Auslagerungen werden komplexer
Deutschlands Banken wollen zunehmend komplexere Aufgaben auslagern, wie eine Befragung durch die Prüf- und Beratungsgesellschaft PwC ergeben hat. Im Zuge der Digitalisierung messen sie dabei besonderes Potenzial Cloud-Diensten, Mobile Services und Banking sowie robotergestützter Automation bei.bn Frankfurt – Ungeachtet regulatorischer Unwägbarkeiten nimmt im Finanzdienstleistungssektor die Bereitschaft zur Auslagerung auch komplexerer Aufgaben zu. Dies ist zu Wochenbeginn auf der von dem Bundesverband deutscher Banken (BdB) und dem Beraterhaus PwC veranstalteten Konferenz BankenNext deutlich geworden. Vor wenigen Jahren noch habe beim Outsourcing “die reine Kostensenkung” durch eine Auslagerung von Randbereichen im Vordergrund gestanden, erklärte BdB-Hauptgeschäftsführer Andreas Krautscheid. Inzwischen allerdings reiche die Umsetzung “immer tiefer in die Kernprozesse der Banken hinein”. Aus diesem Grund sei es auch kein Wunder, dass die Regulierung aktiver eingreife, sagte er mit Blick auch auf neue, vor dem Abschluss stehende Leitlinien der European Banking Authority (EBA). Viele Institute zaudernIn einer PwC-Befragung von 122 deutschen Banken, Fintechs und Dienstleistern, die im Verlauf dieser Woche zur Publikation ansteht, kündigen 37 % der Kreditinstitute an, in den kommenden ein bis zwei Jahren “verstärkt komplexe und wissensintensive Aktivitäten” auszulagern. Nur jedes fünfte Institut verneint dies ausdrücklich. Rund 42 % beantworten diese Frage allerdings nicht eindeutig. Der hohe Anteil der Unentschiedenen deute darauf hin, dass die Banken zwar einerseits mehr Kernfunktionen auslagern wollten, meint Nina Bartholmes, Director bei PwC Deutschland und Leiterin des Sourcing Competence Team im Bereich Financial Services Advisory. Andererseits bestehe bei vielen Entscheidungsträgern “offensichtlich noch Klärungsbedarf, insbesondere in regulatorischer Hinsicht”. Auch wenn Outsourcing in fast allen Bankbereichen regulatorisch möglich und technologisch immer leichter zu bewerkstelligen sei, brächten neue Regeln wie Mifid II oder die Datenschutz-Grundverordnung in der Praxis so viel Komplexität mit sich, dass viele Institute vor weiteren Auslagerungen dann erst einmal doch zurückschreckten.Wie die Befragung ergeben hat, schließen 42 % auch ein Outsourcing von Steuerungsfunktionen etwa in den Bereichen Compliance oder Know your Customer (KYC) zumindest nicht aus. Derartigen Wünschen steht indes die Realität der Bankenaufsicht gegenüber. So wurde auf der Konferenz von einer europäischen Großbank berichtet, die eigenen Angaben zufolge zwei Jahre lang Verhandlungen mit der Aufsicht führen musste, ehe sie eine Auslagerung vornehmen konnte. Die Aufseher stünden Auslagerungen dabei gar nicht einmal grundsätzlich ablehnend gegenüber, hieß es.Als Hemmnis erweist sich nicht zuletzt ein Flickenteppich an nationalen Vorgaben. Vor diesem Hintergrund forderte Clemens Koch, Leiter Financial Services in der Geschäftsführung von PwC Deutschland, einen europaweit einheitlichen Rahmen, der auch hinreichend verständlich sei, so dass Akteure sich verlässlich in ihm bewegen könnten.Ins selbe Horn stieß BdB-Hauptgeschäftsführer Krautscheid. Auch Fintechs wollten einen digitalen Binnenmarkt, denn sie wollten europäisch arbeiten, erklärte er. Dies werde “ein Riesenthema” für die nächste EU-Kommission sein. Zudem sollten sich Aufseher und Banken seiner Meinung nach frühzeitig über Auslagerungen austauschen. Auf diese Weise erhielten die Kreditinstitute beizeiten wichtige Hinweise, und die Aufsicht erfahre von Entwicklungen nicht erst, wenn es zu einer größeren Prüfung komme. Andernfalls könnten Banken “hier auch viel Geld verbrennen”, erklärte er. Hemmschuh alte SystemeDer PwC-Umfrage zufolge stehen moderne Technologien für Banken im Zuge der Digitalisierung ganz oben auf der Agenda. Rund 83 % messen demnach Cloud-Diensten ein besonders großes Potenzial bei, je 70 % sehen dieses in Mobile Services und Banking sowie Robotic Process Automation, also robotergestützter Automatisierung (siehe Grafik). Ein Großteil der Banken vermute das Potenzial in Technologien, die Effizienzgewinne versprächen, bereits weit entwickelt seien und sich leicht integrieren ließen, meint PwC. Merklich auseinander klaffen indes die Einschätzungen zu den Perspektiven in Sachen künstlicher Intelligenz. 61 % der befragten Fintechs, aber nur 33 % der Dienstleister sowie 39 % der Banken sehen dort besonderes Potenzial. Diese Diskrepanz könnte auf die subjektive Einschätzung der eigenen Entwicklungskompetenz und Umsetzbarkeit zurückzuführen sein, vermutet PwC: “Wo Banken durch alte Systeme limitiert werden, bieten Fintechs mit einer jungen In-frastruktur andere Möglichkeiten.”