei präsentiert sich der deutsche Markt nach einem guten Jahr 2014 im laufenden Jahr eher schwächer. Ein wesentlicher Grund dafür sei die Euro-Abwertung gegenüber dem Dollar, die grenzüberschreitende Übernahmen verteuere, so Krause. Zudem liege die Stärke der deutschen Wirtschaft im Mittelstand, dessen Unternehmen starke Nischenplayer seien und nicht zur Konsolidierung neigten. Allerdings sind sich die Berater einig, dass 2016 global ebenfalls ein gutes Jahr wird – abhängig von Großtransaktionen. Auch Deutschland und Europa hätten “Raum nach oben”.Auffallend sei im laufenden Jahr eine Zunahme von Hostile Takeovers, also unfreundlichen Übernahmen, auf die inzwischen 14 % des globalen M & A-Marktes entfielen. Die beste Abwehr feindlicher Übernahmen sei eine gute Performance, hieß es unisono. Feindliche Übernahmen, aber auch Eingriffe aktivistischer Aktionäre werden zunehmen, so die Prognose der Berater. Auf Ankeraktionäre sei dabei kein Verlass mehr, um Übernahmen abzuwenden, zumal sich die Aktionärsbasis während eines Übernahmekampfes erheblich verändere. Aktivisten als FrühwarnerAls eine Art Frühwarnsystem dafür, dass “etwas mit der Performance eines Unternehmens nicht stimmt”, könne man aktivistische Aktionäre betrachten, sagte Freshfields-Partner Seibt. Deren Kampagnen seien in der Hälfte der Fälle erfolgreich und zielten auf immer größere Unternehmen. Lag die durchschnittliche Marktkapitalisierung von Unternehmen im Visier von Aktivisten vor fünf Jahren noch bei 10 Mrd. Dollar, so seien es heute im Schnitt 15 Mrd. Dollar. Dabei könne die Größe bis zu 100 Mrd. Dollar reichen, berichtet Kames, Head of Investment Banking für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei Citi. Aktivisten wie Cevian und andere könnten inzwischen wachsende Größenordnungen anpeilen, da sie erfolgreicher als Hedgefonds arbeiteten. Seibt empfiehlt Aktivisten aber, im Zuge ihrer Aktionen nicht einen Aufsichtsratssitz eines Unternehmens anzustreben, um den Vorwurf des Insiderhandels, von Interessenkonflikten oder der Vertraulichkeitsverletzung zu vermeiden.Grundsätzlich rechnet Seibt mit einer Renaissance öffentlicher Übernahmen, wobei allerdings ein “gewisser Kulturwandel bei in- und ausländischen Bietern” zu beobachten sei. Diese seien “aggressiver” und gingen nicht mehr mit dem Management eines Unternehmens in Preisverhandlungen, wie dies früher zu beobachten war. “Der erste Ansprechpartner ist nicht mehr das Management, sondern Aktionäre, Vertragspartner, Betriebsräte und Gewerkschaften.” Beispiele dafür seien Hawesko oder Vossloh. Seibt sieht dabei auch einen Bedeutungszuwachs von Aufsichtsratsvorsitzenden. Auch chinesische Bieter würden zunehmend von dem Grundsatz abrücken, nie gegen das Management zu operieren.Nach einer abgewendeten Übernahme können sich Unternehmen noch nicht auf der sicheren Seite wähnen, denn “es gibt zweite Versuche”, wie Seibt erklärte. “Die Abwehr eines Übernahmeversuches ist nicht das Ende, sondern kann auch der Beginn einer neuen Kampagne sein, da neue Aktionäre hinzugekommen sind.” Zu beobachten ist dies aktuell bei K + S, deren Übernahme die kanadische Potash einem Bericht zufolge abermals plant.Der in den USA zu beobachtende Trend, Aktien als Transaktionswährung einzusetzen, ist am deutschen Markt fast vollständig vorbeigegangen. US-Unternehmen haben laut Citi-Banker Kames einen Vorteil, da sie einfach ihre Aktien untereinander tauschen können, während für deutsche Unternehmen in den USA nur Cash-Transaktionen möglich seien. US-Zukäufe seien für deutsche Unternehmen auch deshalb nicht einfach, weil dort die Aktienkurse im Vergleich zum hiesigen Markt bis dato sehr stark gestiegen seien. Gleichwohl erwartet Kames im Laufe des nächsten Jahres mehr Zukäufe deutscher Unternehmen in den USA. Sie seien dort unterrepräsentiert, sagte er. Deutsche Unternehmen hätten in der Vergangenheit stark auf den chinesischen Markt gesetzt, doch nun schwäche sich das Wirtschaftswachstum in China ab. Sie hätten auf die USA setzen sollen, bevor dort die Aktienkurse zum Höhenflug ansetzten, wie Kames sagte. Aktive ChinesenAuch chinesische Unternehmen strebten grenzüberschreitende Übernahmen an. Kommt es zu einer chinesischen M & A-Welle? Kames rechnet eher mit einer kontinuierlichen Zunahme chinesischer Transaktionen, wobei der deutschsprachige Raum, aber auch Europa im Fokus steht. Der US-Markt gelte eher als schwierig, hieß es. Die Transaktionen würden größer und die chinesischen Interessenten aktiver: “Sie warten nicht, bis sie eingeladen werden.” Als klassischer chinesischer Hostile Takeover gelte die Übernahme von Club Med durch Fosun.