BaFin sorgt sich um Altersvorsorge
Das wieder deutlich gesunkene Zinsniveau ruft die Versicherungsaufsicht auf den Plan. Sie will sich den Lebensversicherern und Pensionskassen noch stärker widmen. BaFin-Exekutivdirektor Frank Grund fordert neue Regeln für Nachrangkapital und will sich Cyberpolicen der Versicherer genau ansehen.ak Bonn – Die deutsche Finanzaufsicht BaFin ist angesichts des weiter gefallenen Zinsniveaus besorgt: “Die Situation der Lebensversicherer und Pensionskassen erfordert, dass wir unsere Kontrolle verstärken”, sagte der für die Versicherungsaufsicht zuständige Exekutivdirektor Frank Grund bei der Jahreskonferenz seiner Behörde am Dienstag in Bonn. 31 Pensionskassen und rund 20 Lebensversicherer stehen derzeit unter intensivierter Aufsicht, weil sie mittel- bis langfristig in finanzielle Schwierigkeiten geraten könnten. Grund rechnet damit, dass die Solvenzquoten zum Stichtag 30. September weiter gefallen sind.”Es ist ein Punkt erreicht, an dem die Marktteilnehmer sehr deutlich machen sollten, wie stark die niedrigen Zinsen mittlerweile ihr Geschäftsmodell und damit ihren Beitrag zur kapitalgedeckten Altersversorgung gefährden”, betonte Grund und machte damit klar, dass er nicht nur die Branche selbst in der Verantwortung sieht.Der oberste Versicherungsaufseher untermauerte das Ziel, das Nachrangkapital der Lebensversicherer unter die Lupe zu nehmen. Grund stört sich daran, dass die Gläubiger der Nachrangdarlehen erst im Falle einer Insolvenz herangezogen werden – noch vor einer Insolvenz kann es für Versicherungsnehmer jedoch bereits zu einer Leistungskürzung kommen. “Ich will aufsichtsrechtlich privilegiertes Eigenkapital nur haben, wenn es auch etwas nützt und davor schützt, dass der Kunde geschädigt wird”, erläuterte Grund. Das sei bei den zum Solvenzkapital zählenden Nachrangdarlehen, für die Versicherer hohe Zinsen zahlten, jedoch nicht der Fall. Die BaFin fragt gerade bei den Lebensversicherern und Pensionskassen nach, wie viel Nachrangkapital sich im Markt befindet. Neue Nachrangdarlehen sollen nach dem Willen der Aufsicht nur nach geänderten Regeln vergeben werden. Bei bestehenden Verbindlichkeiten sollen die Konditionen nach Absprache mit den Gläubigern wenn möglich geändert werden.Im Zusammenhang mit dem Niedrigzinsumfeld will die BaFin auch die langfristigen Verbindlichkeiten der deutschen Lebensversicherer mit einem anderen Zinssatz unter Solvency II abzinsen als bisher. Im kommenden Jahr wird das seit 2016 geltende europaweite Aufsichtsregime überarbeitet. Die BaFin hat der europäischen Aufsicht EIOPA laut Grund einen Vorschlag vorgelegt, das sogenannte Volatiliy Adjustment anders zu berechnen. Bei einem Impact Assessment im März 2020 will die BaFin sich die Auswirkungen ihres Vorstoßes für die Branche genau ansehen.In Sachen Cyberrisiko bei deutschen Versicherern gab Grund teilweise Entwarnung: Die Befürchtungen der Aufsicht, die Unternehmen der Branche hätten signifikante stille Cyberrisken in ihren Büchern, hätten sich nicht bewahrheitet. “Da ist nicht so viel Sorge angezeigt, wie wir zunächst dachten.” Wenn die Silent-Cyber-Analyse abgeschlossen sei, werde sich die BaFin den Cyberpolicen widmen. Grund betonte, dass es nicht um die Genehmigung von Preisen oder Bedingungen gehe. Die Aufsicht wolle aber wissen, wie die Unternehmen mit den neuen Risiken umgingen. “Ich habe den Eindruck, dass die Unternehmen das ganz gut machen”, sagte Grund. Cyber sei ein langsam wachsender Markt. Als eigens ausgewiesene Sparte – was heute noch nicht der Fall ist – würde Cyber auch transparenter werden.