Oliver Best, DZ Bank

„Banken bewerben sich bei den Kandidaten“

Der Personalbereich der DZ Bank hat sich auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel mit neuen Ansätzen in der Personalplanung und anderen Formen der Bewerberansprache eingestellt.

„Banken bewerben sich bei den Kandidaten“

Von Silke Stoltenberg, Frankfurt

Der Personalmarkt im Bankenbereich hat sich im Vergleich zu früher komplett gedreht. „Früher haben sich die Kandidaten bei den Banken beworben, heute müssen sich die Banken bei den Kandidaten bewerben“, stellt Oliver Best, Bereichsleiter Konzern-Personal der DZ Bank, klar. Hintergrund sind nicht nur der demografische Wandel, der das Verhältnis zwischen jungen und alten Menschen in Deutschland massiv verschiebt, sondern auch der Fachkräftemangel. Letzter ist bei den Banken insbesondere in den Bereichen IT, Risikomanagement, Nachhaltigkeit, aber auch in den Personalabteilungen selbst spürbar. Bekamen Banken vor 20 Jahren noch wäschekorbweise Bewerbungen auf Stellenanzeigen zugeschickt, ist heute von den Mitarbeitern im Personalbereich viel Fantasie und Beweglichkeit gefragt, um offene Positionen besetzt zu bekommen. Aber immerhin: Die modernen Technologien haben dafür gesorgt, dass die Stellenbesetzungsphase heute häufig viel kürzer ist als früher.

War früher die Stellenanzeige das A und O, um neues Personal zu rekrutieren, sind heute die Empfehlungen von Mitarbeitern der erfolgreichste Weg, um neue Leute zu rekrutieren. Im Konzern der DZ Bank mit seinen mehr als 30 000 Mitarbeitern werden bereits 35 % der Stellen auf diese Weise besetzt. 1 000 Euro bei erfolgreicher Vermittlung, also unterschriebenem Vertrag, hat das Zen­tralinstitut der Genossenschaftsbanken hierfür ausgelobt. Wobei hier nur Externe vermittelt werden dürfen, also nicht innerhalb der DZ-Bank-Gruppe abgeworben werden darf.

Mitarbeiter würden auch darum gebeten, offene Stellen in den eigenen Social-Media-Kanälen weiterzuleiten, berichtet Best. „Insofern ist die klassische digitale Stellenanzeige in Jobbörsen im Internet und in unserer konzernweiten internen Jobbörse nicht überflüssig geworden, sondern sie ist zu einer Art Anker geworden, den wir für die Social-Media-Kanäle als zen­trale Information für Interessenten brauchen“, erklärt Best. Die Unterstützung der Belegschaft bei 500 zu besetzenden Stellen im Jahr funktioniert bei der DZ Bank nicht nur durch die finanzielle Belohnung, sondern gründet auch auf einer hohen Mitarbeiterzufriedenheit, wie interne Befragungen immer wieder zeigen.

Social-Media-Kanäle

Über Instagram, Facebook, Twitter, Linkedin und Xing gewinnen die DZ Bank und ihre Töchter bereits 30 % der neuen Mitarbeiter. Die Mitarbeiter der Personalbereiche pflegen diese Kanäle proaktiv und gehen auf potenzielle Kandidaten zu. Dieser Weg der Mitarbeitersuche wird Active Sourcing genannt. „Es bindet viel Zeit und Ressourcen in den Personalbereichen, die Social-Media-Kanäle zu pflegen und kurzfristig auf Anfragen zu reagieren.“

Bei der Suche nach Kandidaten hilft auch ein Technologiepartner beziehungsweise künstliche Intelligenz, die mit Hilfe von Algorithmen nach bestimmten Schlüsselwörtern in den Internetprofilen suchen – passend zu den offenen Stellen. „Das Internet hat dafür gesorgt, dass es mehr Transparenz für beide Seiten gibt: Die Bewerber sind für Unternehmen bei einem aussagekräftigen Profil schneller und gut auffindbar, zugleich aber müssen sich Arbeit­geber ebenso transparent im Internet darstellen, um das Interesse von Kandidaten zu wecken“, unterstreicht Best. Stelleninteressenten achteten heutzutage viel mehr auf die Kultur beziehungsweise die Werte einer Bank. Deshalb ist es auch so wichtig, wie gut sich die DZ Bank im Internet präsentiert – gerade mit Schlüsselbegriffen wie Nachhaltigkeit und ESG (Environment Social Governance).

Wer denkt, potenzielle Interessenten, die über die Social-Media-Kanäle auf eine Stelle aufmerksam werden, bekommen als Erstes immer einen menschlichen Gesprächspartner bei der DZ Bank, der täuscht sich. Mitunter übernimmt ein Chatbot den ersten Austausch statt eines Mitarbeiters aus dem Personalbereich.

Internet und moderne Technologien haben auf jeden Fall dafür gesorgt, dass sich die Prozesse bei der Personalsuche verkürzt haben. Nach Angaben von Best dauert es heutzutage im Schnitt 92 Tage, bis eine Stelle besetzt ist, also vom Beginn der Suche bis zur Unterschrift. Früher waren dies über 140 Tage gewesen. In engen Bereichen wie IT oder Compliance gilt dieser Durchschnittswert indes nicht. Hier dauert es wesentlich länger, bis das Zentralinstitut der Genossenschaftsbanken fündig wird.

