Finanzaufsicht

BaFin nimmt Lieferkettenfinanzierung ins Visier

Aufgeschreckt vom Greensill-Debakel legt die BaFin ihr Augenmerk auf die Lieferkettenfinanzierung: Reverse Factoring wird Schwerpunkt der ab Jahresbeginn von ihr allein verantworteten Bilanzkontrolle.

BaFin nimmt Lieferkettenfinanzierung ins Visier

bn Frankfurt

 Die deutsche Finanzaufsicht intensiviert die Kontrolle von Lieferkettenfinanzierungen. Am Montag hat die BaFin das sogenannte Reverse Factoring als Schwerpunkt der Kontrolle von Bilanzen für das ablaufende Jahr genannt. Das Augenmerk werde vor allem darauf liegen, wie Reverse-Factoring-Transaktionen, die immer häufiger eingesetzt würden, in den Bilanzen und den Kapitalflussrechnungen dargestellt werden. Sie werde zudem überprüfen, „ob die Unternehmen im Anhang und Lagebericht die erforderlichen Angaben machen“.

Mit dieser Priorität setzt die BaFin einen ersten Akzent in der Bilanzkontrolle, die sie infolge der Reformen nach dem Wirecard-Debakel ab Anfang kommenden Jahres allein verantworten wird. Ihre entsprechende Gruppe zählt rund 60 Beschäftigte, die sich auf die Kontrolle der Bilanzen von 531 deutschen Unternehmen des Regulierten Marktes vorbereiten.

Der Fall des Lieferkettenfinanzierers Greensill, der im Frühjahr unter Vorwürfen falscher Angaben etwa zu Kreditversicherungen zusammengebrochen war und eine Milliardenbelastung der freiwilligen Einlagensicherung der privaten Banken in Deutschland nach sich gezogen hatte, hat die Lieferkettenfinanzierung unversehens in den Blickpunkt des breiten Markts gerückt. Dem Finanzierungssegment Supply Chain Finance wird reges Wachstum prophezeit, auch über entsprechende Plattformen. Die Transparenz der entsprechenden Rechnungslegung gilt aber als verbesserungsbedürftig. So stellte der International Accounting Standards Board (IASB) erst Ende vergangener Woche Änderungen seiner Bilanzierungsregeln zur Konsultation, um die Auswirkungen solcher Arrangements auf die Verbindlichkeiten und auf den Cash-flow eines Unternehmens sichtbarer zu machen und das Bedürfnis von Investoren nach detaillierteren Informationen zu decken, wie das Gremium ausführt.

Zuvor hatte die EU-Kommission in einer Studie den IASB, Prüfer, Regulatoren sowie die Branche aufgefordert, Klarheit in der Frage zu schaffen, inwiefern Programme der Lieferkettenfinanzierung als Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen oder aber als Bankkredite zu bilanzieren sind. Wie die BaFin zudem festhält, hatte das International Financial Reporting Standards Interpretations Committee im Dezember 2020 Vorgaben zu dieser Finanzierungsform publiziert, bei der sich Käufer und Verkäufer darauf verständigen, dass ein Dritter die Schuld des Käufers begleicht.

„Als unmittelbare Konsequenz aus dem Fall Wirecard“ will die BaFin im Zuge ihrer Bilanzkontrolle „in begründeten Einzelfällen“ zudem prüfen, „ob angegebene Zahlungsmittel und Vermögenswerte tatsächlich vorhanden sind“. Darüber hinaus werde sie verstärkt auf nachvollziehbare und nachprüfbare Buchführungsunterlagen achten. Hinzu kommen als von der EU-Wertpapieraufsicht ESMA festgelegte Schwerpunkte die Auswirkungen der Pandemie, klimabezogene Risiken sowie erwartete Kreditausfälle.

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