Compliance

BaFin verbietet Beschäftigten Aktiengeschäfte

Bei der Aufarbeitung des Wirecard-Skandals kam ans Licht, dass Dutzende BaFin-Mitarbeiter kräftig mitgezockt hatten. Ein neues Regelwerk soll das nun unterbinden.

BaFin verbietet Beschäftigten Aktiengeschäfte

lee Frankfurt

– Als Konsequenz aus dem Wirecard-Skandal hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) neue Compliance-Regeln für Wertpapiergeschäfte erlassen. Wie die Behörde am Donnerstag mitteilte, ist ihren Beschäftigten seit dem 1. September der Handel von Finanzinstrumenten, die von ihr beaufsichtigte Unternehmen ausgeben, grundsätzlich verboten. Ebenfalls untersagt sind Geschäfte mit Finanzinstrumenten, die an einem „inländischen organisierten Markt“ gehandelt werden sowie spekulative Geschäfte. Für einen Großteil der Beschäftigten gilt zudem eine Erweiterung des Verbots auf die im Freiverkehr gehandelten Titel.

Wer, wie 90% der Belegschaft, in Aufsichtsbereichen tätig ist, darf außerdem nicht mit Finanzinstrumenten handeln, die einen Bezug haben zu in der EU ansässigen Banken oder Versicherern. Die wenigen erlaubten Finanzgeschäfte sind vom ersten Euro an meldepflichtig. Hintergrund der rigiden Regelungen ist die öffentliche Empörung darüber, dass mehrere Dutzend BaFin-Beschäftigte einen regen Handel mit Wirecard-Aktien und verbundenen Finanzinstrumenten unterhielten, während es der Behörde nicht gelang, die Machenschaften des inzwischen insolventen Zahlungsdienstleisters aufzudecken.

In einem besonders krassen Fall hatte ein Mitarbeiter am Tag, bevor die mutmaßliche Bilanzfälschung publik wurde, noch mit Wirecard-Optionen gehandelt. Die 2021 eingeleiteten staatsanwaltlichen Ermittlungen wegen des Verdachts auf strafbaren Insiderhandel seien inzwischen jedoch eingestellt worden, weil alle Verdachtsmomente ausgeräumt worden seien.

42 Verstöße bei Wirecard

Insgesamt ergaben die internen Ermittlungen im Zuge der Aufarbeitung des Wirecard-Skandals nach Angaben der BaFin in 42 Fällen Hinweise auf einen Verstoß gegen die damals gültigen Regeln zu privaten Finanzgeschäften. In 37 Fällen seien es Verstöße gegen die unverzügliche Meldepflicht gewesen. In drei Fällen stehe der Vorwurf des spekulativen Handels im Raum. In elf der Fälle seien die Ermittlungen abgeschlossen, in 19 Fällen werde noch geprüft, ob ein Verfahren eröffnet werden soll. „Ziel der am 1. September 2022 in Kraft tretenden Dienstanweisung für private Finanzgeschäfte der BaFin-Beschäftigten ist, jeglichen Anschein von Missbrauch vertraulicher Informationen zu unterbinden“, so BaFin-Präsident Markt Branson. Der Nachfolger des über den Wirecard-Skandal gestolperten Felix Hufeld ist angetreten, um die Behörde schlagkräftiger und transparenter zu machen. Die neuen Regeln gehörten zu den strengsten weltweit, ergänzte der frühere Chef der Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma.

Die neue Dienstanweisung hat die Behörde auf ihrer Website veröffentlicht. Für Michael Hippeli, Professor für Wirtschaftsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen, ist das ein ungewöhnlicher Schritt, da behördliches Innenrecht normalerweise nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sei. „Positiv daran ist aber die maximale Transparenz für Bewerber, die künftig bei der BaFin arbeiten wollen“, findet er.

Erhebliche Zweifel hat der Jurist, der einst selbst für die BaFin tätig war, an der Verhältnismäßigkeit der Vorgaben. Sie liefen im Freiverkehr für die Mehrzahl der BaFin-Mitarbeiter de facto auf ein totales Handelsverbot für den Inlandsmarkt hinaus. Dies erleichtere zwar der Behörde die interne Kontrolle privater Finanzgeschäfte. „Jedoch sind die Regelungen für viele Mitarbeiter unverhältnismäßig und daher wohl auch rechtswidrig“, so Hippeli.

Wertberichtigt Seite 2

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