Auslandsgeschäft ist mehr als Export
Das Wachstum im Außenhandel hält insgesamt weiter an, und mit einem Volumen von über 1300 Mrd. Euro war Deutschland auch 2018 weiter ein Schwergewicht im Export. Nach China und den USA konnte die Bundesrepublik ihre Rolle als weltweit drittgrößter Warenexporteur behaupten. Die starke Position im Exportgeschäft bleibt Wachstumstreiber und Beschäftigungsmotor der deutschen Wirtschaft – insbesondere für den deutschen Mittelstand. Denn fast 30 % der Arbeitsplätze in Deutschland hängen direkt oder indirekt vom Export ab. In der Industrie ist es sogar mehr als jeder zweite. Interesse wächst weiterNeben diesen offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes sehen wir auch in der unternehmerischen Realität unserer Kunden eine hohe Affinität zum Auslandsgeschäft. Und das Interesse wächst weiter: Laut VR-Mittelstandsstudie, die wir gemeinsam mit dem Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) durchgeführt haben, hat besonders bei Unternehmen mit einem Jahresumsatz von über 25 Mill. Euro die Auslandsorientierung im vergangenen Jahr auf einem bereits hohen Niveau nochmals merklich zugenommen.Wie passt das zu den wachsenden Handelshemmnissen und geopolitischen Konflikten, die den deutschen Außenhandel im vergangenen Jahr sogar haben stagnieren lassen? Denn die Herausforderungen sind augenscheinlich: Insbesondere der Handelskonflikt zwischen China und den USA trübt den Optimismus der Unternehmen. Auch der für dieses Jahr immer wahrscheinlicher werdende Brexit und die drohende Abkühlung der Konjunktur in Deutschland deuten auf ein unruhiges Jahr für die Exportwirtschaft hin. Mit diesen Entwicklungen sehen sich die außenhandelsorientierten Unternehmen verschärften Risiken ausgesetzt. Folgerichtig werden einige Unternehmen bei ihren Investitionen ins Auslandsgeschäft bereits zurückhaltender. Kontrollierte OffensiveZugleich locken unverändert die Wachstumschancen in aufstrebenden und teils noch unterschätzten Ländern wie beispielsweise Indonesien. Unternehmen sollten daher nicht grundsätzlich ihr Auslandsgeschäft zurückfahren, sondern auf kontrollierte Offensive schalten und bei der Gestaltung ihrer Präsenz im Ausland die Risiken aufmerksam steuern. Dabei ist eines wichtig: Auslandsgeschäft ist mehr als Export. Für den Erfolg im Ausland ist nicht nur die Erschließung neuer Absatzmärkte maßgeblich. Vielmehr kommt es für Unternehmen darauf an, sich gegen unternehmensspezifische Risiken wie etwa Zahlungsausfälle ihrer Geschäftspartner abzusichern und zugleich politische und makroökonomische Risiken in ihren Zielmärkten professionell zu überwachen.Bereits im letzten Jahr wurden mittelständische Unternehmen in Deutschland empfindlich von Währungsschwankungen getroffen und mussten dadurch teils signifikante Belastungen verkraften. Zudem steigt mit den weltweiten Handelskonflikten und dem drohenden Brexit das Risiko möglicher Beschränkungen im Kapital- und Warenverkehr sowie die Wahrscheinlichkeit plötzlicher Devisenmarktschwankungen.In diesem herausfordernden Umfeld mit teils komplexen Risiken kommt Banken nicht mehr nur die Rolle des Kapitalgebers zu, der Unternehmen oder ihre Warenströme finanziert. Vielmehr sind Banken heute strategische Partner, die Unternehmen ganzheitlich bei der Internationalisierung und Markterschließung im Ausland unterstützen und beraten – von der Abwicklung, über die Absicherung gegen Risiken bis hin zur Finanzierung. Dabei kommt es verstärkt auf lokale Expertise an. So haben wir beispielsweise unsere Auslandsstandorte gezielt ausgeweitet, um für deutsche Unternehmen dort vor Ort zu sein, wo für sie die interessantesten Märkte sind.Jüngst haben wir etwa eine Repräsentanz in Jakarta, Indonesien, eröffnet, das mit mehr als 260 Millionen Einwohnern und starken Wachstumsraten von über 5% einen vielversprechenden Binnenmarkt bietet. Zudem stärken wir an den wichtigen Auslandsstandorten auch unsere Partnerschaften mit den führenden Banken vor Ort.Mit dem Entschluss, in einen Markt zu expandieren, sollten exportorientierte Unternehmen auch die Möglichkeiten zur Risikosteuerung ergreifen. Die Möglichkeiten reichen von Instrumenten zur Absicherung gegen Zahlungsausfälle – zum Beispiel über das Akkreditivge-schäft und Bestellerkredite – bis hin zur Devisenabsicherung. Hier lohnt ein genaueres Hinsehen. Denn insbesondere bei Auslandsgeschäften mit risikobehafteten Entwicklungs- und Schwellenländern können