Avaloq will im deutschen Markt mit Outsourcing zulegen
Das Schweizer Kernbankensoftwarehaus Avaloq will mit Business-Process-Outsourcing-Dienstleistungen (BPO) im deutschen Markt expandieren. In Berlin betreibt Avaloq bereits ein BPO-Zentrum. Landeschef Klaus Rausch erklärt in der Börsen-Zeitung seine Pläne und sieht auch die Möglichkeit, mit anderen Dienstleistern zu kooperieren.Von Dietegen Müller, FrankfurtDer Name Avaloq ist auch in Deutschland nicht ganz unbekannt. Als Anbieter für Kernbankensoftware, der auf einen Spin-off der Schweizer BZ Bank zurückgeht, will die Gruppe mit Outsourcing-Dienstleistungen für Privatbanken weiter in den deutschen Markt vorstoßen – just zu einem Zeitpunkt, zu dem ein Schlüsselkunde im Outsourcing-Geschäft, nämlich die BSI, verloren gehen wird. BSI gehört noch zur in Schwierigkeiten geratenen brasilianischen Investmentbank BTG Pactual und soll an die Schweizer Privatbankgruppe EFG International verkauft werden.Rausch sieht sein Haus in einem Transformationsprozess. “Wir verkaufen die beste Software, aber wir können damit nicht ausreichend wachsen. Wir wandeln uns darum sehr stark von einem reinen Softwarehersteller zu einem Financial-Service-Provider.” Weltweit betreibt Avaloq inzwischen drei Outsourcing-Center, das erwähnte in Berlin, eines in Singapur und eines in der Schweiz mit Standorten in Lugano, Nyon und Adliswil. Mit Quirin und TradegateAuch organisatorisch sind die Strukturen für die Initiative in Deutschland vorbereitet: Seit Februar 2016 ist Avaloq alleinige Eigentümerin der Outsourcing-Tochter B-Source, die 1995 von der damaligen Banca della Svizzera Italiana (BSI) gegründet wurde und zu deren Kunden abgesehen von BSI und dem Wealth Management Deutsche Bank Schweiz auch Kaiser Partner Privatbank sowie unter anderem Falcon Bank, Banque Cramer oder die Boutique Capital Union Bank in Nassau zählen.Das Berliner BPO-Center geht auf die Übernahme der Back-Office-Dienste der Quirin Bank zurück. Diese hatte bereits selbst fünf Kunden auf der alten Plattform, Vontobel Europe, VBank, Julius Bär Europe, Tradegate und Quirin. Ende letzten Jahres wurde die anfangs als Joint Venture mit Quirin betriebene Gesellschaft voll in Avaloq Sourcing Deutschland integriert, und die Kunden migrierten auf Avaloq-Software. Nach einer “kurzen Verzögerung” auf den ursprünglichen Zeitplan, wie Rausch sagt, brachte Avaloq das Projekt dann im Januar zu Ende.Quirin etwa hatte ursprünglich auf Itrexs als Kernbankensoftware gesetzt, die von Höll Computer & Software hergestellt wurde. Dieser Anbieter wurde von Avaloq 2012 geschluckt. Zu den Kosten für die Investitionen ins BPO-Center Berlin sagt Rausch nichts. Im Markt wird eine mittlere zweistellige Millionensumme kolportiert. Derzeit habe die Plattform etwa 20 Mrd. Euro Assets under Management vereint – in den Augen von BPO-Experten eine noch zu kleine Zahl, um langfristig profitabel sein zu können.Rausch ist zuversichtlich: “Auf der einen Seite nimmt die Komplexität des Bankings immer mehr zu, auf der anderen Seite der Kostendruck”, konstatiert der frühere HVB- und LBBW-Manager. Dies seien Anreize für Banken, auf BPO zu setzen. Zum Kosteneinsparungspotenzial will Rausch sich nicht äußern. Als Daumenregel gelte, Avaloq müsse als Outsourcer etwa “doppelt so effizient sein wie die Bank, die es alleine macht”. Volumendegression und striktes mehrstufiges Kostenmanagement sieht Rausch als ausreichende Voraussetzung dafür, dass das Konzept in Deutschland für die Kunden und für Avaloq aufgeht. “Diese Breite an Produkten und Services kann in Deutschland außer uns niemand anbieten”, so Rausch.Als Motive, Back-Office-Aufgaben auszulagern, nennt der Manager etwa die Abgabe von bankfachlichen Dienstleistungen, wie Zahlungsverkehr, Fragen des Steuerreportings und der Wertpapierabwicklung sowie die Behandlung von Sonderfällen. Für die Einhaltung regulatorischer Bestimmungen seien die Kunden grundsätzlich selbst verantwortlich, sagt Rausch. Avaloq beobachte die regulatorischen Bedingungen aktiv und passe ihre Software den lokalen Gegebenheiten an. Auf Partner angewiesenDas Modell funktioniere auch grenzüberschreitend. “Avaloq hat keine Banklizenz und will auch keine, damit wir für unsere Kunden weiter als bankneutraler Anbieter fungieren können.” Deswegen müssten bei grenzüberschreitenden Geschäften Korrespondenzbanken genutzt werden. “Wir sind mit zwei Großbanken im Gespräch, um einen Global-Custodian-Vertrag abzuschließen.” In der Schweiz betreibt Avaloq einen “Banking Hub”, in dem unterschiedlichste Bankdienstleistungen abrufbar sind, wobei Vontobel und UBS als Custodians auftreten.Im Moment gehe es für Avaloq darum, die eigene Plattform zu stabilisieren. Rausch hält aber auch Synergien mit anderen Dienstleistern für möglich. “Wir haben hier keine Berührungsängste.” Konkreter will sich der Manager dazu nicht äußern. Im vergangenen Jahr hat sich die Schweizer Raiffeisen-Bank mit rund 10 % an Avaloq beteiligt. Zudem arbeitet der Software- und Outsourcing-Anbieter an der Modernisierung der IT-Plattform von Raiffeisen. Dazu wurde mit Raiffeisen das Joint Venture Arizon Sourcing gegründet. Im März hieß es, der Status des Raiffeisen-Projekts stehe intern auf “rot”. Rausch sagt, dies sei für ein derart komplexes Projekt “nicht ungewöhnlich” und bedeute Entscheidungen: “Das tangiert uns nicht groß, außer dass im einen oder anderen Fall vielleicht ein Zugriff auf eine Spezialressource nicht so schnell möglich ist, wie dies von uns gewünscht wird”, so Rausch. Heißes Raiffeisen-ProjektDie Ablösung der Raiffeisen-Plattform in anderer Form sei schon zwei Mal gescheitert. Dieses Projekt sei “zum Erfolg verdammt” und stehe seit einigen Tagen auch “nicht mehr auf rot”. Ein finanzielles Risiko für Avaloq stellt Rausch in Abrede: “Ich sehe definitiv nicht, dass wir dadurch ein finanzielles Risiko eingegangen sind, das nicht zu verkraften wäre.”Unabhängig davon wird Avaloq aber nun den BPO-Schlüsselkunden BSI verlieren. Klappt die Verschmelzung von BSI mit EFG, wird EFG künftig statt auf die Software von Avaloq auf jene des Wettbewerbers Temenos setzen. Nicht zuletzt deshalb dürfte ein Börsengang von Avaloq kaum bald auf der Agenda stehen. Rausch zufolge wird dies “immer wieder überprüft”, doch sei dazu ein Umsatz von rund 1 Mrd. sfr “angedacht”. Umsatzzahlen nennt Avaloq derzeit nicht.