Bank of America mottet Merrill Lynch ein
sp New York – Für die Wall Street ist es das Ende einer Ära. Für die US-Großbank Bank of America (BoA) markiert der Schritt auch nach außen einen Kulturwandel. Etwas mehr als zehn Jahre nach der Übernahme von Merrill Lynch streicht das gemessen an seiner Bilanzsumme zweitgrößte US-Institut den Namen der traditionsreichen Investmentbank weitgehend aus dem Firmenregister. Nur im Geschäft mit vermögenden Privatkunden hat zumindest Merrill noch eine Zukunft. Mit den Umfirmierungen innerhalb von Bank of America endet eine Geschichte, die 1915 von Charles Merrill und Edmund Lynch begründet wurde.Die Fahne von Bank of America Merrill Lynch, unter der das Investment Banking von BoA seit der Akquisition auf dem Höhepunkt der Finanzkrise gesegelt ist, wird eingeholt und durch BofA Securities ersetzt. Die Sparte Merrill Lynch Wealth Management, die den größten Teil des Geschäfts von BoA mit vermögenden Privatkunden repräsentiert, wird künftig schlicht unter dem Namen Merrill laufen und auch den Bullen im Logo behalten, der einst das Wappentier von Merrill Lynch war. Die Entscheidung, wenigstens den Namen Merrill im Wealth Management beizubehalten, sei “offensichtlich” gewesen, sagte BoA-Chef Brian Moynihan. “Im Wealth Management ist das die Nummer 1 unter allen Marken, die es gibt.” Das Geschäft mit Ultrareichen, das 2007 mit dem Zukauf von U.S. Trust erworben wurde, soll künftig als Bank of America Private Bank neue Kunden ansprechen.Die Ursprünge von Merrill Lynch liegen mehr als 100 Jahre zurück. Schon bald nach der Gründung der Bank wurde die rasch wachsende Zahl ihrer Broker wegen des Bullen im Firmenlogo die “donnernde Herde” genannt. Die Firmenkultur kam lange Jahre in dem geflügelten Wort “Mutter Merrill” zum Ausdruck. In den Nullerjahren verfolgte Merrill Lynch unter dem damaligen CEO Stanley O’Neal wie viele Konkurrenten aber einen Kurs, der auf zunehmend riskante Wetten unter anderem auf Hypotheken im Subprime-Segment setzte.Das brachte die Bank schon bald in Schieflage und führte Mitte September 2008 zur fieberhaften Suche nach einem Kaufinteressenten. Am Sonntag, dem 14. September 2008, verkündeten Merrill Lynch und BoA einen rein aktienbasierten Deal, bei dem die Investmentbank mit rund 50 Mrd. Dollar bewertet wurde. Fast zeitgleich meldete der Konkurrent Lehman Brothers Insolvenz an, nachdem die Investmentbank auf der Suche nach einem Käufer nicht fündig geworden war.Für große Teile von Bank of America war die Übernahme von Merrill Lynch ein kultureller Schock. Die Wurzeln der Bank mit Sitz in Charlotte, North Carolina, liegen nicht nur geografisch weit entfernt von der Wall Street. Auch nach dem 60 Mrd. Dollar schweren Zusammenschluss von Nations Bank und Bank America, mit dem das Bankhaus im Jahr 1998 in die erste Liga der US-Institute aufstieg, dominierten das Geschäft mit Retailkunden und die Finanzierung von Krediten für Unternehmen den Alltag. Mit Merrill Lynch stieg das Institut plötzlich zu einer führenden Adresse im Investment Banking, im Wertpapierhandel und im Wealth Management auf. Kostendiät statt RisikoappetitDie Kultur innerhalb der Investmentbank hat sich unter dem Dach von BoA verändert. CEO Brian Moynihan, der seit 2010 an der Spitze von Bank of America steht, setzte zuletzt auf “Wachstum mit Verantwortung” und versucht es mit Kostendiät statt Risikoappetit, spätestens seit die Pleite des südafrikanischen Möbelhändlers Steinhoff die Bank im vergangenen Jahr mehr als 300 Mill. Dollar kostete. Das hat laut Insidern immer wieder zu Konflikten im eigenen Haus geführt und dürfte auch den Anlass dafür gegeben haben, dass Christian Meissner, der Leiter des Corporate und Investment Banking von BoA, Ende des vergangenen Jahres zurückgetreten ist. Seit Anfang 2017 haben bis Ende des dritten Quartals 2018 insgesamt 28 Managing Directors aus dem Segment die Bank verlassen, heißt es bei den Recruiting-Spezialisten von Sheffield Haworth. Jetzt muss auch der Name Merrill Lynch gehen.