Investmentfonds

Ausländer beanspruchen deutsches Fonds­geschäft

Deutschland ist der größte Fondsabsatzmarkt in Europa. Insofern tummeln sich insbesondere bei Publikumsfonds sehr viele Anbieter aus dem Ausland.

Ausländer beanspruchen deutsches Fonds­geschäft

sto Frankfurt

Der deutsche Fondsmarkt ist im Laufe der Jahre immer internationaler geworden. Wie der Fondsverband BVI in seinem aktuellen Jahrbuch festhält, gingen bei den Publikumsfonds im vergangenen Jahr mit einem verwalteten Vermögen von insgesamt 1,47 Bill Euro nur noch 663 Mrd. Euro auf deutsche Produkte zurück. Somit waren nur noch 45% hierzulande aufgelegt, während es zu Beginn des neuen Jahrtausends noch fast 70% gewesen waren.

Bei dem größeren Part der im Ausland aufgelegten Fonds gibt es laut BVI zwei Kategorien. 682 Mrd. Euro stammten 2021 von ausländischen Tochtergesellschaften deutscher An­bieter (Roundtrip-Fonds), die an einem außerdeutschen Standort aufgelegt sind, vor allem Luxemburg und Irland. Weitere 126 Mrd. Euro in der BVI-Statistik stammen von rein ausländischen Anbietern (Crossborder-Fonds).

Auf dem deutschen Fondsmarkt tummeln sich derweil 688 Anbieter aus 36 unterschiedlichen Herkunftsländern, die eine Vertriebsberechtigung für offene Publikumsfonds haben. 136 davon sind deutsche Anbieter. An zweiter Stelle sind die USA mit 114 Adressen zu nennen. Aus Großbritannien stammen 100 Gesellschaften, 78 aus Frankreich und 60 aus der Schweiz. Im Vergleich zum Jahr 2017 hat sich den Angaben des BVI zufolge der Anteil von Anbietern deutschen Ursprungs leicht reduziert. Die Zahl der Engländer ging ebenfalls zurück, vermutlich besteht hier ein Zusammenhang mit dem Brexit.

Vor allem Amerikaner drängten in jüngster Zeit auf den Markt. Jährlich kommen hierzulande hunderte an Fonds ausländischer Provenienz hinzu, lediglich im ersten Coronajahr gab es unterm Strich einen Rückgang von 32 Produkten. 2021 waren es dann, auf der Welle der Rekordgeschäfte der Assetmanager, auf einen Schlag 801 neue Fonds aus dem Ausland, die hierzulande neu zum Vertrieb zugelassen wurden. 2019 waren es 557 gewesen und 2018 sogar 868. Insgesamt stammten im vergangenen Jahr mehr als 10 000 Publikumsfonds und rund 4 000 Spezial- und alternative Fonds aus dem Ausland.

Neben neuen Fonds gab es auch neue Büros von Anbietern aus dem Ausland: 39 Zweigniederlassungen wurden 2021 gegründet nach 37 im Jahr zuvor. Das ist allerdings im Vergleich zu 2019 nur ein Bruchteil, als es 126 Neugründungen waren. Deutsche Anbieter waren 2019 weniger expansionswillig als die Ausländer: 19 deutsche Fondshäuser richteten eine Zweigniederlassung in einem anderen EU-Mitgliedstaat ein oder boten ihre Dienstleistungen neu grenzüberschreitend an.

Größter Absatzmarkt Europas

Deutschland ist für ausländische Anbieter sehr attraktiv, weil es der größte Absatzmarkt für Fonds in der EU ist. Der Anteil Deutschlands liegt bei 28%, gefolgt von Frankreich mit 15 %. Insgesamt war der EU-Fondsmarkt Ende 2021 rund 13,7 Bill. Euro groß. Laut BVI-Statistik ist Blackrock (USA) hierzulande die größte Fondsgesellschaft aus dem Ausland mit einem Marktanteil von 5,4% bei Wertpapier-Publikumsfonds per Ende 2021. Amundi (Frankreich) kommt in dieser Kategorie auf 3,1% und damit auf den zweiten Platz, Franklin Templeton (USA) steht an dritter Stelle mit 1,4%. Allerdings ist die BVI-Statistik lückenhaft. Zum einen umfasst sie nicht immer das gesamte Geschäft der Anbieter, hier gibt es sehr kontroverse Meinungen darüber, was alles unter „deutsches“ Geschäft gerechnet werden kann. Außerdem gibt es auch große ausländische Anbieter wie Fidelity International, die keine Zahlen mehr an den BVI melden.

Bezieht man die institutionellen Produkte mit ein, ist der ausländische Anteil am Fondsgeschäft hierzulande allerdings nicht ganz so groß wie bei den Publikumsfonds allein. Insgesamt erreichte der Anteil ausländischer Fonds 29%. Der BVI verweist auf Hürden für Ausländer im institutionellen Geschäft, da es strukturelle Verflechtungen oder gewachsene Beziehungen zwischen lokalen Anbietern und institutionellen Kunden gebe.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.