Aufsichtsrechtliche Entwicklungen bei ESG-Compliance
Dr. Robert EberiusLL.M., Senior Associate bei P+P Pöllath + PartnersAmos VeithLL.M., Partner bei P+P Pöllath + PartnersNachhaltigkeitserwägungen und die Beachtung der ethisch-moralischen Auswirkungen einer Investition spielen auch im Private-Equity-Sektor eine immer größere Rolle. Bei (institutionellen) Investoren und den Verwaltern alternativer Investmentfonds steigt das Bewusstsein für die Beachtung von ESG-Standards (Environmental, Social, Governance) und den Risiken der Nichtbeachtung zunehmend. Gleichzeitig nimmt die aufsichtsrechtliche Regulierung zu und die Marktteilnehmer werden sich in den nächsten Jahren vor allem mit unmittelbar anwendbaren EU-Verordnungen im Bereich der ESG-Compliance auseinandersetzen müssen.Die wohl größten aufsichtsrechtlichen Auswirkungen auf Private-Equity-Fonds und ihre Investoren dürften die Änderungen durch den Aktionsplan der EU-Kommission zur “Finanzierung nachhaltigen Wachstums” haben. Dieser beabsichtigt, Vorschriften zur Kapitalanlage so umzugestalten, dass privates Kapital in nachhaltigere Investitionen gelenkt wird.Der Aktionsplan sieht u.a. die Verabschiedung einer Taxonomie-Verordnung (VO) vor (noch für 2019 geplant). Diese soll eine gemeinsame Sprache für die Bestimmung der Nachhaltigkeit von Finanzprodukten schaffen, indem sie verbindliche Begrifflichkeiten zur Bestimmung der ökologischen Nachhaltigkeit von Wirtschaftstätigkeiten vorgibt. Dabei richtet sich die Taxonomie-VO zum einen an die Mitgliedstaaten, die sie dann bei allen zukünftigen nationalen ESG-Regelungen zugrunde legen müssen. Zum anderen verpflichtet sie die sogenannten “Finanzmarktteilnehmer” (u.a. Kapitalverwaltungsgesellschaften, institutionelle Investoren, Anbieter von Versicherungsprodukten) zur Offenlegung bestimmter Informationen zur Nachhaltigkeit ihrer Finanzprodukte. Der Grad der Nachhaltigkeit eines Finanzprodukts richtet sich gemäß der Taxonomie-VO danach, in welchem Umfang mit diesem Finanzprodukt ökologisch nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten finanziert werden.Investoren sollen durch die allgemein gültige Taxonomie-VO erkennen können, ob ein Finanzprodukt tatsächlich ökologisch nachhaltig ist oder ob der Emittent es trotz schlechter Umweltleistungen als “grün” oder “nachhaltig” bewirbt (also Greenwashing betreibt). Weiterhin soll sie eine Vergleichbarkeit verschiedener als nachhaltig vermarkteter Finanzprodukte ermöglichen.Eine Wirtschaftsaktivität ist ökologisch nachhaltig im Sinne des aktuellen Entwurfs der Taxonomie-VO, wenn sie 1. wesentlich zur Verwirklichung eines oder mehrerer der folgenden Umweltziele beiträgt: a. Klimaschutz, b. Anpassung an den Klimawandel, c. nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen, d. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, einschließlich Abfallvermeidung und des verstärkten Einsatzes von Sekundärrohstoffen, e. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung und f. Schutz der biologischen Vielfalt und gesunder Ökosysteme und Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme, 2. keines der Umweltziele erheblich beeinträchtigt,3. unter Einhaltung von Mindestarbeitsschutzkriterien ausgeübt wird und4. mit noch festzulegenden technischen Evaluierungskriterien im Einklang steht.Ebenfalls auf Grundlage des Aktionsplans soll eine Transparenz-Verordnung erlassen werden, die Finanzmarktteilnehmer dazu verpflichtet, den Endanlegern insbesondere Informationen über die Art und Weise bereitzustellen, wie institutionelle Investoren und Vermögensverwalter ESG-Faktoren in ihren Risikomanagementprozess integrieren und bei ihren Anlageentscheidungen berücksichtigen. Sofern “grüne” Finanzprodukte angeboten werden, müssen Finanzmarktteilnehmer Informationen zu nachhaltigkeitsbezogenen Auswirkungen ihrer Investitionen bereitstellen und dazu, wie die selbst gesteckten Nachhaltigkeitsziele erreicht werden. Die Veröffentlichungen haben in den vorvertraglichen Informationen, auf der Website und (sofern “grüne” Produkte angeboten werden) in den regelmäßigen Berichten zu erfolgen.Neben den (bisher) lediglich auf Transparenz ausgerichteten aufsichtsrechtlichen Vorgaben, müssen viele Verwalter von Private-Equity-Fonds aber schon seit längerem konkrete ESG-Vorgaben beachten, die oftmals von ihren Investoren zur Bedingung gemacht wurden. Die Implementierung von ESG-Faktoren bei der Fondsdokumentation erfolgt in der Regel über Anlagebeschränkungen, die den konkreten Anlagefokus des Fonds betreffen, oder über bisher schwer zu bewertende Rahmen für Nachhaltigkeitskriterien. Dies kann u.a. “Mindeststandards” (welche aber oft nicht im Detail definiert wurden) in den Bereichen Umwelt- und Arbeitsschutz sowie bei der Korruptionsbekämpfung umfassen. Fondsmanager, die eine Implementierung in die rechtliche Fondsdokumentation ablehnen, bieten Investoren oft eine alternative Möglichkeit. Hierbei werden ESG-Prinzipien nur auf individueller Basis zum Maßstab gemacht und diese Investoren für den Fall eines Verstoßes gegen ihre ESG-Prinzipien von ihrer Pflicht zur Kapitaleinzahlung freigestellt. So ist es dem Fonds durch die Kapitalzusagen der restlichen Investoren trotzdem möglich, eine Investition zu tätigen, die gegen die ESG-Prinzipien der freigestellten Investoren verstößt.Während der Fondslaufzeit wird vor Eingehung einer Beteiligung geprüft, ob dadurch etwaige ESG-Vorgaben verletzt werden, um einem Vertragsbruch vorzubeugen. Anschließend ist der Fonds fortlaufend zur Überwachung und Überprüfung der ESG-Compliance der jeweiligen Portfoliogesellschaften verpflichtet. Zusätzlich müssen Fondsmanager vor dem Hintergrund der kommenden Transparenzpflichten künftig auch die Erlangung entsprechender Informationen von ihren Portfoliogesellschaften sicherstellen.