BaFin überprüft Kontrollen bei Union Investment
Von Silke Stoltenberg, FrankfurtAngesichts des spektakulären Falls eines mutmaßlichen Insiderhandels geht die Finanzaufsicht BaFin nun bei der Fondsgesellschaft Union Investment der Frage nach, ob die internen Kontrollen zur Vermeidung solcher Straftaten hinreichend sind. Der Sachverhalt werde “im Hinblick auf etwaige investmentaufsichtsrechtliche Aspekte” überprüft, so eine Sprecherin auf Anfrage der Börsen-Zeitung. Dies sei “ein völlig übliches Prozedere in solchen Fällen”. Der Fall indes ist atemberaubend: ein außergewöhnlich hoher Gewinn von 9 Mill. Euro (vgl. BZ vom 4. September), ein bekannter Fondsmanager eines großen Fonds des genossenschaftlichen Assetmanagers – die Investmentbranche ist erschüttert.Derweil wurde der Fondsmanager auf Anordnung der Staatsanwaltschaft in Untersuchungshaft genommen und Vermögen arrestiert. Es besteht also aus Sicht der Justiz Flucht- oder Verdunkelungsgefahr. Der insbesondere für seine Empfehlungen des mittlerweile insolventen Finanzdienstleisters Wirecard bekannte Portfoliomanager hatte bei mehreren Banken private Depots geführt. Es war also mutmaßlich ein Insiderhandel in ganz großem Stil. Wegen der Vielzahl von Verstößen drohen bis zu 15 Jahre Haft. Die Verdachtsmeldungen zu seiner Person gingen bei der BaFin gleich von mehreren Banken ein. Nach Art. 16 der Marktmissbrauchsverordnung (MMVO) sind Kreditinstitute verpflichtet, verdächtige Insidergeschäfte an die BaFin zu melden. An den Kontrollen vorbeiAllein bei Union Investment ging der offenkundig mit hoher krimineller Energie betriebene mutmaßliche Insiderhandel an den Kontrollen vorbei. Die Gesellschaft hatte betont, dass die verdächtigen Geschäfte offenbar in Privatdepots, die nicht ordnungsgemäß bei der eigenen Compliance gemeldet wurden, stattfanden, und weist eine Unzulänglichkeit der eigenen Systeme von sich. Den Vorgaben zufolge muss “jede Fondsgesellschaft angemessene interne Regelungen zur Überwachung von privaten Wertpapiergeschäften ihrer Mitarbeiter haben”, so die BaFin-Sprecherin. Mitarbeiter in besonderen Vertraulichkeitsbereichen, wozu auch das Fondsmanagement zählt, seien arbeitsvertraglich verpflichtet, gegenüber einer zentralen Stelle im Unternehmen oder im Konzern zu offenbaren, bei welchen Banken private Wertpapierdepots bestehen und welche privaten Wertpapiergeschäfte für Rechnung der Mitarbeiter oder Dritter durch den Mitarbeiter abgeschlossen werden. “Die zentrale Stelle überprüft die mitgeteilten Wertpapiergeschäfte. Je nach Position des Mitarbeiters sowie Art und Umfang des jeweiligen Wertpapiergeschäftes kann es weitergehende Meldepflichten geben.”In diesem Jahr gab es bei der BaFin erst ein Dutzend Insideruntersuchungen – das ist im Vergleich zu den Vorjahren eher wenig. In den Jahren 2010 bis 2019 hatte es kumuliert insgesamt 430 Insideruntersuchungen gegeben. Vor Eröffnung einer Untersuchung gibt es zudem deutlich mehr vorgelagerte Analysen, die aber häufig nicht den Verdacht erhärten. Und meistens geht es um Fälle, die bei weitem nicht so viel illegalen Gewinn abwerfen wie die nun ruchbar gewordenen 9 Mill. Euro. Vergleichbare Fälle bei Kapitalverwaltungsgesellschaften sind nicht bekannt.Wie lange die Überprüfung bei Union Investment andauern wird, ist unklar. Bei aufsichtsrechtlichen Überprüfungen lässt sich die BaFin nicht in die Karten schauen. Auch bei der Staatsanwaltschaft hieß es zu Wochenbeginn lediglich, dass die Ermittlungen andauerten.Derweil wird in der Branche die Frage gestellt, ob die vorgeschriebenen Kontrollen bei den Fondsgesellschaften ausreichen. Das Bundesfinanzministerium verwies auf Anfrage der Börsen-Zeitung lediglich auf den Wirecard-Aktionsplan (siehe Bericht oben). In Deutschland ist der Insiderhandel nach Art. 14 der am 2. Juli 2014 in Kraft getretenen MMVO verboten und wird mit Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet.