Aus der Forschung in die Lehre und Praxis

Die Potenzialanalyse Firmenkunden - Mit wissenschaftlich fundierten Lösungsansätzen Wettbewerbsvorteile im umkämpften Markt sichern

Aus der Forschung in die Lehre und Praxis

Die Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe richtet Lehre und Forschung auf die relevanten Veränderungsprozesse im Finanzdienstleistungssektor aus. So konzentrieren sich aktuelle Forschungsaktivitäten unter anderem auf die Bereiche Regulatorik, Digitalisierung und die potenzialorientierte und risikoadjustierte Steuerung. Anspruch der Hochschule ist es, für Unternehmen der Finanzwirtschaft und insbesondere der Sparkassen-Finanzgruppe praxisnahe, wissenschaftlich fundierte Lösungsansätze zu entwickeln, um sich im umkämpften Markt Wettbewerbsvorteile zu sichern.Den künftigen Veränderungen im Vertriebsbereich widmet sich der eigenständige neue Studiengang “Banking & Sales”. Ausgehend von dem an Dynamik gewinnenden Strukturwandel im Bereich Markt und Vertrieb von Kreditinstituten werden hier die Grundlagen für die systematische Steuerung des Change Management gelegt, um das Know-how von Mitarbeitern der Finanzdienstleistungsbranche auf künftige Anforderungen auszurichten. Die vertrieblich ausgerichteten Module machen hierbei ein Drittel des Umfangs des betriebswirtschaftlichen Studiengangs aus. Eine Besonderheit dieses einzigartigen Ansatzes ist die unmittelbare Verknüpfung von Forschung, Lehre und Praxis im Studienkonzept. So finden die auf Anforderungen der Finanzpraxis zugeschnittenen Forschungstätigkeiten direkt Eingang in die Lehrveranstaltungen. In Form von Praxistagen an der Hochschule erfolgt ein unmittelbarer Transfer in die berufliche Praxis. Im Zuge des Weiterbildungsauftrags der Hochschule stehen diese Veranstaltungen künftig auch Praktikern zur anwendungsorientierten Fortbildung offen. Gelungene VerknüpfungEin Beispiel für die gelungene Verknüpfung von Forschung, Lehre und Praxis ist der Forschungsschwerpunkt der potenzialorientierten Vertriebsplanung und -steuerung. Im Privatkundengeschäft werden an der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe entwickelte Konzeptionen bereits bei der Mehrzahl aller Sparkassen in Deutschland eingesetzt. Im Zuge der noch stärkeren Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse wurde daher von Verbänden und Sparkassen der Wunsch an die Hochschule herangetragen, auch im Firmenkundengeschäft valide, aber dennoch praxistaugliche Ansätze zu entwickeln.Gerade im Firmenkundengeschäft gestaltet sich die Vertriebsplanung für regional tätige Kreditinstitute wie Sparkassen oder Volksbanken schwierig, da Markt- und Marktpotenzialdaten in der Regel nur gesamtwirtschaftlich auf Deutschlandebene vorliegen. Aus diesen Informationen lassen sich zwar gesamtwirtschaftliche Trends ableiten, eine regionale Vertriebsplanung erfordert jedoch detaillierte Informationen über die Marktentwicklung im eigenen regionalen Markt. Valide Planungsmodelle im Firmenkundengeschäft müssen zur Abbildung der Kundenbedürfnisse die spezifischen Besonderheiten der regionalen Wirtschaftsstruktur wie die jeweilige Branchenstruktur und die Umsatzkonzentration in Branchen abbilden. Komplexe AnforderungenAusgehend von den im Sparkassen-Finanzkonzept festgelegten Bedürfnisfeldern und den dahinterliegenden Produkten ist eine einheitliche Modellsystematik gesucht, die einen standardisierten Einstieg in die an Marktpotenzialen ausgerichtete Vertriebsplanung ermöglicht. Um bei den Anwendern den Aufwand für Datenerhebung zu reduzieren, wurde gefordert, in der Modellbildung auf Daten zurückzugreifen, die bereits im Meldewesen vorliegen. Im Planungsansatz sollten sich bekannte Systematiken zur Bestimmung von Marktanteilen im Firmenkundengeschäft aus dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV) wiederfinden und Synergien zur etablierten Planungssystematik aus dem Privatkundengeschäft genutzt werden.Der DSGV-Mustervertriebsplanungsprozess beschreibt hierbei die Rahmenbedingungen. Marktpotenziale bieten die Möglichkeit der Operationalisierung strategischer Ziele in Bezug auf die zu erwartende Nachfrage. Eine Plausibilisierung erfolgt über den Abgleich des Vertriebsplans mit vorhandenen Bedarfslücken bei Bestandskunden (inklusive Fälligkeits- beziehungsweise Prolongationspotenzialen). Benchmarks erlauben eine Beurteilung der eigenen Vertriebsleistung vor dem Hintergrund der geschäftspolitischen