Bain hält Bankenfusionen für unausweichlich

Berater erwarten schon bei einer Konjunktureintrübung branchenweit negative Eigenkapitalrenditen

Bain hält Bankenfusionen für unausweichlich

lee Frankfurt – Den deutschen Banken fällt es immer schwerer, ihre Kapitalkosten zu verdienen. Wie Walter Sinn, Deutschlandchef der Unternehmensberatung Bain, am Montag bei der Vorstellung einer aktuellen Studie zur Lage der hiesigen Kreditwirtschaft sagte, droht sich die Gesamtprofitabilität der Branche selbst bei einem nur leicht eingetrübten Konjunkturumfeld bis zum Jahr 2025 noch einmal zu halbieren. In einem negativen Szenario gerate die Gesamtprofitabilität in Gefahr.Bain zufolge verzeichneten die Banken und Sparkassen in Deutschland 2018 eine Halbierung der durchschnittlichen Eigenkapitalrendite auf 1 %. Für die Studie, die Bain zum sechsten Mal in Folge erstellt hat, haben die Autoren die Bilanzen und Strukturen der Gewinn-und-Verlust-Rechnungen der deutschen Kreditwirtschaft untersucht. Die Datenbasis weicht von den Statistiken der Bundesbank ab, unter anderem weil sie auch auf Daten von Hoppenstedt, S&P sowie der Europäischen Zentralbank basiert. Mittelfristig fehlen Milliarden Obwohl die Branche seit 2008 rund 100 000 Stellen abgebaut und rund 10 600 Filialen geschlossen hat, stieg die Kosten-Ertrags-Relation demnach seither gegen den weltweiten Trend um 10 Prozentpunkte auf 73 %. Insbesondere die Ausgaben für die Digitalisierung und die verschärfte Regulierung konterkarierten die Sparanstrengungen, sagte Studienautor Sinn.Um ihre Eigenkapitalkosten mittelfristig zumindest decken zu können, müssten die Banken und Sparkassen Bain zufolge ihr Ergebnis vor Steuern bis 2025 in der Summe um 23 Mrd. Euro steigern. Rechnet man die Risikovorsorge nach § 340 g HGB heraus, in die Sparkassen und Genossenschaftsbanken einen beachtlichen Teil ihrer Gewinne parken, summiert sich der erforderliche Betrag immer noch auf 16 Mrd. Euro.Sinn: “Die Banken haben keine andere Wahl, als ihr Filialnetz noch mehr auszudünnen und die Zahl ihrer Beschäftigten weiter zu reduzieren.” Auch das werde allein jedoch nicht ausreichen, so dass eine europäische Konsolidierung unausweichlich erscheine. Immerhin trenne die deutsche Branche eine Ergebnislücke von 8 Prozentpunkten oder 40 Mrd. Euro von den europäischen Wettbewerbern.So hätten etwa die französischen Großbanken zuletzt eine Eigenkapitalrendite von 6,7 % und eine Kosten-Ertrags-Quote von 67 % erzielt. Die britischen Banken verzinsten das Eigenkapital bei einer Kosten-Ertrags-Quote von 64,3 % mit 7,7 %. Noch besser standen demnach mit einer Eigenkapitalquote von jeweils 8,3 % die spanischen und italienischen Banken da, wobei die Spanier mit einer Kosten-Ertrags-Quote von 54,5 % die Nase vor den Italienern (61,7 %) hatten.Eine Voraussetzung für grenzüberschreitende Bankenfusionen in Europa sei jedoch eine regulatorische Harmonisierung innerhalb der EU, sagte Sebastian Thoben, Bain-Partner und Co-Autor der Studie. Zudem sei eine Sanierung auf nationaler Ebene zwingend erforderlich. Nur mit effizienten und skalierbaren Geschäfts- und Betriebsmodellen seitens der deutschen Institute könnten sich im Rahmen internationaler Zusammenschlüsse die erhofften Kostensynergien heben lassen. Sanierung vor KonsolidierungGanz neu sind sie jedoch nicht, die vier Handlungsfelder, in denen Bain der deutschen Kreditwirtschaft Nachholbedarf bescheinigt. Neben der Digitalisierung und dem Abbau von Komplexität schreiben die Berater den Banken und Sparkassen auch einer verbesserte Kundenorientierung ins Stammbuch und mahnen mit Blick auf die Gewinnung und Bindung der künftigen Kundschaft an, den Fokus stärker auf Nachhaltigkeit zu legen als bisher.”Alle vier Handlungsfelder haben das Ziel, die Zukunftsfähigkeit der Geschäftsmodelle zu gewährleisten und die Profitabilität der deutschen Banken zu steigern”, sagt Sinn. Auf dieser Basis könnten sie aus einer Position der Stärke heraus in Gespräche über europäische Zusammenschlüsse gehen. Autobanken SpitzeAllerdings weisen die deutschen Institute schon heute erhebliche Unterschiede auf, auch wenn sich die Rentabilität zuletzt auf breiter Front rückläufig entwickelt hat. Überdurchschnittlich stehen laut der Studie wie bereits im Vorjahr die Autobanken und die Privatbanken da, deren Renditen nur geringfügig auf 8,5 % beziehungsweise 6 % sanken (siehe Grafik). Im Gegensatz zur übrigen Branche verdienen die Automobilbanken vor allem am Provisionsüberschuss, den sie nicht nur im Leasinggeschäft, sondern auch durch den Verkauf von Versicherungen und weiteren Mobilitätsdienstleistungen erzielen. Die Privatbanken profitieren Bain zufolge von einem Ertragsmix, der eine vergleichsweise geringe Unterlegung mit Eigenkapital erfordere.Auch die Kreditgenossenschaften und Sparkassen hätten sich mit 5,1 % beziehungsweise 4,4 % vergleichsweise gut geschlagen, wenn man die Risikovorsorge außen vor lasse. Von außen sei jedoch schwer zu beurteilen, in welchem Maß die Ausweitung der Fonds für allgemeine Bankrisiken tatsächlich zunehmenden Risiken Rechnung trage, unterstrich Sinn. Insgesamt beläuft sich diese HGB-spezifische Risikovorsorge inzwischen auf 91 Mrd. Euro, von denen 55 Mrd. Euro auf die Sparkassen und 29 Mrd. auf die Kreditgenossen entfallen. Die stärksten Rentabilitätseinbußen mussten 2018 Bain zufolge die Direktbanken hinnehmen. Ihre Eigenkapitalrendite sank demnach von 7,8 % im Vorjahr auf 4,6 %, was zunehmendem Wettbewerb um Kunden geschuldet sei.