Bankwirtschaftliche Tagung

BaFin-Präsident Branson warnt vor Kreditausfällen

Die deutsche Finanzaufsicht sieht Risiken rund um Gewerbeimmobilien. Bafin-Präsident Mark Branson ruft die Kreditwirtschaft auf, die Risikovorsorge aufzustocken.

BaFin-Präsident Branson warnt vor Kreditausfällen

BaFin fürchtet neue Kreditausfälle

Branson nimmt Risiken rund um Gewerbeimmobilien in den Blick – Kolak mahnt Brüssel zu Weitblick bei Abwicklungsregeln

Drohende Ausfälle aus Gewerbeimmobilienkrediten nimmt die Finanzaufsicht BaFin in den Fokus ihrer Prüfungen. BaFin-Präsident Mark Branson ruft zu mehr Risikovorsorge auf. BVR-Präsidentin Marija Kolak warnt Brüssel davor, Hand an die nationalen Einlagensicherungssysteme zu legen. Dies schade der Finanzstabilität.

wf Berlin

Die deutsche Finanzaufsicht wird bei ihren Werthaltigkeitsprüfungen und den Jahresabschlussprüfungen 2023 besonders stark Risiken im Gewerbeimmobiliensektor in den Blick nehmen. BaFin-Präsident Mark Branson rechnet dort mit steigenden Kreditausfällen. Bislang hätten sie sich noch nicht materialisiert, seien aber absehbar, sagte der deutsche Chefaufseher auf der 78. Bankwirtschaftlichen Tagung des Genossenschaftsbankensektors in Berlin.

Mit der zurückliegenden staatlichen Krisenhilfe sei die Wirtschaft alimentiert worden, sagte Branson. „Das macht das Leben extrem schwierig für Risikomanager.“ Mittlerweile normalisiere sich die Lage wieder. Doch blieben die Herausforderungen für die Wirtschaft bestehen und würden nicht spurlos an ihr vorbeigehen. Dass Kreditrisiken stiegen, sei normal im Bankgeschäft. Für die Aufseher gehe es darum, wo es gefährliche Konzentrationen gebe und ob ausreichend Risikovorsorge getroffen worden sei.

Sorgen macht Branson das Niveau der Kreditvorsorge. Die Quote ist der Statistik zufolge in den vergangenen Jahren auf 1,6% gesunken. Bei allen kleinen Instituten, auch den Genossenschaftsbanken, habe sie Ende 2022 nur ganz leicht darüber gelegen. Um sich gegen gegen kommende Kreditverluste zu wappnen, rät Branson – neben einem soliden Risikomanagement und Vermeidung von Konzentration – auch zu steigender Risikovorsorge. Letztere lasse sich nach dem Zinsanstieg wieder erwirtschaften.

Nur ein blaues Auge

Anders als bei den Kreditausfällen hätten sich Zinsänderungsrisiken und Liquiditätsrisiken bereits manifestiert, machte Branson deutlich. Die Kreditbranche sei „mit einem blauen Auge durch die Zinsschockphase“ gekommen. Für einige US-Regionalbanken sei das Zinsänderungsrisiko lebensbedrohlich gewesen. Aber auch deutsche Institute seien noch signifikanten Zinsschocks ausgesetzt.

Häuser, die die Risiken gut gemanagt hätten, profitierten heute vom Zinsanstieg mit besseren Erträgen. Aber mehrere kleine Banken, auch Genossenschaftsbanken, hätten offene Zinsrisikopositionen. Branson sprach von 13 Mrd. Euro über alle nicht von der EZB beaufsichtigten Institute, davon die Hälfte bei Genossenschaftsbanken. Reserven und Kapitalpolster hätten dies durchweg auffangen können. Es gebe nur eine Handvoll kleine und kleinste Institute, die noch von der BaFin besonders eng begleitet würden. „Wir sehen hier keine Gefahr für eine systemische Krise.“ Das Regelwerk müsse aber überprüft werden, etwa ob Zinsänderungsrisiken bereits in der sogenannten Säule I mit Eigenkapital unterlegt werden müssen. Bislang kann die Aufsicht in Säule II zusätzliches Eigenkapital einfordern. Mit Blick auf das Liquiditätsrisiko stellte Branson fest, dass es Geschäftsmodelle gebe, die nicht kalibriert seien für eine Einlagenflucht im digitalen Zeitalter.

Einlagensicherung in Gefahr

Marija Kolak, Präsidentin des Bundesverbands der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), forderte von der Politik Rahmenbedingungen, in denen die Institute gut wirtschaften könnten. „Finden wir den Mut zur Freiheit, anstatt mit Detailvorgaben allesamt zu überfordern.“ In Richtung Brüssel schickte sie den Appell, die Revision der Abwicklungsregeln und der Einlagensicherung, die CMDI-Review, zu überdenken. Der Legislativvorschlag der EU-Kommission habe „das Potenzial, die Struktur der genossenschaftlichen Finanzgruppe auf Dauer zu beschädigen“. Abwicklung dürfe nicht der neue Standard sein – bei jeder noch so kleinen Bank. Das schwäche den Finanzmarkt und schade dem Wirtschaftsstandort.

Mehr Transparenz forderte Kolak bei der möglichen Einführung des digitalen Euro. Zugleich wandte sie sich gegen selbstgemachten Zeitdruck. Die digitale Währung sei ein weitreichender Eingriff in die Fundamente des Geldsystems. Was im Gewand technischer Fragen daherkomme, sei in Wahrheit eine politische Grundsatzentscheidung zur Reichweite des Mandats der EZB. So weitreichende Entscheidungen verdienten eine öffentliche Debatte und gehörten in die Parlamente. Die Finanzierungsfunktion der Kreditinstitute für die Realwirtschaft dürfe durch den digitalen Euro nicht beeinträchtigt werden.

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