BLOCKCHAIN

Aus der Deckung gewagt

Es gehört zu den Anachronismen des Kapitalmarktes, dass es bei börslichen Transaktionen um Millisekunden geht, der Trade selbst in Echtzeit ausgeführt wird, bis zum Clearing und Settlement aber dann noch Tage vergehen können. Dass diese Prozesskette...

Aus der Deckung gewagt

Es gehört zu den Anachronismen des Kapitalmarktes, dass es bei börslichen Transaktionen um Millisekunden geht, der Trade selbst in Echtzeit ausgeführt wird, bis zum Clearing und Settlement aber dann noch Tage vergehen können. Dass diese Prozesskette eine Ausgeburt an Ineffizienz darstellt, ist offenkundig. Und für die Banken ist das mit erhöhter Kapitalbindung eine kostspielige Angelegenheit. Den Luxus, hier Collateral-Gelder bei Clearinghäusern durch die Gegend vagabundieren zu lassen, können sich die Institute in harten Zeiten nicht mehr leisten.Und so verwundert es nicht, dass sich ein Konsortium um die drei Großbanken UBS, Deutsche Bank und Santander aus der Deckung wagt und mit Hilfe der Blockchain eine entschlackte Prozesskette im Interbankenverkehr für Clearing und Settlement baut. Die entfaltet ihren Charme dadurch, dass sie eine digitale Platzhalterwährung (Utility Settlement Coin) schafft, die mit Anbindung an Zentralbankeinlagen direkt in Cash wandelbar ist. Ob die Notenbanken für einen solchen Ansatz empfänglich sind, das wird bei der Bank of England ausgelotet. Die Briten haben bereits eine gewisse Aufgeschlossenheit für solche innovativen Ansätze gezeigt und sind offenbar erpicht darauf, sich in Sachen Blockchain an die Spitze des Fortschritts zu stellen. Die Europäische Zentralbank (EZB) zeigt sich zurückhaltend. Lediglich Yves Mersch hatte sich im April zu Wort gemeldet, man prüfe, ob die Distributed Ledger Technology (DLT) für den Einsatz als Marktinfrastruktur geeignet sein könne. Da in der Eurozone mit dem Abwicklungssystem Target2Securities (T2S) gerade mühsam eine neue Infrastruktur hingestellt wird, hält sich die Begeisterung für Innovationen, welche die eigene Innovation alt aussehen lassen, natürlich in Grenzen.Genau da könnte diese Blockchain-Geschichte an ihre Grenzen stoßen. Allerdings kann sich die EZB als Bankenaufsicht nur schwerlich einem Fortschritt in den Weg stellen, der den beaufsichtigten Banken erhebliche Kosteneinsparungen verspricht. Zumal diese in den Laboren der UBS entwickelte Settlement Coin ja wahrscheinlich nur eine Facette der durch die Blockchain möglichen Infrastrukturverbesserungen darstellt. Das kann den einen oder anderen Intermediär Geschäft kosten. Bei dieser Coin für Aktien- und Anleihetransaktionen wären Clearinghäuser die Gekniffenen. Die Regulatoren sind jetzt gefordert zu beantworten, ob sich das mit dem heutigen Schema verträgt und die Finanzstabilität bewahrt bleibt.