Auf der Suche nach speziellen Fachkräften hat die DZ Bank gute Erfahrungen damit gemacht, die Stellenanzeige mit einem Fachartikel oder einem anderen Content zu verbinden. „Das ist ein seriöser und sehr erfolgreicher Weg, man findet damit sehr schnell geeignete Leute mit Spezialkenntnissen.“

Weitere 15 % des Personals ge­winnt die DZ Bank mithilfe von Personalberatern. Das letzte Fünftel der Rekrutierung stellt die Übernahme von Nachwuchskräften dar und die Nutzung der Online-Stellenbörsen wie Stepstone.

Um einer Alterung in der eigenen Belegschaft aktiv entgegenzutreten, werden bei der DZ Bank aktuell 25% mehr Nachwuchskräfte, also Trainees, eingestellt. Das entspricht 40 Stellen mehr pro Jahr beziehungsweise am Ende des Programms sollen es 100 zusätzliche Stellen sein. „Neben der klassischen Ausbildung und bereichsspezifischen Traineeprogrammen gibt es bei uns nunmehr auch generalistische Trainee-Angebote, bei denen man die gesamte Bank durchläuft“, berichtet Best.

Ohne Vorgaben

Da sich die Ausgangslage zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Vergleich zu früher gedreht hat, werden auch Wünsche der Kandidaten ernst genommen, die früher ein klassisches K.-o.-Kriterium für Bewerber gewesen wären, etwa die Frage beim Vorstellungsgespräch nach längeren Auszeiten. „Sabbaticals werden heute anders bewertet, wenn die Bewerber etwa durch längere Weltreisen oder soziales Engagement über den Tellerrand schauen wollen.“ Auch die Frage nach einer hohen Homeoffice-Quote etabliert sich, wobei die DZ Bank hier keine Vorgaben für Präsenzquoten macht. „Durch eine flexible Planung zwischen Büro und eigener Wohnung lassen sich auch Teilzeitwünsche viel leichter umsetzen, da hier grundsätzlich nicht mehr tageweise gedacht werden muss.“

Grundsätzlich laufe die Personalplanung bei der DZ Bank heute qualitativer als früher, so Best. Je Bereich werde geschaut, wie der Bedarf in den kommenden Jahren aussehe und welche Jobprofile es brauche. Allein durch diese andere Form der Personalplanung braucht der Personalbereich der DZ Bank mehr Personal als früher und hat auch dort Mühe, gute Leute zu finden. „Der Personalbereich ist zu einem strategischen Erfolgsfaktor geworden.“

Zur veränderten Personalplanung gehört bei der DZ Bank auch, dass es neue Zusammenarbeitsmodelle zwischen Alt und Jung gibt, wo es um den beiderseitigen Wissenstransfer geht. Im „Huckepack-Modell“ vermitteln angehende Ruheständler einer Nachwuchskraft über einen längeren Zeitraum ihre speziellen Kenntnisse. Und es geht auch andersherum: Beim „Reverse Mentoring“ helfen jüngere Mitarbeiter älteren Kollegen, sich in der Social-Media-Welt und bei anderen digitalen Neuerungen zurechtzufinden.

Bei jüngeren Menschen müssen die Mitarbeiter der Personalbereiche auch mit Blick auf die Weiterentwicklung anders vorgehen als früher. „Viele jüngere Menschen wollen nicht mehr zwingend die Kaminkarriere, also einen Aufstieg in höhere Hierarchien mit Personalverantwortung, sondern arbeiten lieber im Team zusammen und entwickeln sich in Form von Fachkarrieren weiter, aber eben ohne Führungskraft werden zu wollen“, beschreibt Best einen wichtigen Unterschied.

Grundsätzlich habe sich seit dem Tiefpunkt in den Zeiten der Finanzkrise das Image des Bankerberufs wieder verbessert, meint Best. Getrieben auch durch neue Wettbewerber wie Fintechs haben sich die Banken zudem lockerer gemacht, die Krawatten fallen, das Duzen greift um sich.

Stellenwert verbessert

Nach Ansicht von Best hat die DZ Bank innerhalb der Branche ihren Stellenwert deutlich verbessern können. Dagegen sind problemgeschüttelte Konkurrenten wie Deutsche Bank und Commerzbank bei der Beliebtheit eher abgesackt. Die DZ Bank war zeitweise ertragsstärkste Bank – auch in Krisenzeiten. Sie konnte damit ihr früheres Image abschütteln, wie Bewertungsportale im Internet und gewonnene Preise bei Vergleichen von Arbeitgebern zeigen. Da sich das Geschäftsmodell der Bank als stabil erwiesen hat, hat sie nun mehr Fortune bei Kandidaten. Hilfreich sei auch die spezielle Ausrichtung als Allfinanzkonzern, so Best. Das erleichtere Mitarbeitern den Wechsel in andere Bereiche, was Bewerber reizvoll fänden.

Bisher erschienen:

Mit dem Mangel leben lernen (5.1.)

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