Strategie und der Strukturen des relevanten Marktes. Ein Blick auf die Vertriebsleistung der Vorjahre zeigt die eigene Leistungsfähigkeit und die Entwicklung der Vertriebsstärke auf. Die methodische Lösung dieser komplexen Anforderungen erfolgt auf Basis eines an der Hochschule entwickelten statistischen Baukastensystems, das ausgehend von den für die Analyse bereitstehenden Quelldaten den unter Kosten-Nutzen-Gesichtspunkten optimalen Ansatz auswählt.Wesentliches Element der Marktpotenzialanalyse im Firmenkundengeschäft ist die Produktgruppe “Unternehmenskredite”. Hier werden an der Hochschule halbjährlich die für die regionale Kreditnachfrage relevanten Parameter identifiziert, im statistischen Ansatz immanent gewichtet und damit das regionale Bestandsvolumen für acht Hauptbranchengruppen sowie vier Branchenuntergruppen des Dienstleistungsgewerbes abgebildet. Das gesamte Unternehmenskreditgeschäft ergibt sich als Summe der Unternehmenskredite über alle Branchen. Eine individuelle Differenzierung nach Betreuungssegmenten über Umsatzgrößenklassen wurde zwischenzeitlich ebenfalls in Projekten für einzelne Sparkassen dargestellt. Vergleich mit BenchmarkDa die Umsatzkonzentration im Unternehmenskreditgeschäft sehr stark ausgeprägt ist und Sparkassen oder Volks- und Raiffeisenbanken ihre Zielgruppen typischerweise im kleinen und mittelständischen Geschäft haben, sagt der Marktanteil nicht zwangsläufig etwas über die Vertriebsstärke aus. Daher wird dem Marktanteil eine Benchmark gegenübergestellt, die ausgehend von der spezifischen Struktur des relevanten Marktes angibt, welchen Marktanteil ein regional tätiges Institut in einem Marktgebiet mit der Struktur des relevanten Marktes durchschnittlich erreicht. Für ambitioniertere Häuser wird als zusätzliche Indikation das beste Drittel angegeben.Der Vergleich von Marktanteils- und Benchmarkentwicklung zeigt Aufhol- und Ausbauperspektiven auf, die ausgehend von regionalen Marktprognosen in der Planung berücksichtigt werden können. Die Vertriebsplanung für das gesamte Unternehmenskreditgeschäft wird durch ein sparkassenindividuelles Planungstool unterstützt, das ausgehend von Tilgungen und Zuteilungen auch eine Planung des Bruttoneugeschäfts ermöglicht. Hierbei sind Ertrags- und Risikobewertung von Branchen zu berücksichtigen. Der Übergang zur ertragsorientierten Steuerung erfolgt über das Bewerten von Planvolumina beziehungsweise Planabschlüssen mit Zinsmargen und/oder Provisionssätzen. Im Rahmen der Gesamtbanksteuerung erfolgt die Verknüpfung von Ertrags- und Risikoerwartungen mit den Marktpotenzialen.Nach dem Roll-out im Unternehmenskreditgeschäft im Jahr 2015 bei über 100 Sparkassen im Rheinischen Sparkassen- und Giroverband und im Sparkassenverband Westfalen-Lippe werden sukzessive weitere Verbandsgebiete in die Systematik eingebunden. Nach dem Sparkassenverband Saar 2016 folgt 2017 der Sparkassenverband Baden-Württemberg. Zusätzlich werden die weiteren Bedürfnisfelder des Sparkassen-Finanzkonzepts Firmenkunden in die Potenzialanalyse eingebunden. Bereits 2016 konnte die Produktgruppe Einlagengeschäft (Tagesgelder, Termingelder, Sparbriefe und Spareinlagen) im Firmenkundengeschäft für Unternehmen und selbständige Privatkunden abgebildet werden.Im Geschäftsleasing erfolgte mit der Deutschen Leasing AG die Pilotierung eines Potenzialmodells, das regionale Leasingpotenziale bis auf Branchenebene aufzeigt. Dieses Jahr läuft in Zusammenarbeit mit Regionalverbänden und einer Landesbank die Pilotierung von Potenzialmodellen für Produkte im Auslandsgeschäft (Auslandszahlungsverkehr, Dokumentengeschäft, Außenhandelsfinanzierung). Bis 2018 werden voraussichtlich für alle Hauptproduktgruppen im Firmenkundengeschäft die Modellentwicklungen abgeschlossen sein. Information aus erster HandStudierende im MBA-Studiengang und im Bachelor-Studiengang “Banking & Sales” der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe erhalten zu den Planungsmodellen Informationen aus erster Hand. Die Fortbildung und Information von Vertriebsmitarbeitern erfolgt über Bildungsangebote der Hochschule in Zusammenarbeit mit den Regionalakademien sowie über dezentrale Workshops bei den an das Planungssystem “Potenzialanalyse Firmenkunden” angeschlossenen Regionalverbänden.—Wolfgang Barth, Inhaber der Professur für Bankbetriebslehre (insbesondere Marketing und Vertrieb) an der Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe in Bonn