BaFin und Bundesbank erklären Einstufung von Wirecard
sp Berlin – Mit dem milliardenschweren Betrugsskandal beim mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard wird sich wohl noch im September ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss beschäftigen. Entsprechenden Forderungen von FDP und Linke schlossen sich am Dienstag auch die Grünen an. Zuvor hatten unter anderem der Chef der Finanzaufsicht BaFin, Felix Hufeld, Bundesbank-Vorstandsmitglied Joachim Wuermeling und Theodor Weimer, Vorstandschef der Deutschen Börse, dem Finanzausschuss des Bundestags in einer weiteren Sondersitzung zu dem Bilanzskandal Rede und Antwort gestanden.Bei der Befragung von BaFin-Präsident Hufeld und Bundesbanker Wuermeling ging es unter anderem um die Details zur gemeinsamen Prüfung zur aufsichtsrechtlich relevanten Einstufung der Wirecard AG als Technologieunternehmen, die Kritiker als einen wesentlichen Grund dafür ansehen, dass Wirecard über Jahre durch die Netze der Aufseher schlüpfen konnte. Doch die rechtlichen Voraussetzungen für eine Einstufung als Finanzholding seien nicht erfüllt gewesen, betonten Hufeld und Wuermeling nach Angaben des Informationsdienstes “Heute im Bundestag” vor dem Ausschuss einhellig. Wuermeling führte dabei aus, dass der Schwerpunkt der Wirecard AG auf der Zurverfügungstellung von Technologie und Software gelegen habe. Die für die Einstufung als Finanzholding relevanten Tätigkeiten im Finanzbereich hätten weit unterhalb der dafür notwendigen Schwelle gelegen, sagte das Bundesbank-Vorstandsmitglied.Der Vorstandschef der Deutschen Börse, Theodor Weimer, regte im weiteren Verlauf der Sitzung infolge des Wirecard-Skandals Änderungen an börsengesetzlichen Regelungen an, um den Handlungsspielraum der Börsen zu erweitern. Weimer schlug beispielsweise vor, Sanktionsverfahren im Fall von nicht vorgelegten Finanzberichten schneller zu eröffnen und den Sanktionsrahmen zu erhöhen. Zudem forderte er Anpassungen an den Regelungen zur Veröffentlichung von Maßnahmen auf Grundlage des Börsengesetzes. Öffentliche Rügen seien internationale Praxis und sehr effektiv, meinte Weimer. Auch die Börse steht im Zusammenhang mit dem Wirecard-Skandal in der Kritik, weil das Unternehmen noch Wochen nach dem Bekanntwerden des Betrugs im Leitindex Dax geführt wurde.Die Auftritte von Hufeld, Wuermeling und Weimer gaben nicht den Ausschlag dafür, dass die Oppositionsparteien nach dem Ende der zweitägigen Sondersitzung des Finanzausschusses zu Wirecard am Dienstagmittag entschlossen waren, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. “Statt endlich aufzuklären, mauert die Bundesregierung im Wirecard-Skandal und liefert Informationen scheibchenweise oder gar nicht”, erklärte Lisa Paus, finanzpolitische Sprecherin der Grünen genervt. “Über die ganze Sommerpause haben wir versucht zu klären, wie Wirecard unter der Nase von Wirtschaftsprüfern und Aufsichtsbehörden eine gigantische Betrugsmaschinerie aufbauen konnte. Und wer die politische Verantwortung für das beispiellose Aufsichtsversagen trägt”, sagte sie zur Entscheidung der Grünen, sich jetzt den Forderungen von FDP und Linken nach einem Untersuchungsausschuss anzuschließen. Auf beide Fragen habe man mit den Mitteln, die dem Finanzausschuss in seinen Sondersitzungen zu dem Thema zur Verfügung standen, keine befriedigenden Antworten erhalten. Ein Untersuchungsausschuss kann zusätzliche Akten einsehen und weitere Zeugen befragen. Gespräch zwischen FraktionenZum konkreten Untersuchungsauftrag des Gremiums werde es nun zügig Gespräche mit FDP und Linken geben. Ein Ergebnis werde es dann hoffentlich bis nächste Woche geben, sagte Paus. Der Grünen-Finanzpolitiker Danyal Bayaz ergänzte, es gehe nicht um ein politisches Tribunal, sondern um lückenlose Aufklärung. Die Aufarbeitung des Wirecard-Skandals wird sich nun wohl bis weit ins Wahljahr 2021 hineinziehen und könnte vor allem für den SPD-Spitzenkandidaten und Finanzminister Olaf Scholz, dem auch die wegen Wirecard in die Kritik geratene Finanzaufsicht BaFin untersteht, zur Belastung werden.Ein Untersuchungsausschuss ist ein klassisches Instrument der Opposition. In der Nachkriegszeit gab es Dutzende solcher Ausschüsse, oft zur Verteidigungspolitik und Korruptionsfällen. Finanzthemen sind eher selten Thema. In den Jahren 2016 und 2017 gab es aber einen Untersuchungsausschuss zum Cum-ex-Steuerbetrug.