Aufseher wollen Zahl der Euribor-Sätze halbieren

ESMA und EBA fordern Beschränkung auf sieben Laufzeiten - Panel-Banken sollen dominierende Rolle im Lenkungsausschuss verlieren

Aufseher wollen Zahl der Euribor-Sätze halbieren

Über den Daumen gepeilte Angaben sollen beim Interbankensatz Euribor künftig die Ausnahme sein. Zudem soll die Macht der Panel-Banken im Lenkungsausschuss der Benchmark beschnitten werden. Dies empfehlen europäische Aufsichtsbehörden.ssc Frankfurt – Der ins Zwielicht geratene Interbankensatz Euribor soll künftig nur noch in sieben besonders gängigen Laufzeiten berechnet werden. Die acht übrigen Laufzeiten sollen entfallen, wie aus Empfehlungen hervorgeht, die die europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA am Freitag gemeinsam mit der europäischen Bankenaufsichtsbehörde EBA veröffentlicht hat. Die Spannbreite der Laufzeiten – von einer Woche bis zu zwölf Monaten – soll zwar bestehen bleiben, doch etliche Sätze innerhalb dieses Intervalls sollen entfallen.Dass in einigen Laufzeiten, für die der Euribor kalkuliert wird, wenig reale Geldmarkttransaktionen stattfinden, gilt als einer der Gründe dafür, dass die Benchmark für Manipulationen anfällig ist. Die Euribor-Sätze, die zahlreichen Finanzprodukten als Basis dienen, basieren daher teilweise auf Schätzungen. Ganz ausschließen lassen sich über den Daumen gepeilte Angaben allerdings nicht, weil es sogar bei den gängigen Sätzen manchmal an Transaktionen mangelt, wie ESMA-Chair Steven Maijoor im Dezember im Interview der Börsen-Zeitung warnte (vgl. BZ vom 15.12.2012).Um Interessenkonflikte zu reduzieren, fordern die Aufseher die europäische Bankenvereinigung EBF, die den Euribor organisiert, dazu auf, in ihren Lenkungsausschuss mehr externe Mitglieder aufzunehmen. Bislang wird das zehnköpfige Gremium von Vertretern derjenigen Banken dominiert, die auch an den täglichen Umfragen zur Ermittlung des Interbankensatzes teilnehmen.Mit ihren Empfehlungen wollen ESMA und EBA das Vertrauen in den Euribor und andere Interbankensätze stärken, nachdem Versuche teilnehmender Banken bekannt geworden waren, die Benchmarks zu manipulieren. Nach dem Willen der Aufseher sollen die Empfehlungen binnen sechs Monaten umgesetzt werden. Formal können ESMA und EBA dies nicht erzwingen, denn es gibt derzeit keine Aufsichtsbehörde, die für den Euribor verantwortlich ist. Die EBF betonte allerdings am Freitag in einer Mitteilung, dass sie die Empfehlungen unterstütze.Für Marktteilnehmer gibt es einen starken Anreiz, die Empfehlungen freiwillig umzusetzen, denn die EU-Kommission will noch im ersten Halbjahr 2013 europaweite Regeln vorschlagen, nach denen künftig alle möglichen Kennziffern, Indizes und Benchmarks ermittelt und berechnet werden sollen. Im Gespräch ist eine formale Beaufsichtigung der täglichen Indexermittlung, etwa durch ESMA und EBA.Bis solche Vorgaben den EU-Gesetzgebungsprozess durchlaufen hätten und in Kraft treten könnten, dürften aber noch ein bis zwei Jahre ins Land gehen, wie ein ESMA-Sprecher sagt. Daher sollen in der Zwischenzeit nationale Bankenaufseher in der EU darüber wachen, dass die Euribor-Banken bestimmte Standards befolgen und eigene Verhaltenskodizes erstellen. Dazu veröffentlichte die EBA am Freitag ein separates Papier. Um die Indexdaten möglichst repräsentativ zu gestalten, sollten nationale Aufseher alle im Euro-Geldmarkt aktiven Banken dazu ermutigen, an den Umfragen teilzunehmen, heißt es darin. Seit Ende 2012 haben BayernLB, Rabobank und Raiffeisen International ihren Rückzug aus dem rund 40 Mitglieder zählenden Euribor-Panel angekündigt. Aufgrund der Bedeutung der Indizes sollte es “im ureigensten Interesse der Banken liegen”, an den Panels teilzunehmen, bekräftigt der ESMA-Sprecher. In einem Konsultationspapier stellen ESMA und EBA ferner Prinzipien für die Ermittlung von Referenzindizes allgemein zur Diskussion. Stellungnahmen können bis zum 15. Februar eingereicht werden. Im Fokus stehen nicht nur die diversen Interbankensätze, sondern auch Swap-, Rohstoff-, Währungs-, Renten- und Aktienindizes sowie Benchmarks für Kreditrisiken. Auch Referenzsätze für Volatilitäten sowie für bestimmte Anlagestrategien zum Beispiel von Hedgefonds werden angesprochen. Auch diese Prinzipien sollen vorübergehend gelten, bis die EU eine rechtliche Basis für Benchmarks schafft.Auch die Vereinigung internationaler Wertpapieraufseher, Iosco, hat zum Wochenschluss ein Konsultationspapier vorgelegt, um das Problem der Indexmanipulationen – das auch den Londoner Libor-Satz und den Tokioter Tibor ins Zwielicht gerückt hat – in den Griff zu bekommen. Hier läuft die Konsultationsfrist bis zum 11. Februar. Neben den von ESMA und EBA diskutierten Themen wird darin auch die Frage aufgeworfen, ob und unter welchen Umständen Marktteilnehmer aufgefordert werden sollten, eine Benchmark auszuwechseln, wenn dieser nicht genügend valide Daten – vorzugsweise von echten Kapitalmarkttransaktionen – zugrunde liegen.——Ausgewählte Empfehlungen für den Euribor- Ermittlung des Euribor nur noch für sieben anstatt wie bisher für 15 unterschiedliche Laufzeiten: ein und zwei Wochen sowie ein, drei, sechs, neun und zwölf Monate – Mehr unabhängige, nicht bei den Panelbanken tätige Mitglieder im Lenkungsausschuss des Euribor-EBF- Häufigere Treffen des Lenkungsausschusses und rasche Veröffentlichung der Protokolle – Klarere Definition des Euribor – Aufbewahrung aller Daten über alle Eingaben der Euribor-Panelbanken durch die Organisatoren – Erstellung von Verhaltenskodizes der teilnehmenden Banken in Abstimmung mit den nationalen Aufsichtsbehörden——