Ausbildung von Frauen stärkt Chancen in Afrika
Etwa 50 % der Weltbevölkerung bestehen aus Frauen: 2019 standen 3,82 Milliarden Frauen 3,89 Milliarden Männer gegenüber. Trotzdem beträgt der Frauenanteil in Führungspositionen in Deutschland nur 21,3 %. Das ist nicht nur aus ethischer Sicht fragwürdig, sondern auch ökonomisch betrachtet angesichts der allerorts herrschenden Fachkräfteengpässe ein echter Standortnachteil. Gebot für VielfaltBetrachtet man die Qualität der Vorstände großer Unternehmen, zählen neben Cultural Diversity, dem Alter und der Ausbildung auch ein ausgewogener Frauenanteil zu den Faktoren, die üblicherweise in eine Corporate-Governance-Einschätzung einfließen. Es gibt also ein klares wirtschaftliches Gebot für Vielfalt. Eine aktuelle McKinsey-Studie weist anhand empirischer Daten nach, dass eine größere Geschlechtervielfalt Unternehmen einen echten Wettbewerbsvorteil verschafft. Firmen mit mehr Frauen in Umsatz generierenden Funktionen sorgen demnach für höhere finanzielle Erträge und für eine bessere Wertschöpfung. Und auch der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt fest, dass die Einstellung von Frauen in der Geschäftsleitung oder in den Vorständen mit einer um 8 bis 13 Basispunkte höheren Kapitalrendite verbunden ist. Gibt es eine Alternative?In Deutschland gilt daher bereits seit 2016 eine fixe Frauenquote von 30 % für neu zu besetzende Aufsichtsratsposten in börsennotierten und voll mitbestimmten Unternehmen. Auch in Aufsichtsgremien von Einrichtungen des öffentlichen Dienstes, in denen dem Bund drei Sitze oder mehr zustehen, gibt es seit 2016 eine festgeschriebene Frauenquote: Bei Neubesetzungen dieser Sitze muss die Quote von 30 % zwingend eingehalten werden.Doch solche festen Frauenquoten sind in der Wirtschaft hoch umstritten. Unternehmer beklagen diese Art von Regelungen als staatliche Einmischungen und als unverhältnismäßige Eingriffe in die Strukturen des freien Marktes. Mittlere und kleinere Unternehmen sehen sich in ihrer Gestaltungsfreiheit bedroht und bei ihren Nachfolgeregelungen beeinträchtigt.Dass es auch anders geht, kann man am Beispiel Afrikas sehen, ein Kontinent, der bei diesem Thema – für viele überraschend – eine führende Position in der Welt einnimmt: Denn obwohl Afrika einerseits über die höchste Müttersterblichkeitsrate der Welt verfügt, übertrifft der Erdteil jetzt schon andere Kontinente bei der Vertretung von Frauen in Unternehmensvorständen und stellt so bereits ein Modell für andere Regionen dar. Jeder vierte Verwaltungsratssitz ist in Afrika mit einer Frau besetzt, verglichen mit dem globalen und europäischen Durchschnitt von nur 17 beziehungsweise 23 %. Auch die Erwerbsquote von Frauen liegt mit 76 % über dem Weltdurchschnitt von 64 %. Besonders fortschrittlich auf diesem Gebiet zeigt sich neben Botswana, Ghana, Kenia, der Elfenbeinküste, Uganda, Ruanda und Südafrika auch das bevölkerungsreiche und wirtschaftlich starke Nigeria, das damit eine führende Rolle auf dem Kontinent einnimmt. Nigeria macht es vorViele Unternehmen in Afrika haben erkannt, dass die Zukunft und Stärke der Wirtschaft entscheidend vom Ausmaß der Einbeziehung von Frauen abhängt. Wer sich Wettbewerbsvorteile verschaffen will, sollte gezielt Frauen rekrutieren, ausbilden und fördern. Ein Beispiel eines Ausbildungsprogramms für weibliche Führungskräfte ist das Daystar-Power-Female-Engineer-Trainee-Programm in Lagos, Nigeria, ein Pilotprojekt, das im Februar dieses Jahres mit sieben weiblichen Auszubildenden im Alter zwischen 23 und 25 gestartet wurde und zunächst auf ein Jahr ausgelegt ist. Bestandteil dieses Programms sind unter anderem neben technischen Unterweisungen auch Projektmanagement und Verkaufstraining, womit die jungen Frauen gezielt auf Managementpositionen vorbereitet werden sollen. Studie verdeutlicht esAuch die McKinsey-Studie verweist auf die Auswirkungen von Bildung auf die wirtschaftliche Gesamtleistung: Bleiben die Fortschritte im Bestreben nach Gleichberechtigung aus, würden viele afrikanische Länder ihr Wachstumspotenzial einschränken, so die Macher der Studie. Wenn alle Länder bis 2025 das Niveau der Geschlechterparität des am weitesten entwickelten Landes Südafrika von 0,76 erreichen würden, wäre die Wirtschaft des Kontinents um 10 % oder 316 Mrd. Dollar größer, urteilen die McKinsey-Autoren. Die vollständige Parität wäre übrigens erst bei einem Wert von 1 ausgedrückt. Diesen erfüllt Daystar Power bereits jetzt. Dort werden schon heute sechs von zwölf Führungspositionen von Frauen besetzt, darunter die der beiden Länder-Chefinnen von Ghana und der Elfenbeinküste. Christian Wessels, Gründer und Geschäftsführer von Daystar Power, Lagos