BaFin filzt Wirecard-Bericht nach Hinweisen auf Irreführung
jsc Frankfurt – Nach dem Kursdebakel um Wirecard nimmt die deutsche Finanzaufsicht BaFin die Kapitalmarktkommunikation des Zahlungsdienstleisters ins Visier: “Mit Hochdruck” analysiere die Behörde den Sonderbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG, um etwaigen irreführenden Angaben im Vorfeld der Veröffentlichung des Berichts auf die Spur zu kommen, sagte Elisabeth Roegele, BaFin-Vizepräsidentin und Exekutivdirektorin für Wertpapieraufsicht, am Dienstag in einer Telefonkonferenz: “Sobald wir Anhaltspunkte dafür finden, werden wir unverzüglich Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft stellen.” Ebenso binde die BaFin bei Bedarf Polizei und Staatsanwaltschaft ein, sofern die eigene Untersuchungsbefugnis nicht ausreiche.Wirecard hatte zuvor für Kursausschläge der Aktie gesorgt, indem das Unternehmen unter Verweis auf den Sonderbericht von KPMG zuerst eine Entlastung von dem Vorwurf der Bilanzmanipulation in Aussicht stellte, ehe mit Veröffentlichung des Berichts zugleich schwere Mängel offenkundig wurden: So haben laut Sonderbericht Partnerunternehmen von Wirecard für die Untersuchung von Transaktionen nicht kooperiert, Wirecard hat angeforderte Dokumente nicht herausgegeben oder verspätet ausgehändigt, Befragungen von Mitarbeitern wurden verschoben, mangelnde Dokumentationen und IT-Zugänge haben die Untersuchung behindert, und die Echtheit elektronischer Dokumente war oft nicht verifizierbar. Die Prüfer sind im Auftrag von Wirecard Angaben der “Financial Times” nachgegangen, die wiederholt über mutmaßliche Bilanzierungsverstöße des Unternehmens berichtet hatte. Prüfer prüfen PrüferDie Aktie hatte im April nach der vorab veröffentlichten Ad-hoc-Meldung zum Bericht mit einem Kurssprung reagiert, seit Publikation des vollständigen Dokuments ist der Wert jedoch um mehr als ein Drittel abgerutscht. Allein am gestrigen Dienstag gab der Kurs bis Handelsende um 5,0 % auf 86,60 Euro nach.Auch die Tätigkeit der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY, die Geschäftsberichte von Wirecard abnimmt, gerät in den Blick – allerdings sei dafür zunächst nicht die BaFin, sondern die privatrechtlich organisierte Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) zuständig, sagte Roegele. “Die DPR wird sich sicherlich den Sachverhalt angucken.” Die Stelle könne selbstständig ein Prüfverfahren einleiten, aber auch auf Verlangen der BaFin tätig werden. Ob die Behörde eine Prüfung der Causa verlangt habe, könne sie angesichts der Verschwiegenheitspflicht nicht sagen. Auch die DPR äußerte sich auf Nachfrage am Dienstag nicht zum Fall.Einen unmittelbaren Einfluss auf den jüngsten Umbau im Vorstand verneint die Behörde jedoch: Es sei nicht Aufgabe der BaFin, Vorstandspersonalien von aktiennotierten Gesellschaften zu genehmigen, sagte Roegele. Am Freitag hatte Wirecard mit dem Deutsche-Börse-Manager James Freis einen Vorstand für Compliance berufen und den Beritt von Firmenchef Markus Braun eingegrenzt. Einige Eigner hatten die Entlassung Brauns gefordert.BaFin-Präsident Felix Hufeld sprach von einer “Mehrzahl an Prüfungen”, denen sich Wirecard stellen müsse. Details nannte er dabei nicht. Schon früher war Wirecard in den Blick der Aufsicht geraten: Im vergangenen Jahr hatte die BaFin zeitweilig Leerverkäufe verboten, also Wetten auf fallende Kurse. Im gestern veröffentlichten Jahresbericht spricht sie dabei von “möglichen manipulativen Praktiken, die eine ernstzunehmende Bedrohung für das Marktvertrauen und den Preisbildungsmechanismus darstellten”.