GASTBEITRAG

Augen auf bei der Auswahl eines Private-Debt-Anbieters

Börsen-Zeitung, 18.5.2019 Die noch vor wenigen Jahren eher exotisch anmutende Assetklasse Private Debt nimmt bei institutionellen Investoren zunehmend Fahrt auf: 80 % dieser Anleger möchten laut einer aktuellen Preqin-Studie in den nächsten zwölf...

Augen auf bei der Auswahl eines Private-Debt-Anbieters

Die noch vor wenigen Jahren eher exotisch anmutende Assetklasse Private Debt nimmt bei institutionellen Investoren zunehmend Fahrt auf: 80 % dieser Anleger möchten laut einer aktuellen Preqin-Studie in den nächsten zwölf Monaten ihre Asset-Allokation in diesem Bereich erhöhen. Private Debt bezeichnet die Bereitstellung von Fremdkapital vorwiegend durch institutionelle Investoren außerhalb des Kapitalmarktes an Unternehmen, die zumeist kein Investment-Grade-Rating haben.Das weitere Wachstumspotenzial ist gewaltig, denn der Anteil von Private Debt in den Portfolios deutscher institutioneller Investoren liegt im Durchschnitt erst bei rund 2 %, in Einzelfällen auch mal bei mehr als 5 %, während er bei US-Investoren 20 % oder mehr betragen kann. Gute Gründe für den BoomFür den Boom der Assetklasse gibt es gute Gründe: Versicherungen, Pensionsfonds, Stiftungen und Staatsfonds verzichten mit dieser Anlageklasse zwar auf etwas Liquidität, erhalten aber im Gegenzug eine im Niedrigzinsumfeld hochwillkommene Komplexitäts- oder Illiquiditätsprämie sowie Zugriff auf Marktsegmente, die bis vor einigen Jahren fest in Bankenhand waren – insbesondere Kredite an mittelständische Unternehmen. Und das bei gleichzeitig relativ hoher Sicherheit, denn ein Großteil der Private Debt-Instrumente verfügt über Mechanismen zur Begrenzung des Kreditrisikos, darunter Besicherungen, Gläubigerschutzklauseln (“Covenants”) und Governance-Mechanismen.Soweit die Theorie. In der Praxis steht der Asset Allocation Manager dann dem Angebot von mehr als 50 alternativen Kreditfonds gegenüber, die in europäische Unternehmen investieren. Gerne fällt die Wahl auf die großen Namen der Branche mit Fonds, die viele Milliarden schwer sind. Das ist verständlich, denn es handelt sich um seriöse Anbieter, deren gute Performance immer mehr Kapital aus dem Markt anzieht.Allerdings kann dieser Erfolg auch unerwünschte Nebeneffekte haben: Für die Fondsanbieter ist die Versuchung groß, die große Nachfrage abzuschöpfen und das Volumen ihrer Fonds mit jeder Generation weiter zu steigern. Das stellt sie vor die Wahl, entweder die Zahl der Unternehmen im Fondsportfolio (üblicherweise rund 20 bis 25) entsprechend anzupassen, oder diese Zahl konstant zu halten und stattdessen die durchschnittliche Transaktionsgröße zu erhöhen. Effizienter im Sinne des Personalaufwands – Deal-Sourcing, Reporting, Beiratssitzungen, Monitoring der Covenants etc. – ist Letzteres. Bei einem Fondsvolumen von 2,5 Mrd. Euro steigt das Transaktionsvolumen so auf etwa 100 Mill. Euro durchschnittlich. Ein gutes Dutzend Fonds ist mittlerweile in diesem Marktsegment aktiv.Doch das Angebot an solchen Mega-Deals für die Fonds ist endlich, während ihre Anleger gleichzeitig darauf drängen, dass ihr Kapital “zum Arbeiten” gebracht wird. Die Folge ist ein Aufweichen der Kreditkonditionen, der sogenannte “style drift”: Im harten Wettbewerb mit anderen Kreditfonds sehen sich die großen Spieler zunehmend veranlasst, Zugeständnisse an die Margen und an die Kreditqualität zu machen, um den Zuschlag zu erhalten.Dies äußert sich im Wesentlichen in zwei Phänomenen: Zum einen liegt bei den banksyndizierten Krediten (“Leveraged Loans”) der Anteil der Covenant-Light-Kredite mit weniger strengen Gläubigerschutzklauseln mittlerweile bei rund 80 %. Zum anderen haben sich im Direct Lending, also Direktkrediten von Fonds an kleinere und mittlere Unternehmen, in den vergangenen Jahren sogenannte First-out/Second-out-Strukturen etabliert. Sie machen mittlerweile rund ein Viertel aller deutschen Unitranche-Transaktionen aus.Bei diesen Strukturen werden in einer Tranche (“Unitranche”) ein vorrangig besicherter Teil (Super Senior: “First-out”) und ein de facto nachrangiger (Senior: “Second-out”) Teil kombiniert. Banken übernehmen die günstige First-out- und risikobereitere Debt-Fonds die höher verzinste Second-out-Tranche. In den Kreditvereinbarungen ist geregelt, dass die First-out-Partie im Härtefall den Vorzug erhält. Für Anleger in die Kreditfonds verbirgt sich damit hinter dem “Senior”-Etikett ein tatsächlich weniger sicherer Kredit. Falls eine Konjunkturschwäche Unternehmen in die Pleite treiben sollte, gibt es derzeit noch keinerlei Erfahrungswerte, was mit diesen Finanzierungsstrukturen geschieht, wenn sich Kreditfonds und Bank vor Gericht treffen.Institutionelle Anleger sollten also sehr sorgfältig bei der Auswahl des Anbieters sein, wenn sie ihr Portfolio in Private Debt diversifizieren. Statt allein auf große Namen zu bauen, sollten sie folgende Fragen stellen: Hat der Private-Debt-Anbieter den Nachweis erbracht, das Kundenvermögen heil durch das Auf und Ab eines ganzen Konjunkturzyklus navigieren zu können? Welche Maßstäbe setzt der Fonds hinsichtlich des Verschuldungsgrades an: ein marktübliches Ebitda-Multiple von 5 oder 5,5 oder vielleicht ein konservativeres unter 5, das auch in einem Abschwung noch Spielraum lässt? Mit welchen Schutzmechanismen sind seine Investments versehen? Werde ich als Anleger für dieses Risikolevel angemessen kompensiert? Verfügt der Fonds in seinem Marktsegment über ein etabliertes Netzwerk, um an – bestenfalls proprietäre – Transaktionen zu gelangen?Naturgemäß können kleinere Kreditfonds nur begrenzte Kapitalmengen aufnehmen, andererseits können sie diese in Marktsegmente investieren, in denen das Angebot an Transaktionen größer und die Wettbewerbsdichte weniger hoch sind. Darum spielen Covenant-Light sowie First-out/Second-out dort noch kaum eine Rolle. Außerdem ist auch jetzt am mutmaßlichen Ende des Konjunkturzyklus noch ein ausreichendes Angebot an Transaktionen mit hoher Kreditqualität vorhanden. Der Aufwand, diese zu identifizieren, hat zwar zugenommen, weil sich von 100 angebotenen Transaktionen nur vier oder fünf als gut genug erweisen, um realisiert zu werden. Mit diesen Unternehmen im Portfolio kann der Anleger aber auch dann ruhig schlafen, wenn der nächste Abschwung kommt.Reza Machdi-Ghazvini, Investor Relations Director für den deutschsprachigen Markt bei Idinvest Partners