internationale Zahlungen durch bestätigte Akkreditive abgesichert werden. Das funktioniert über ein unwiderrufliches Zahlungsversprechen, das die Bank des Importeurs gegenüber dem deutschen Exportunternehmer gibt. Voraussetzung ist die Vorlage bestimmter Dokumente, die beispielsweise über den Versand, die Herkunft oder die Qualität der Ware Auskunft geben.Ein weiteres Sicherungsinstrument speziell bei Lieferungen in Risikoländer bietet der Bestellerkredit. Hierüber können Exportunternehmen ihren Kunden Kaufpreisfinanzierungen vermitteln und somit finanzielle Flexibilität einräumen. Das entlastet die eigene Bilanz und Kreditlinie. Der Bestellerkredit eignet sich zur mittel- bis langfristigen Finanzierung – insbesondere beim Verkauf von Maschinen und Anlagen. Der Exporterlös wird von der Bank direkt an den Exporteur ausgezahlt.Doch nicht nur in der Bezahlung des Warenverkehrs gilt es, sich gegen Risiken abzusichern. Zu einer belastbaren Risikostrategie gehört auch ein durchdachtes Währungsmanagement. Klassische Absicherungsprodukte wie Kauf- oder Verkaufsoptionen sowie Devisentermingeschäfte können Wechselkursrisiken mindern. Hierbei beraten Banken bezüglich Auswahl und Optimierung der bedarfsgerechten Sicherungsstrategie. Zusätzlich stellen Banken Informationen zur erwarteten Wechselkursentwicklung zur Verfügung. Sind in einem absehbaren Zeitfenster – Stichwort Brexit – größere Schwankungen zu erwarten, kann beispielsweise auch ein deutlich längerer Absicherungszeitraum sinnvoll sein.Je nach Wechselkursausblick sollte für Länder außerhalb des Euroraums zudem überdacht werden, wie viel des erwarteten Auftrags- oder Einkaufsvolumens abgesichert werden soll. Hier können Unternehmen gemeinsam mit ihrer Hausbank eine kundengerechte Absicherungsstrategie erarbeiten. Internationale KapitalgeberFür ein erfolgreiches Auslandsgeschäft ist die Risikoabsicherung essenziell, um das eigene Wachstum nicht zu gefährden. Auslandsgeschäft heißt aber auch, Wachstum aktiv anzukurbeln. Dazu bieten Kooperationen oder Beteiligungen mit ausländischen Unternehmen eine Möglichkeit, um neue Absatzmärkte zu erschließen und Kapital zu generieren.Mit der fortschreitenden Globalisierung gewinnen Beteiligungen ausländischer Investoren an mittelständischen Unternehmen in Deutschland weiter an Bedeutung. Im Rahmen der Mittelstandsstudie von DZ Bank und BVR haben wir erhoben, dass fast die Hälfte der befragten Unternehmen in den nächsten fünf Jahren eine Beteiligung ausländischer Investoren in Betracht zieht. Um deutsche Investitionen in China und chinesische Investitionen in Deutschland zu fördern, kooperieren wir zum Beispiel seit zwei Jahren mit der China Development Bank. Dies ermöglicht es uns unter anderem, in China lokale Finanzierungen für die Tochtergesellschaften deutscher Unternehmen anzubieten.Darüber hinaus ist die Frage nach dem Einstieg ausländischer Investoren ungleich weitreichender. Letztlich ist der richtige Zeitpunkt ausschlaggebend. Oftmals ergibt sich aus der Frage der Unternehmensnachfolge die Möglichkeit einer ausländischen Beteiligung. Ein solcher Schritt will gut überlegt sein. Denn gerade im Mittelstand steht hinter vielen Firmen nicht selten ein Lebenswerk. Wir wissen jedoch aus vielen Gesprächen mit Firmeninhabern, dass die Offenheit für professionelle Investoren, zum Beispiel aus dem Private-Equity-Bereich, wächst, und dabei auch ausländische Investoren in Erwägung gezogen werden. Wir kennen eine Reihe gelungener Beispiele, in denen sogar die Gründer und früheren Hauptgesellschafter auch nach Einstieg eines Private-Equity-Fonds gerne als Berater oder sogar als Geschäftsführer an Bord geblieben sind.Neben der Beteiligung ausländischer Investoren als Eigenkapitalgeber bieten Schuldscheine je nach Bonität und Geschäftsansatz eine weitere Möglichkeit für Mittelständler, ihr Auslandsengagement auf eine stabilere Basis zu stellen, indem sie neben dem operativen Geschäft auch ihre Kapitalgeberbasis internationalisieren. Schuldscheine deutscher Unternehmen erfreuen sich in den letzten Jahren bei internationalen Investoren immer größerer Beliebtheit. Diese Internationalisierung des Schuldscheines hat auch kleinere Emittenten auf den Radar internationaler Investoren gebracht. Das Auslandsgeschäft hat für Unternehmen zahlreiche Dimensionen. Generell lohnt eine systematische und ganzheitliche Betrachtung von Chancen und Risiken.—-Uwe Berghaus, Firmenkundenvorstand der DZ Bank