Bank of England bestreitet Eingriff in Libor-Markt

EU plant strengere Regeln gegen Zinsmanipulation - Kläger positionieren sich

Bank of England bestreitet Eingriff in Libor-Markt

ste/fed/ssc London/Brüssel – Die Bank of England hat nach Worten ihres stellvertretenden Gouverneurs Paul Tucker auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Herbst 2008 nicht darauf hingewirkt, Barclays zu niedrigeren Eingaben bei Ermittlung des Interbankenzinssatzes Libor zu veranlassen. Auch habe ihn die britische Regierung nicht gedrängt, das Institut zu ermutigen, die Libor-Ermittlung zu manipulieren, erklärte Tucker im Finanzausschuss des britischen Unterhauses. Tucker, der bisher als Favorit für die Nachfolge von Notenbankgouverneur Mervyn King gehandelt wird, sagte zu Darstellungen des vergangene Woche zurückgetretenen Barclays-Chefs Bob Diamond, dessen Protokoll eines Telefonats von Oktober 2008 erwecke insofern “einen falschen Eindruck”. Darin habe er, Tucker, zu verstehen geben wollen, dass die Barclays-Führung die täglichen Refinanzierungsoperationen genau verfolgen müsse, wolle das Institut nicht als nächstes “über die Klippe gehen”.EU-Kommissar Michel Barnier will indessen europaweit strengere Regeln gegen Zinsmanipulationen vorschlagen. Die EU-Kommission hatte im Oktober einen Entwurf für eine Verordnung vorgelegt, die den Kampf gegen Marktmissbrauch verschärfen soll. Demnach wären nicht mehr nur Transaktionen an regulierten Märkten erfasst, und schon der Versuch einer Manipulation wird unter Strafe gestellt. Allerdings fürchten EU-Beamte, dass der Vorschlag nicht ausreichend deutlich auf Verstöße wie jetzt beim Libor eingeht. Barnier will daher eine Ergänzung vorschlagen, die klarstellt, dass die direkte Manipulation von Referenz-Zinssätzen eindeutig unter diese EU-Verordnung fällt. Eine flankierende EU-Richtlinie soll sicherstellen, dass Marktmissbrauch und Manipulation in allen EU-Staaten angemessen und abschreckend sanktioniert werden. Langfristig möchte der Franzose zudem prüfen, ob die Kalkulation von Marktsätzen strikt überwacht werden soll, wie ein Sprecher bestätigt.Gleichzeitig bringen sich in Deutschland die ersten Kläger in Stellung. Rechtsanwalt Klaus Nieding berichtet, er vertrete im Zusammenhang mit Libor-Produkten bereits vier Mandanten. Auch die Fondsanbieter DekaBank und Union Investment prüfen juristische Schritte. Allerdings äußern Juristen Zweifel, was die Erfolgsaussichten von Klagen zu den Libor-Produkten betrifft.—– Berichte Seite 3