Banken fahren schweres Geschütz gegen die Geldpolitik der EZB auf

BVR-Präsident: Aktionismus mit hässlichen Nebenwirkungen - BdB-Chef sieht mehr Schaden als Nutzen

Banken fahren schweres Geschütz gegen die Geldpolitik der EZB auf

ski Frankfurt – Am Tag vor der heutigen Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB), von der allgemein eine weitere geldpolitische Lockerung erwartet wird, sind die deutschen Banken klar auf Konfrontationskurs zu den Hütern des Euro gegangen. “Der Eindruck drängt sich auf, EZB-Präsident Mario Draghi betreibe Geldpolitik mit der Brechstange”, sagte Uwe Fröhlich, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), auf der Jahrespressekonferenz in Frankfurt. Draghi sei mit seinen Instrumenten am Ende. Schon das großvolumige Anleihenkaufprogramm vom Januar 2015 habe bisher wenig gebracht. Mit “geldpolitischem Aktionismus” schade die EZB auch ihrem eigenen Ruf.Die monetären Schleusentore seien so weit geöffnet, dass die Ankündigung von noch mehr Liquidität die Stimmung an den Finanzmärkten nicht mehr lange bewegen werde, sagte Fröhlich und fuhr fort: “Im Übrigen sei die Frage erlaubt, für wen denn Geldpolitik gemacht wird: für die Finanzmärkte, für eine billige Refinanzierung der Nationalstaaten oder für die Realwirtschaft?” Es würden schon Planungen von Banken und Unternehmen für eine stärkere Bargeldhaltung publik, sollte der EZB-Einlagenzins noch tiefer in den Negativbereich rutschen. Vertrauensbildend sei das so wenig wie die Debatte über eine Abschaffung des Bargelds oder des 500-Euro-Scheins – “ein schlechter Vorschlag”, obgleich der bargeldlose Zahlungsverkehr den Banken Kostenvorteile brächte.Der BVR-Präsident wies auf zunehmende “hässliche Nebenwirkungen” der EZB-Zinspolitik hin, die die Realwirtschaft immer stärker spüre. Von der Schweiz lerne man, dass eine lang anhaltende Niedrigzinspolitik sogar zu steigenden Kreditzinsen führe. Vor allem aber für die private Altersvorsorge sei die extreme Geldpolitik Gift. In den kommenden Jahrzehnten drohe eine wachsende Vorsorgelücke. Fröhlich ließ auch die Politik nicht ungeschoren. Gerade vor dem Hintergrund der EZB-Zinspolitik, die von 2012 bis 2015 etwa Italien und Spanien Ersparnisse von 53 Mrd. Euro respektive 25 Mrd. Euro gebracht habe, sei wenig nachvollziehbar, wie ungenügend nationale Haushalte konsolidiert seien.Auch die privaten Banken vertreten die Ansicht, dass weitere expansive Maßnahmen der EZB “inzwischen mehr Schaden als Nutzen verursachen”. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), sagte bei der Vorstellung einer Konjunkturprognose in Berlin: “Wir sehen keinerlei Deflationsgefahren und warnen vor unnötigen Alarmrufen. Die EZB reagiert aus unserer Sicht seit geraumer Zeit viel zu mechanistisch und überzeichnet die Deflationsrisiken.”Ebenso wie Fröhlich rief Kemmer die EZB zu einer Politik der ruhigen Hand auf. Ein weiteres Öffnen der Geldschleusen könne in zahlreichen Ländern zu Gegenmaßnahmen führen. Es drohe ein Abwertungswettlauf, und die Gefahren für die Finanzstabilität nähmen zu. Die Risikopreise seien völlig verzerrt, die Erträge der Finanzinstitute stünden schon seit längerem durch die anhaltende Niedrigzinsphase massiv unter Druck. Hier renne die EZB sehenden Auges in einen Interessenkonflikt zwischen aktiver Geldpolitik und Bankenaufsicht, so Kemmer.—– Nebenstehender Kommentar- Berichte Seiten 3, 5 und 13