Finanzproduktkosten

BaFin tadelt fondsgebundene Lebens­versicherung

Verträge mit Fonds kosten in der Lebensversicherung oft deutlich mehr als klassische Varianten, zeigt eine Erhebung der Finanzaufsicht. Die Produkte sind demnach womöglich zu teuer und Interessenkonflikte nicht immer sichtbar.

BaFin tadelt fondsgebundene Lebens­versicherung

jsc Frankfurt

Die Preisaufschläge für fondsgebundene Lebensversicherungen sind laut Einschätzung der Finanzaufsicht BaFin im Vergleich zu klassischen Verträgen moderat, während zugleich eine Minderheit der Anbieter besonders stark zulangt. Zwar sind Anlageprodukte mit Fonds über alle Laufzeiten und in allen Preisklassen teurer als gewöhnliche Lebensversicherungen, wie die Aufsicht im „BaFin Journal“ festhält. Besonders hoch sind die Kosten und Preisunterschiede aber in der Spitze.

So stellen die Analysten über alle Laufzeiten hinweg in einigen Fällen jährliche Kosten von mehr als 4% fest. Damit kommen die Anbieter laut BaFin ihren Pflichten nicht nach. „Die höheren Effektivkosten in der Spitze lassen ernsthaft daran zweifeln, dass die Produktfreigabeverfahren den Interessen, Bedürfnissen und Merkmalen des Zielmarktes ausreichend Rechnung getragen haben.“

Die Hälfte der nach Volumen gewichteten Verträge sind bei einer 30-jährigen Laufzeit aber nicht teurer als 1,64% (siehe „50-%-Quantil“ in der Tabelle). Zum Vergleich: Ein mittelteurer klassischer Vertrag wiederum liegt mit 1,16% um annähernd 0,5 Prozentpunkte darunter. Anders ist das Bild für die teureren Verträge: Ein Viertel der Anlagesumme, die in fondsgebundenen Versicherungen liegt, ist bei 30-jähriger Laufzeit mit Kosten in Höhe von mindestens 2,35% versehen (siehe „75-%-Quantil“). In dieser Preisklasse beträgt die Differenz zu einem klassischen Produkt bereits mehr als 0,9 Prozentpunkte. Teure fonds­gebundene Verträge treiben den Durchschnittswert nach oben, der bei 1,90% liegt. Auch bei klassischen Produkten fallen teurere Varianten ins Gewicht, allerdings ist der Effekt hier schwächer ausgeprägt.

Fondsgebundene Verträge sind teurer, weil nicht nur für die Versicherung, sondern zusätzlich auch für die Fonds Gebühren anfallen. Die etwas höheren Kosten, wie sie im Mittelfeld bei längeren Laufzeiten anfallen, erscheinen wegen oft höherer Ertragschancen nach Auffassung der BaFin als „vertretbar“. Für die Studie befragte die Aufsicht Lebensversicherer zu Verträgen und Anlage­optionen, die im ersten Halbjahr 2021 am häufigsten verkauft worden waren. Mehr als die Hälfte des Neugeschäfts wurde auf diese Weise erfasst. Zusätzlich ermittelten die Analysten auch die Kosten der teuersten und der billigsten Produkte. Die Angaben beziehen sich auf Verträge mit einem monatlichen Beitrag von 100 Euro. Die Effektivkosten geben an, wie stark die jährliche Rendite durch die insgesamt anfallenden Kosten reduziert wird.

Wenig Transparenz

Darüber hinaus sind die Versicherer nach Auffassung der BaFin nicht immer in der Lage, etwaige Interessenkonflikte im Vertrieb zu eruieren. Fonds sind typischerweise mit Rückvergütungen verbunden, mit denen Fondsanbieter den Verkauf unterstützen. In der fondsgebundenen Versicherung fließt diese Vergütung an die Lebensversicherer, die ihre Anleger wiederum daran beteiligen.

In einigen Fällen aber – nämlich nach Kenntnis der Versicherer bei rund einem Fünftel der Neugeschäftssumme – zahlen die Fondsanbieter eine Rückvergütung direkt an die Produktvermittler. Dabei ist den Versicherern die Höhe dieser Vergütung in etwas mehr als der Hälfte der Fälle nicht bekannt. „Das weist darauf hin, dass es für einige Lebensversicherer nur eingeschränkt möglich ist, etwaige ­Interessenkonflikte im Vertrieb zu identifizieren und die gesetzlichen Vorgaben zur Vertriebsvergütung umzusetzen“, hält die BaFin fest. Für Versicherungsvermittler, die mit privaten Anlegern sprechen, lohnt es sich finanziell, Verträge mit höheren Provisionen zu empfehlen.

Zu wenig Transparenz sieht die BaFin auch im Kostenausweis: Die Gebühren für das Fondsmanagement fließen zwar in die Effektivkosten ein, die von den Versicherern ausgewiesen werden müssen. Doch in der separaten Kalkulation der Abschlusskosten tauchen die Fondsgebühren nicht auf – ein Missstand, wie die BaFin resümiert. „Hierdurch kann den Kunden ein falscher Eindruck von der faktischen Gesamthöhe der Abschlusskosten vermittelt werden.“

Wertberichtigt Seite 8

Die Kosten klaffen auseinander
Jährliche Effektivkosten von Versicherungsanlageprodukten* in Prozent
 fondsgebunden klassisch
Eintrittsalter (Laufzeit in Jahren)55 (12)47 (20)37 (30)27 (40)55 (12)47 (20)37 (30)27 (40)
25-%-Quantil2,031,541,301,131,421,231,000,83
50-%-Quantil2,622,001,641,531,911,481,160,98
75-%-Quantil3,292,652,352,212,321,731,431,22
Gewichtetes Mittel2,662,171,901,751,891,521,281,12
*) Monatsbeitrag von 100 EuroQuelle: BaFinBörsen-Zeitung
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